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In der Schwebelage

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Hätte Strindberg diese Geschichte geschrieben, den „Totentanz" des egozentrisch in sich selbst gefangenen Ehepaares und der in unerfüllter Sehnsucht verblühenden alten Jungfer — wir hätten eine Menschheitstragödie mehr. Hätte Tennessee Williams den Stoff in die Hand bekommen: es wäre nicht ohne strengstes Jugendverbot abgegangen. So aber ist diese unerfreuliche und trostlos-pessimistische Dreieckskatastrophe in die Hände Anouilhs gefallen. Und siehe da; er unterlegt ihr ironisch einen „W alzer der Toreros“ und verwandelt sie in ein neues Exempel für seine allen seinen Stük- ken zugrunde liegende fatalistisch-heitere Philosophie; Von den Reinen, die für gewöhnlich die Gefoppten sind, und denen, ie sich’s im und mit dem Leben richten wollen und dabei schäbig werden, und von allen zusammen, denen eben nicht zu helfen ist. Er verwandelt das Ehedrama in einen stilisierten Schwank mit „Beiseitereden“ und Ohnmächten, „Inswassergehen" und „Insdekolleteschauen“ und spielt wieder einmal vollendet auf beiden Ebenen. Für den zu düpierenden braven Theaterbesucher, der in der Posse zu sein glaubt und. plötzlich mit,, dem Abgrund einer Existenzfrage konfrontiert wird u n d für den, der gerade über . diese Fragen besonders tief und schwerblütig nachzudenken pflegt und plötzlich gewahrt, daß die Dinge eigentlich viel einfacher und banaler zuzugehen pflegen. Rudolf Steinböck, der das Stück im Akademietheater inszenierte, brachte das behende Turnen zwischen beiden Ebenen nicht ganz zuwege. Manchmal geriet er im Tempo außer Atem, für gewöhnlich aber war er zu langsam. Das stilisierte Stakkato, das uns für das ganze Stück geboten erschien, beherrschte eigentlich nur Paul Hoffmann in der Rolle des schwerenöterischen Generals, dessen Französisch friderizianisch, nicht eben gaullistisch wirkte. Blanche Aubry zeigte ihr kabarettistisches Talent in der Soloszene der hypochondrischen Gattin in allen Farben. Käthe Gold begeisterte uns diesmal wie immer zwar als Käthe Gold, weniger als die Gestalt des Stückes, die wir uns ein bißchen weniger elegisch, ein bißchen spitzer und grotesk gedacht hätten. Erni K n i e p e r t brachte Bühnenbild und Kostüm in jene ironische Schwebelage, die wir uns für den ganzen Abend gewünscht hätten. Daß dieser dem Publikum fast restlos gefiel, bewies ein geradezu familiärer Beifall des Akademie-Hauses.

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