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HofFnungsträger auf schwarzem Kontinent

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Schaurige Nachrichten aus Ruanda dominieren zur Zeit das Afrikabild in Europa. Uganda, Ruandas Nachbarland, ist geschockt.

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Schaurige Nachrichten aus Ruanda dominieren zur Zeit das Afrikabild in Europa. Uganda, Ruandas Nachbarland, ist geschockt.

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Journalisten berichten in Uganda mit zitternden Lippen vom Kriegsschauplatz Kigali, der Hauptstadt Ruandas. So rasch wie mög ich kehren sie angstvoll wieder heim nach Kampala, Ugandas Hauptstadt. Dort ist man noch sicher, während die Bewohner der Grenzdörfer Ntungamo, Kabale und Kashese bereits aus ihren Häusern fliehgn mußten.

Angestellte von World Vision, einer internationalen Non-Govern-mental Organization (NGO), die in diesem Gebiet eingesetzt waren, räumten ebenfalls ihre Stationen. In Kampala selbst ist von Angst oder Unruhe nichts zu spüren: freundliche, friedliche, geduldige Menschen sitzen dichtgedrängt Körper an Kör-jer in kleinen Matatus (Kleinbusse), lilfsbereit weisen sie Fremden den Weg, erklären dem weißen Mitfahrer sogar den korrekten Fahrpreis, damit ihn der Conductor nicht übers Ohr hauen kann.

Mehr noch: wer mit einem klein-ren, schwarzen Rucksack durchs dichtgedrängte Markt-, Bus- und Menschengewühl unterwegs ist, wird von einem schwarzen Ugandes-en auf Diebstahlgefahren hingewiesen und erhält den wohlmeinenden Rat, das Gepäckstück lieber mit den Händen an den Körper zu drücken.

Doch nicht nur die noch spärlichen Touristen wissen die Liebens-vmrdigkeit der Menschen in Uganda zu schätzen: immer mehr Europäer vertrauen der Stabilität im Land und dem Glauben seiner Bewohner an eine bessere Zukunft. Robert Law, ein Anwalt aus Irland floh die Rezession im verregneten Heimatland und w4iß sich nun im vornehmen Development Bank Building vor lauter Arbeit kaum noch zu helfen.

Sein Landsmann Phihp Curtin, Konsul und Architekt, ist schon mehrere Jahre im Land und kann sich über mangelnde Aufträge nicht beklagen. Modelle des Sheraton und der Uganda Bank zieren sein Büro, sechs neue Krankenhäuser warten auf Baubewilligung. Überall werden neue Lokale eröffnet.

Der Verlauf der Wahlen zur neuen Verfassung am 28. März gibt den Optimisten recht: trotz einiger organisatorischer Schwierigkeiten und teuren Wahlkampfkampagnen einflußreicher Parteien konnten auch finanzschwache Überraschungskandidaten in einigen Distrikten Siege verbuchen. Internationale Beobachter registrierten einen gewaltlosen und fairen Wahlverlauf AIDS GEHÖRT ZUM ALLTAG

Die Wahlanweisungen für alle Bürger Ugandas zeigen in kleinen Details jedoch, daß auch hier das Grauen noch allgegenwärtig ist - zumindest in der Erinnerung: jeder, der gewählt hatte, sollte den kleinen Finder der linken Hand mit Tinte mar-cieren lassen, wer keinen kleinen Finger mehr hatte, sollte einen anderen nehmen, wem eine oder beide Hände fehlten, eine beliebige sichtbare Stelle des Körpers.

Doch nicht nur Kriegsverletzim-gen prägen das Volk: beinahe jeder dritte Erwachsene leidet an AIDS, Todesfälle aufgrund dieser Krankheit gehören zum AUtag. In immer kleineren Abständen trifft sich die afrikanische Großfamilie in feierlichen Trauergewändem zam traditionellen Begräbnis. Wer kann, kümmert sich um die zurückbleibenden Waisenkinder. Ungeschrieben Gesetze des Clans verpflichten Verwandte zur Sorge lun Bedürftige, seien es nun Waisen, Arbeitslose oder Kranke. Trotzdem verlieren Familienbande an Bedeutung: wie die Schwammerln schießen Heime für AIDS-Waisen aus dem Boden.

Ordnungsgemäß registriert und gesetzmäßig geführt sind allerdings nur diejenigen, die beim Uganda AIDS Commission Secretariat gemeldet sind. Die Spitäler leiden an permanenter Überfüllung, auf Strohmatten wachen Verwandte beim Kranken, Matoke, süße Kartoffeln, Bohnen oder Erdnußsauce wird in Plastiktellern ans Krankenbett gebracht. Wer noch kein Bett im Spital oder keinen Doktor gesehen hat, wartet geduldig. Auf dem Boden, im Gras oder dichtgedrängt auf einer Bank sitzend. Arzte können sich keine Kaffeepausen leisten. Ihr Monatsgehalt von umgerechnet 500 Schil-ing reicht gerade für Wohnung und Essen.

Marcus Cornaro, der im Austrian Regional Bureau for Development Cooperation arbeitet, bezeichnet Uganda dermoch als „Hoffnungsträger im afrikanischen Kontext". Sein Jahresbudget für 1994 sieht immerhin 227 Millionen Schilling für das Schwerpunktland österreichischer Entwicklungshilfe vor. Stipendien, technisches Know how, Export von Strom, landwirtschaftliche Investitionen, Vertrieb von Steyr-Traktoren und kleine Unterstützungszahlungen für den Zeitungsverkäufer am Eck beinhaltet das Programm.

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