Hier zu Hause gefühlt

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"Wissen Sie, ich fühle mich in Wien, in dieser Stadt und auch in Ihrem ganzen Land wie zu Hause. Aber wenn ich an die österreichische Gesellschaft denke, dann stört mich etwas. Denn sie spielt die Rolle des ersten Opfers des Dritten Reiches." Im letzten Interview, das Andrzej Szczypiorski knapp nach den Nationalratswahlen im Herbst des vergangenen Jahres der furche (Nr. 43/1999) gegeben hat, beklagte der große polnische Schriftsteller Österreichs Umgang mit seiner Vergangenheit.

Dienstag letzter Woche ist Szczypiorski in Warschau im Alter von 72 Jahren verstorben. Einen Namen gemacht hat er sich als Autor zumeist recht traditionell geschriebener - und deshalb gern gelesener - Romane. "Eine Messe für die Stadt Arras" war eines der besten, seiner mehr als 20 Bücher, die in 25 Sprachen übersetzt wurden. Die Geschichte erzählt eine Parabel, es geht um Fanatismus und Verfolgungswahn, die unrühmliche Rolle der Kirche bei Hexenverfolgung und Antisemitismus.

In Warschau geboren kämpfte er beim Warschauer Volksaufstand in den Reihen der Linken, in der "Volksarmee". Er kam ins KZ Sachsenhausen. Von dort brach er zu Kriegsende zu Fuß in seine Heimatstadt auf. Nach 1945 war er begeisterter Parteigänger der neuen Machthaber, seit den siebziger Jahren jedoch dem Regime ein unbequemer Geist, der nicht mehr publizieren durfte. 1981, nach Verhängung des Kriegsrechtes kam er, wie viele seiner schreibenden Kollegen, hinter Gitter.

Seit dem Erscheinen seines Romans "Die schöne Frau Seidenman" Im Jahre 1988 war Szczypiorski wie kaum ein anderer Pole in den westlichen vor allem den deutschsprachigen Medien präsent. Er trat gegen nationalkonservative politische Strömungen und autoritäre Bestrebungen in der katholischen Kirche auf.

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