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Das Netz. Novelle von Werner Bergengruen. Arche-Bücherei, Zürich. 45 Seiten.

Nur wenige Autoren beherrschen heute noch die Kunstform der echten Novelle. Bergengruen ist einer der ersten unter ihnen. Auch hier wieder eine merkwürdige Begebenheit, knapp und konzentriert erzählt. Schauplatz: eine Mittelmeerinsel in ferner Vergangenheit. Die junge Frau eines Fischers hat Ehebruch begangen und wird deshalb, wie es auf der Insel Brauch ist, zum Tode durch Hinabstürzen von einem hohen Felsen verurteilt. Das Urteil wird vollstreckt, doch der Gatte rettet der Frau das Leben, indem er ein großes Netz am Fuße des Felsens aufspannt. Ueber die Härte der Obrigkeit, die den Tod der Schuldigen fordert, siegt dann doch die menschliche Einsicht, daß dem Spruch genüge getan und die Sühne geleistet ist. Auch hier fehlt nicht die für Bergengruens Novellistik bezeichnende „metaphysische Pointe“: dieses Netz ist nicht nur Sinnbild für Verstrickung in Schuld, sondern auch für verzeihende Liebe und für die Barmherzigkeit Gottes. Die Begebenheit wird auf wenigen Seiten meisterhaft gestaltet.

Abel mit der Mundharmonika. Von Manfred Hausmann. Fischer-Bücherei, Frankfurt a. M.- Hamburg. Preis 1.90 DM.

Der 1932 erstmalig erschienene Roman, der die Abenteuer junger Menschen auf einer Nordseefahrt erzählt und verfilmt wurde, wird auch heute noch viele Leser durch die lebensvolle Natürlichkeit der Darstellung und die feine Einfühlung in die Mentalität der Jugendlichen erfreuen.

Silbermond und Kupfermünze. Roman. Von W. Somerset Maugham. Deutsch von H. K a u- d e r s. Fischer-Bücherei, Frankfurt a. M.-Hamburg. Preis 1.90 DM. 1:, a,öüt

Eines der bekanntesten und wohl auch besten Werke des englischen Autors. Der Titel der ersten deutschen Ausgabe „Der Besessene“ (1927) war treffender, denn ein Besessener ist dieser Charles Strickland, simpler Angestellter in einem Londoner Börsenmaklerbüro, der plötzlich alle bürgerlichen Bindungen löst, seine Familie verläßt und Maler wird. Er ist völlig amoralisch und kennt nur seine künstlerischen Ziele. Das abenteuerliche Leben dieses manischen Menschen, dessen Schicksal an das Paul Gauguins erinnert, endet in Tahiti. In diesem Roman zeigt Somerset Maugham seine effektsichere, souveräne Fähigkeit des Erzählens.

Denn sie sollen getröstet werden. Roman. Von Alan P a t o n. Deutsch von M. Hackel. Fischer- Bücherei, Frankfurt am Main-Hamburg. 250 Seiten. Preis 1.90 DM.

Der Roman, auch durch den Film bekannt, spielt in Südafrika und enthüllt die Probleme, die sich aus dem Zusammenleben von Weißen und Negern ergeben. Im Mittelpunkt der Ereignisse steht ein alter Negerpriester, dessen Sohn einen Weißen getötet hat und für seine Schuld mit dem Tode büßen muß. Wie der Priester und der Vater des Opfers einander menschlich nahekommen, wie zuletzt der Geist christlicher Nächstenliebe die Konflikte überwindet, wird mit einfachen Mitteln, aber eindrucksvoll dargestellt.

Bruder und Schwester. Roman. Von Leonhard

Frank. Forum-Bücher, Forum-Verlag, Frankfurt am Main-Wien. 222 Seiten. Preis 1.90 DM.

Man hat dem Autor mit der Neuausgabe dieses Romans (1929) keinen guten Dienst erwiesen. Er wäre besser in der verdienten Vergessenheit geblieben. Das Thema Geschwisterliebe wird in wenig delikater Weise abgewandelt. Die Geschichte der beiden jungen Menschen, die einander leidenschaftlich lieben, eine Ehe schließen und erst später erfahren, daß sie Geschwister sind, hat einen sonderbaren Schluß und ist in einem Kolportagestil von manchmal unfreiwilliger Komik geschrieben.

Der tiefe Schlaf. Roman. Von Raymond C h a n d- 1 e r. Deutsch von M. Brand. Ullsteinbuch, Berlin- Wien. Preis 1.90 DM.

Nicht die Handlung als solche, sondern die Art der Erzählung hebt den Roman über den Durchschnitt der Gattung Kriminalroman. Die merkwürdigen Affären der beiden exzentrischen und dekadenten Töchter eines Millionärs werden spannend und mit kaltschnäuziger Ironie berichtet. Chandler verbindet die eigentliche Kriminalhandlung mit bissiger Kritik an gewissen Gesellschaftsschichten in Kalifornien. Er zeigt sich als eįn Schriftsteller, der sein Metier durchaus versteht.

Das Geheimnis des Pater Brown. Von G. K. C h e- sterton. Deutsch von R. N u 11. Fischer-Bücherei, Frankfurt a. M.-Hamburg. 210 Seiten. Preis 1.90 DM.

Chestertons Pater-Brown-Geschichten zählen zu seinen am meisten gelesenen Werken. Auf die Wahrscheinlichkeit dieser Abenteuer kommt es hier nicht so sehr an, wichtig war dem Autor das menschliche Problem und auch die Kritik an der Zeit. Die Kriminalgesichichte .erhält durch die Einbeziehung. theologischer und metaphysische Elemente sowie durch humorvolle Satire ein für Chesterton charakteristisches Gepräge. Der Leser folgt mit Vergnügen, aber auch nachdenklich, den abenteuerlichen Wegen des Amateurdetektivs Pater Brown, der so erfolgreich ist, weil er nicht nur mit dem Verstand analysiert, sondern sich in die innere Verfassung des Verbrechers einfühlen kann und auch Mittel findet, ihm wieder auf den rechten Weg zu verhelfen.

Frisette. Roman. Von Thyde M o n n i e r. Deutsch von Ernst Sander. Forum-Verlag, Frankfurt a. M.- Wien. 223 Seiten. Preis 1.95 DM.

Südfrankreich, die Heimat der bekannten Autorin, ist der Schauplatz des Romans. Thyde Monnier zeigt uns die Welt des Volkes, der kleinen Leute, mit ihren Freuden und Sorgen, ihrer Liebe und Eifersucht, ihren vielen Menschlichkeiten. Sie schildert alles sehr realistisch, nimmt sich kein Blatt vor den Mund und spart nicht mit kräftigen Ausdrücken. Hier geht es immer um Brot und Liebe. Das Gezanke eifersüchtiger Frauen ist nicht weniger überzeugend dargestellt als die Sehnsucht der armen Frisette nach ihrem Mann, der als Kriegsgefangener der Deutschen eine neue Bindung eingegangen ist. In vielen Einzelepisoden rollt der Alltag dieser Frau vor uns ab. In allen Wechselfällen des Lebens bewahrt sie ihren aufrechten Sinn und ihr gutes Herz. Ein zwar anspruchsloser, aber lebendig erzählter kleiner Roman.

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