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Der kleine Roda-Roda-Band. Paul-Neff-Verlag. 225 Seiten.

Vom , Neff-Verlag herausgegeben, liegt nun eine Auswahl der ausgefeiltesten Erzählungen Roda Rodas in einem Band vor. Ihr Schauplatz liegt zu-, meist in der alten Monarchie: im Donautal, zwischen Save und Theiß, an der Militärgrenze. Die in der ländlichen Gemeinschaft nebeneinanderlebenden Türken, Serben, Juden, Ungarn, Schwaben und Zigeuner • gehören ebenso der Vergangenheit an wie die alten Troupiers, jungen Kadetten, bärtigen Popen und verschmitzten Schweinezüchter, von deren großen und kleinen Schwächen Roda Roda hier mit liebevollem Verstehen, ganz ohne Spott, köstlich zu berichten weiß.

'Der fröhliche Präsidialist. F. F. G. Kleinwae ch t er. Amalthea-Verlag. 315 Seiten.

Der k. k. Beamte war schwarzgelb, diente treu dem Staat und hatte oft eine literarische Ader. Grill-parzer und Bauernfeld wurden die berühmtesten Beamtenliteraten. Kleinwaechter, der bereits ein Werk über den Zusammenbruch der Monarchie geschrieben hatte, schildert hier seine Laufbahn, die in Czernowitz begann und in Kärnten enden sollte. Es ist das Buch (eine Neuauflage) üb.r den altösterreichischen Beamtenstand schlechthin, an dessen Spitze der korrekteste und pflichteifrigste Beamte — der Kaiser selbst — stand. Neben den geistreichen Skizzen sieht aber der „fröhliche Präsidialist“ freilich auch tiefer. Wer etwas über die Problematik der Ausgleichsverhandlungei) mit Ungarn erfahren will, der wird interessante Einzelheiten darüber finden. Wenn man aber von der aus Tschechen, Polen ■Und Deutschen bestehenden Beamtenschaft liest, so fragt man heute voller Staunen mit Csokor: „Wie ist das überhaupt möglich gewesen, dieses Oesterreich-Ungarn?“

Soldaten und kein General. Von Hans D “o r-mann. Verlag Kurt Desch, Wien-München-Basel. 309 Seiten.

Wieder ein Ostfrontroman. In der großen Kesselschlacht von Bobruisk, im Sommer 1944, erfüllt sich das Schicksal einer Meldestaffel. Gewiß, das Erstlingswerk gibt treffende Skizzen. Doch durch den Realismus dieser Frontbücher aus der Landserperspektive ähneln sie alle einander. Liest man einmal eines, weiß man den Inhalt auch ungeschriebener schon. Deshalb wäre es gut, wenn sich dieses Talent an einem friedlicheren Genre erprobte.

Das Veilchenbeet. Roman von IIa E g g e rL i e n z. Oesterreichische Buchgemeinschaft, Wien. 272 Seiten.

Ein heikles Thema wird mit Takt angefaßt: Der alte Ziehvater verwandelt sich in den liebenden Gatten der um Generationen Jüngeren. Wie wir es erwarten, tritt ein junger Mann in ihr Leben. Aber sie kehrt zuletzt zu dem Alten zurück. Das Veilchenbeet des Titels ist ein Sinnbild orientalischer Lebensweisheit, die ein französischer Gärtner vertritt. Der Roman spielt vorwiegend im Fernen Osten. Die Autorin läßt sich leider verleiten, doch zuviel von ihrer profunden Kenntnis Indiens in die Handlung hineinzutragen.

Mütter. Ein Dank an alle Mütter. Von Giuseppe M a r o 11 a. Aus dem Italienischen. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien. 180 Seiten.

Ein ungemein eigenartiges Buch. Kurze anekdotische Darstellungen neben ausführlichen, sehr lebendigen Berichten sprechen von den Frauen, die immer und immer, im kleinen wie in der großen dramatischen Auseinandersetzung mit der Welt, ihr mütterliches Gefühl wunderbar bewähren. Ein rechtes Geschenkbuch für die Mutter.

Der Tanz auf einem Bein. Ein Seitensprung ins Wunderliche. Von Franz Karl G i n z k e y. Eduard Wancura Verlag, Stuttgart-Wien 1956. 64 Seiten, 18 Federzeichnungen. Preis 34 S.

Eine außerordentliche Gabe unseres verehrten Ginzkey. Eine Sammlung Groteskgedichte in flüssigsten Versen, Humor ohne und mit einer Prise zeitgemäßer Bitternis, ein fröhliches Konzentrat des Heiteren, das ja immer wieder durch Ginzkeys Bücher blinkt. Maßvoll moderne, einprägsame Zeichnungen sind dem wertvollen kleinen Bande beigegeben.

Der Weltmeister. Roman von Karl Bruckner. Verlag für Jugend und Volk, Wien. 194 Seiten.

Nun ist also unsere Skikanone Toni Sailer nicht nur Filmstar, sondern auch Romanheld geworden. Das war unvermeidlich und ist glücklicherweise mit Geschmack geschehen, so daß man das Buch ohne weiteres auch den jüngsten der zukünftigen Skikanonen in die Hand geben kann. Die Bilder, teils Photos, teils Zeichnungen, wirken durchweg gut. *

Und sie näht. Ein Erfinderroman von K, G. Meise. St.-Gabriel-Verlag, Mödling bei Wien. 176 Seiten. Preis 31.20 S.

In schlichter und sehr lebendiger Sprache wird die Lebensgeschichte des Josef Madersperger, des österreichischen Erfinders der Nähmaschine romanhaft dargestellt. Das Trübe klingt versöhnlich in ein visionäres Zukunftsbild aus. Ein sauberes, gut geschriebenes Buch.

Liebe Frau Doktor. Roman von Mary B e t h u n e. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien. 406 Seiten.

Der Arzt in der Literatur wird allmählich zu einem etwas abgedroschenen Thema. Hier handelt es sich um eine scharmante Aerztin, die, bei aller sachlichen Tüchtigkeit in ihrem Beruf, in ihren Patienten nie „den Fall“, sondern immer den leidenden Einzel-rnenschen sieht. Darauf beruht ihr Erfolg und ihre Beliebtheit. Englische Kleinstadttypen werden recht lebendig und amüsant geschildert. Störend wirken die einen breiten Raum einnehmenden, wohl aus spannungstechnischen Gründen eingeschobenen Krankengeschichten, die mehr in den kriminellen als in den medizinischen Bereich gehören.

Die drei Federn. Erzählung von Alexander L e r-net-Holenia. Reihe: Dichtung der Gegenwart. Herausgegeben von Rudolf Henz und Alfred Wei-kert. Band 28. Verlag Stiasny G. m. b. H., Graz. 64 Seiten.

Eine entzückende kleine Erzählung aus der wohlhabenden Londonet Gesellschaft der dreißiger Jahre; die drei Federn sind das Abzeichen der jungen Mädchen, die bei Hofe vorgestellt werden. Der Reiz dieser kleinen Verwechslungskomödie liegt in der Leichtigkeit und Duftigkeit, mit der Lernet-Holenia zu erzählen versteht.

Karl May und das Geheimnis seines Erfolges. Ein Beitrag zur Leserpsychologie von Viktor Böhm. 220 Seiten. Oesterreichischer Bundesverlag, Wien. Preis 45 S.

Karl May, dessen Werke heute in einer Auflage von über 13 Millionen deutschsprachigen Bänden verbreitet sind, war ein echter Dichter. Immer mehr setzt sich diese Erkenntnis im allgemeinen Bewußtsein durch. Vor annähernd 40 Jahren erschien eine Schrift „Gerechtigkeit für Karl May“; heute ist seine Geltung so weit anerkannt, daß unvoreingenommene, wohlfundierte Untersuchungen wie diese keiner Rechtfertigung mehr bedürfen. Der Reichtum der Mayschen Phantasie konnte sich eine eigene Welt schaffen, die heute lebendig ist wie je; in unserer Jugend sind wir ihr wohl alle verfallen — so ist es durchaus am Platze, uns in reiferen Jahren einmal Gedanken über die Verzauberung zu machen, die von dieser Idealwelt ausging. Dieses Buch mag ein willkommener Anlaß dazu sein. — Vielleicht am besten hat Hermann Hesse einmal das Wesen Karl Mays charakterisiert: ,,Er ist der glänzendste Vertreter eines Typs Dichtung, der zu den ganz ursprünglichen gehört und den man etwa .Dichtung als Wunscherfüljung' nennen könnte.“

Der Bär. Erzählung von William F . u 1 k n e r. 170 Seiten. Forum-Taschenbücher. Forum-Verlag, Frankfurt am Main-Wien. Preis 1.95 DM.

„Eine der größten Jagdgeschichten in englischer Sprache“ nannte der amerikanische Kritiker Malcolm Cowley diese Erzählung Faulkners — und das ist sie in der Tat. Freilich sind nur Anfang und Ende dieser Erzählung so etwas wie eine Jagdgeschichte. Den zentralen Teil füllen Meditationen und, vom Autor kommentiert, Eintragungen in einem Mittelding zwischen Tage- und Kontobuch der Plantagenbesitzer McCaslin inmitten Faulkners Süden, Ein-schübe, in denen die Geschichte des Südens, sein Feudalsystem der Baumwollpflanzungen, sein Nebeneinander von Weiß und Schwarz, seine Leiden schmerzhaft spürbar werden. Aber die ganze Erzählung „Der Bär“ ist selbst nur einem größeren Zusammenhang entnommen, dem Roman „Go down, Moses“. Hier, in dem Kernstück des Romans, tritt die thematische Substanz des Werkes geballt auf, verdichtet zu einer neuen Fabel „Go down, Moses, way down in Egyptland, teil ole Pharao, to let my people go!“, sangen die Negersklaven in einem ihrer Spirituals. Das Motiv der Heiligen Schrift, die Erlösung aus der Knechtschaft, wird so auf die Neger übertragen. Auch diese Erzählung Faulkners ist eine Variation über seine Nobelpreisrede-. „Ich lehne es ab, an den Untergang des Menschen zu glauben“, eine These, die er in allen seinen Werken vehenient und überzeugend Gestalt werden läßt.

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