6740079-1966_38_05.jpg
Digital In Arbeit

IM SPIEGEL DER PRESSE

Werbung
Werbung
Werbung

Der Sinn und Zweck des jüngsten grauenhaften Anschlags in Südtirol ist klar: Der Bombenterror der bekannten Extremistengruppen, der längst Selbstzweck geworden ist, soll die Neuregelung des Verhältnisses zwischen der Mehrheit des italienischen Sfaatsvolkes und der Tiroler Minderheit der Provinz Bozen verhindern, weil sie jedes weitere Attentat endgültig als das klassifizieren würde, was alle Sprengstoffanschläge und Feuerüberfälle in Südfirol schon bisher waren, nämlich als schwere Verbrechen, die niemandem mehr geschadet haben als jenen, denen sie angeblich nützen sollten, den Südfirolern...

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß es den Terroristen nicht um Südtirol, sondern nur um die Befriedigung von Instinkten geht, die in früheren Jahrhunderten den Söldnerheeren ihre Landsknechte zuführten, dann ist dieser Beweis durch eben eines der beiden Mordopfer erbracht.

Der Grenzer Cossu war ein Sarde, aber sein Kollege Volgger, der mit ihm ums Leben kam, stammte aus dem Pfitschfal und war ein waschechter Südtiroler, Damit fällt die Ausrede, daß die Terroranschläge zu Nutz und Frommen der Südfiroler unternommen werden, in sich zusammen. Nicht, daß irgendein anständiger und denkender Mensch diese Ausrede bisher geglaubt und gelten gelassen hätte; aber der sinnlose Tod des Südtirolers Volgger reifjt den Terroristen auch diese letzte Maske vom Gesicht...

Volggers Tod sollte freilich auch der italienischen Abgeordnetenkammer beweisen, dal] die Anschläge in Südtirol nicht das Werk der friedliebenden Südtiroler Bevölkerung selbst, sondern einiger asozialer Elemente sind, die nur an die Befriedigung ihrer perversen Instinkte denken. Sie sollte auch — trotz allem — bedenken, dalj es jetzt erst recht notwendig ist, schnell zu einer Lösung für Südtirol zu kommen, um sich der Unterstützung der ganzen Südtiroler Bevölkerung im Kampf gegen die Terroristen zu versichern.

Diesen Elementen einen kompromißlosen Kampf anzusagen, gilt aber auch für Österreich. Auch in jenen Teilen Österreichs, in denen man den Kampf der Südtiroler um ihr Recht mit stärkster innerer Anteilnahme verfolgt, wäre jetzt, da sich die Terroristen einmal mehr in ihrer ganzen unverantwortlichen Brutalität deklariert haben, jede augenzwin- kernde Laxheit in der Behandlung ihrer nur zu gut bekannten Hintermänner fehl am Platz.

(Karl Mlocnik: ..Gemeiner Mord”)

Eine Kernfrage betrifft in der Regierungspartei das Verhältnis zwischen Bundeskanzler Klaus und den übrigen Machthabern der Volkspartei, als da sind der ÖVP-Klubobmann und Generalsekretär, die Minister, die „Stammesfürsten’ der Bünde und Länder. Erstmals seit acht oder neun Jahren besitzt die ÖVP in der Person des Dr. Josef Klaus wieder eine starke Führungspersönlichkeit, die sich — wie das Wahlergebnis zeigte — auf großes Ansehen in der Bevölkerung stützen kann. Niemand in der ÖVP dürfte die Entschlossenheit und den Arbeitseifer des Kanzlers in Zweifel ziehen. Aber es gibt einige Sorgen hinsichtlich des „allzu autoritären” Regierungsstils des Kanzlers.

(Kurt Vorhofer: „De Kanzler wahre P roi irln)

Der ÖAAB wird revolutionär unc beginnt ein Sozialprogramm zu entwickeln. Unser neues Parteiprogramm bedürfte einer gemeinverständlicher Interpretation. Viele unserer Beschlüsse und Handlungen sind zu sehr auf den Alltag abgestimmt, wii sollten immer überlegen, wie die Situation in zehn und zwanzig Jahren sein wird. Dann würden wir nicht zu kleine Wohnungen und zu enge Straßen bauen. Wir brauchen geistig eine weite Perspektive.

Demgegenüber sind Olah, Fußach und die Wahlempfehlung der Kom- mmunisten als Eintagsfliegen bedeutungslos.

Gmosers Kritik im April-Mai-Heft des „Neuen Forum“ mündet in der Feststellung, daß „das grandioseste geistige Konzept, die besten Pläne und Programme nicht bekannt oder nicht geglaubt werden, wenn nicht politische Persönlichkeiten sie glaubhaft verkörpern". Wahr, sicher wahr. Aber grandiose Programme wird es nur mit grandiosen Führungspersönlichkeiten geben. Im übrigen sollen wir niemand überfordern, Persönlichkeiten gibt es nur aus der Distanz. Die heutigen Methoden der Publizistik werten gründlich menschliche Größe ab. Hier hat Konir mit seiner Rüge recht.

Die Geister sind im Aufbruch. Aber wir in Österreich streiten — kraß ausgedrückt — um den Fleischpreis. Seien wir allen Freunden dankbar, die die Fenster aufreißen, damtl Geist hereinweht.

Auch wenn es dabei zieht. Nur ehrlich sollen wir es dabei meinen! nicht ein scharfer Wind, sondern leise Zugluft ist gefährlich.

( Fritz Klenner: „Wo bleibt der Sturm? )

Ein Fall wie der, daß eine jung berufstätige Mutter aus einem Südbahnort um 5.30 Uhr das Haus verläßt, um nach Wien zu fahren, wo si Verkäuferin ist und von wo sie nach 20 Uhr wieder zu Hause einfrifft, sind durchaus keine Einzelfälle. Hier noch von Freizeit zu sprechen, ist wohl bitterer Hohn, zumal für die berufstätigen Frauen auch das Wochenende keine Freizeit bringt. Bekommen schon die im Haushalt tätigen Mütter, besonders wenn mehrere Kinder da sind und ein größerer Haushalt zu versorgen ist, von Freizeit so gut wie nichts zu spüren, so gilt das noch mehr von den außer Haus berufstätigen Müttern, die der doppelten Belastung durch Beruf und Haushalt den letzten Rest von Freizeit opfern müssen. Freilich ist es nicht zu übersehen, daß die Doppelverdiene- rei in nicht wenigen Fällen nur der Befriedigung gewisser Luxusbedürfnisse dient — immerhin leben davon ganze Industrien —, aber es sind auch hier vor allem die Frauen, die die Zeche zu bezahlen haben.

Doppelverdienerei und Oberstundenschinderei sowie der Pfusch am Wochenende, also Vermehrung der Einkünfte auf Kosten der Freizeit, haben ihre Haupfursache in den zu geringen Verdiensten der FamMien- erhalter. Zu niedrige Einkommen, Arbeitskräftemangel und der Wunsch, die schönen Dinge, die die Industrie produziert, auch zu besitzen und zu verwenden — alles das sind Kräfte, die stärker sind als die Paragraphen, die uns den Achtstundentag, die Fünftagewoche und die 45-Stunden- Woche verheißen. Diese Paragraphen stehen in vielen Fällen nur noch auf dem Papier, ohne im Alltag der Wirtschaft noch wörtlich und buchstäblich genommen zu werden.

(„Die Freizeifpyrami'de")

Die Vorgänge im Bundesverteidigungsministerium, die in der letzten Woche eine seit langem schwelende Vertrauenskrise offenbarten, sind hier und dort als ein Aufstand der Generäle gegen die politische Gewalt gedeutet worden — zu Unrecht. Dies war nicht der Versuch, der politischen Leitung des Ministeriums einen heteronomen politischen Willen aufzuzwingen. Allerdings enthielt der Gesamtvorgang durchaus Elemente eines Versuchs, den Handlungsspielraum des Generalinspekteurs und seiner militärischen Organe zu Lasten anderer Stellen innerhalb des Ministeriums zu erweitern.

Solche Versuche kommen fast ständig in den meisten Bundesministerien vor. Sie können legitim sein, wenn es sich darum handelt, für gestellte Aufgaben ein ausreichendes Instrumentarium zu erhalten; sie sind illegitim, soweit es nur darum geht, den eigenen Machtbereich und das eigene Prestige um seiner selbst willen zu vergrößern. Eine ausschließlich der gestellten Aufgabe dienende Motivierung für die Bemühung um Vergrößerung des eigenen Kompetenzbereiches ist in der zivilen wie in der militärischen Ministerialbürokratie gleichermaßen selten.

(Helmut Schmidt: „Neue Generäle — alle Gebrechen )

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung