6595568-1953_04_06.jpg
Digital In Arbeit

IM STREIFLICHT

Werbung
Werbung
Werbung

MIT Energie und gutem Gefühl für künst-lerischen Wert und Unwert haben zwei katholische Zeitschriften — „Offenes Wort“ und „Der Große Entschluß“ — eine Kampagne gegen kirchlichen Kitsch und zugleich einen Popularisierungsfeldzug für eine wertvolle und neue religiöse Kunst begonnen. „Der Große Entschluß“ bringt seit einiger Zeit Fotos bester moderner Kunstwerke — etwa von Bildern Georges Rouaults — und „Offenes Wort“ bildet, verdienstlicherweise, gleich auch die Gegenbeispiele ab und stellt Gutes und süßen De-votionalienkitsch nebeneinander, was auch den Kurzsichtigsten sehr nachdenklich machen dürfte. Wirklich, dieser Gedanke der Konfrontation von Kitsch und Kunst ist gut genug, um einer längst fälligen Ausstellung Devise und Titel zu geben ...

OBERES Belvedere, Unteres Belvedcre und Orangerie: 'Alles wird wieder zu dem Museum, in dem österreichische Kunstwerke aller Jahrhunderte ihren Platz finden werden. Gotik, Barock, Biedermeier, Sezessionszeit — alles, alles wird Raum und Dach erhalten. Nur die österreichischen Maler der Gegenwart werden, wieder einmal, zu kurz kommen und sich mit „Wechselausstellungen“ irgendwo am Rande der alten Schätze zufriedengeben müssen. Warum? Taugen sie nichts? Aber dann wäre es wichtig, daß die verantwortlichen Kunsthistoriker dies öffentlich bestätigten. Oder taugen sie doch? Dann sollte man ihnen auch den Museumsaal einräumen, den sie verdienen. Mehr als ein Ausländer hat Wien schon verärgert nach jenem Museum oder jener Galerie abgesucht, das ihm authentische Aufschlüsse über die zeitgenössische österreichische Malerei geben könnte — und hat es nicht gefunden. Nun, wäre es nicht möglich, wenigstens dem Fremdenverkehr zuliebe etwas zu schaffen, was unseren Künstlern zuliebe nicht geschaffen wird?

DIE „Absage“ nach einem Rundfunkkonzert lautet — etwa — folgendermaßen: „Sie hörten zuletzt die Vierte Symphonie von Anton Bruckner. Es spielten die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Volkmar Andreae.“ Soweit gut. Aber dann geht es weiter: „Ton und Technik: Ingenieur Ferdinand Draht, die einleitenden Worte von Dr. Franz Kommentierer sprach Anneliese Rauhkehlchen, für die Sendung verantwortlich: Dr. Palma Kunkel.“ Nun wissen wir also alles — aber wen interessiert das schon? Denn was gibt es zu verantworten, wenn die Philharmoniker unter einem berühmten Dirigenten Bruckner spielen? Dagegen wüßten wir oft gern, wer gewisse Unterhaltungssendungen, gewisse Schlagertexte und ihre Verarbeitung durch das Radio verantwortet. Aber darüber schweigt der Lautsprecher meistens ....

DIE Gschnasfeste — traditionelle Höhepunkte der Faschingsfreude — stehen vor der Tür; und die Mitglieder der Künstlerhausgemeinde haben auch heuer wieder in wochenlanger Arbeit ihr Haus mit heiteren und bizarren, komischen und satirischen Dekorationen und Bildern geschmückt. Die Presse hat den Malern, halb aus Interesse, halb aus Tradition, viele Reportagen und viel kostenlose Propaganda zuteil werden lassen. Aber doch, — im Grunde ist das alles, die groteske Dekoration und die „Gschnas-festfahne“ und die mühsame Arbeit der Künstlerhausleute gar nicht so besonders spaßig und der Gschnasrunimel nicht mehr ein Ausfluß der heiteren Laune des Künstlervölkchens; ihr Gelächter ähnelt ein wenig dem Lachen des Leon-cavallo-Bajazzo. Früher — aber das ist lange her — ja, da war das Gschnasfest ein Vergnügen, das die Künstler sich und den anderen machten. Aber heute? Heute muß das Künstler-haus vom Reinerträgnis seiner Feste monate-und halbjahrlang leben. Der Gschnas ist zur Haupteinnahmsquelle geworden, und das immer noch bunte Maskentreiben spielt sich vor einem grauen Hintergrund ab.

DAS Apollo-Theater ist trotz „Künstlerhaus“ und „Forum“ immer noch Wiens führendes Premierenkino und so etwas wie ein gesamtösterreichischer Gradmesser des Erfolges für einen Filmstart. Nun ereignet sich das Ungewöhnliche, daß der vor Weihnachten dort eingesetzte große Film „Don Camillo und Peppone“, der nach einer Laufzeit von dtei Wochen bereits 82.000 Besucher angelockt hatte, wegen früherer Terminvereinbarungen aber der Weihnachtspremiere „Hannerl“ weichen mußte, ab 30. Jänner nochmals als Erstaufführung im „Apollo“ angesetzt wird — ein Vorgang, der im österreichischen Verleihwesen ohne Beispiel ist und dem Erfolg des Films (und ein wenig wohl auch des Buches!) ein Vorzugszeugnis ausstellt. ■

EINER gerichtlichen Verfügung, nach welcher • der Willi-Forst-Film „Im Weißen Rössel“ nun doch mit Franz Joseph und Kaiscrlied laufen muß, versucht die sozialistische KIBA jetzt eine „witzige“ moralische Begründung ihres eigenmächtigen Zensurschnittes (eines richtigen Kaiserschnittes) entgegenzuhalten: sie habe den alten Kaiser nur gegen die clownmäßige Darstellung des Filmes (die in Wahrheit bei dem noblen Darsteller Rudolf Forster in bester Hand lag — Die Red.) in Schutz nehmen müssen. Nach der Hintertupnngpolitik jetzt diese provokante Frozzelei — wohin rollst du noch, weißes, nein: rotes Roß-Aepfelchen?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung