Hier wird Deutsch zertrümmert

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Mit unserer Sprache ist es nicht gut bestellt. Extra Deutschkurse für Inländer dürften längst ebenso notwendig sein wie für Ausländer. Das hängt keineswegs mit der Feinfühligkeit und dem Taktgefühl des Wieners zusammen, der, wenn er einen Ausländer vor sich glaubt, die Frage etwa so formuliert wie: "Du können sprechen deutsch?" Auch bei unserem Kanzler wurde gefragt: "Kann Kurz Kanzler?"

Woran liegt es nur, dass wir uns alle mit unserer spezifisch österreichisch geprägten Muttersprache so schwer tun? Da wäre zunächst einmal der beängstigende Rückgang des Lesens. Sprache könne nur durch Poesie und leidenschaftliche Rede lebendig wachsen, meinte schon Goethe. Der Verlust an Fantasie entzieht der Sprache Farben und Vitalität. Dazu kommt die mangelnde musikalische Ausbildung an den Schulen, denn Sprache und Musik sind untrennbar miteinander verbunden. Der Verlust des Gedankenaustausches, die beängstigende Entwicklung zu einem nur noch an sich selbst und seinen eigenen Vorteil denkenden Egomanen macht zunehmend sprachlos.

Zu alldem kommen noch die technischen Entwicklungen wie SMS auf Handys. Durch Verknappung wird aus einer sachlichen Meldung nur allzu schnell eine Drohung. Gedanken werden nicht mehr ausformuliert, sondern aus dem Bauch heraus hingespuckt. Das Hirn wird ausgeschaltet, Gefühle sind sprachlich in Floskeln vorgefertigt. Menschliche Würde wird unter Zeitund Tastendruck zermalmt. Abwägende Worte wie "zwar" und "aber" gehen verloren. Aus Beurteilung wird allzu schnell eine Verurteilung. Worte werden zu Geschoßen und im Netz wird zunehmend scharf geschossen. Die Gesetze, die Betroffene und Getroffene schützen, sind noch nicht erlassen. Dem virtuellen Mord sind keine Schranken gesetzt. Die Verantwortung wird für jeden von uns von Tag zu Tag größer.

Der Autor ist freier Journalist

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