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„DENN HEUTE GEHÖRT UNS DEUTSCHLAND “ Persönliches und politisches Tagebuch. Von Erich Ebermayer. Von der Machtergreifung bis zum 31. Dezember 1945. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg-Wien 1959. 655 Seiten.

Aufzeichnungen, namentlich Tagebücher aus dem Kreis von Dichtern und Schriftstellern, die in Deutschland von 1939 bis 1945 tätig waren, waren bisher sehr selten. Für den Bereich von Wien gab seinerzeit das wenig beachtete Buch von Walter Thomas ein interessanter Einblick in die kulturpolitische Front, wurde aber wegen seines Erscheinungsdatums und der politischen Position des Autors wenig beachtet. Erich Ebermayer, erfolgreicher Schriftsteller, Bühnen- und Filmautor, der der jungen Generation vor 193 3 manch interessantes Werk schenkte, veröffentlicht nunmehr seine Tagebücher, von denen der Historiker allerdings aus inneren Quellenmerkmalen annehmen muß, daß sie überarbeitet, an manchen Stellen sogar gestrafft wurden. Trotzdem wird hier in einer Atmosphäre, die abseits der großen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Entscheidungen liegt, vieles ausgesagt und geschildert, was auch der Historiker als wertvolles Material kaum wird entbehren können. Das allmähliche Reglementieren kultureller Betätigungen, das Werden eines später so omnipotenten Apparates, wie dies das Propagandaministerium war, die Zurückdrängung, später das bewußte Vergessen namhafter Dichter und Künstler, all das hat Ebermayer zum Teil am eigenen Leib erlebt oder für die Nachwelt aufgezeichnet. Seine engen Verbindungen mit Künstlern von Bühne und Film, mit Dichtern, durch seinen Vater, und verehrungswürdigen Gestalten des deutschen Universitätslebens gaben dem Autor Einblicke in Vorgänge, die meistens nicht in den üblichen historischen Akten aufscheinen. Deswegen kann, trotz mancher Mängel, Ebermayers Erinnerungswerk auch als ein wichtiger Beitrag zur Zeitgeschichte angesehen werden.

Univ.-Doz. Dr. Ludwig J edll cka

DIE NICHTE DES ALKALDEN. Heitere Novellen ron Friedrich W a 11 i s c h. Buchgemeinschaft Hei- natland, Wien-Krems.

Ein bunter Strauß köstlicher Geschichten, die teils m sonnigen Spanien, teils in unserer engeren und weiteren Heimat spielen. Wieder erweist sich Wal- lisch in der Darstellung dieser von unbeschwertem

Humor gewürzten Begebenheiten als meisterhafter Erzähler, der mit wenigen Worten die handelnden Personen zu charakterisieren, aber auch den verborgenen Regungen ihres Herzens nachzuspüren vermag. Eine Ueberraschung folgt der anderen, bis schließlich das amüsante Geschehen seinen Höhepunkt und sin Ende in einer völlig unerwarteten, aber durchaus folgerichtigen Lösung der angeschnittenen Fragen findet. Diese Schlußpointen, die an sich schon brillante Anekdoten sind, machen all die kleinen Abenteuer und Herzensnöte so liebenswert und reizvoll. Alfred Buttlar-Moscon

DER ANDERE SCHLAF. Roman von Julien Green. Suhrkamp-Verlag, Berlin und Frankfurt am Main (Bibliothek Suhrkamp Nr. 45) 1958. 145 Seiten.

Ein echter Green, diese dämmerige, verhangene Geschichte eines eigentümlichen Verhältnisses zweier Vettern. Sie entstand schon 1930 und trägt den Originaltitel „L’autre sommeil". Leider deckt gerade die klare, elegante Verdeutschung durch Carlo Schmid auch alle Untugenden Greenscher Gedankenwelt auf: die Vorliebe für Pathologisches (hier weniger Dämonisches) und Verworrenes. Es scheint noch dazu im Werk Greenes nicht das Originellste und Kraftvollste zu sein.

DAS JAGRISCHE LEBEN Von Hahnen, Hirschen, Gamsen und meinen Jägern. Von Carl Th. von B 1 a a s. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin. 181 Seiten. Preis 105 S.

Das ist eine Jägerliteratur, die langsam ausstirbt, weil seine adeligen Kavaliere alt werden oder gestorben sind und mit ihnen ein eigentümlich tiefes, herzliches Verhältnis von Natur und Mensch vergeht. Im Vorwort bekennt sich Herzog Ludwig Wilhelm in Bayern zu einer herzlichen Jugendfreundschaft mit dem Autor. Der Autor ist bekannt — als Maler und Schriftsteller; darum schmücken auch mehr als hundert eigene Zeichnungen sein neues, weidmännisch sauberes und herzerfreuendes Werk.

COLUMBUS. Unterhaltung und Wissen. Jugendjahrbuch 1959 60, Band X. Hallwag-Verlag, Bern- Stuttgart-Wien. Auslieferung für Oesterreich: A.-J.- Walter-Verlag, Wien I, Kohlmarkt 11. 308 Seiten. Preis 68 S.

Das ist, glaube ich, die Mischung, die die Jugend von heute goutiert: Technik und Abenteuer, Naturwissenschaften, Sport und Spiel, kurz: die neue Entdeckung der Welt. Hier scheint uns Franz Braumanns besinnliche Erzählung „Wie ich den Vater kennenlernte“ ein notwendiger Ruhepunkt zu sein: auch Herz und Seele werden ihren Platz haben müssen im kosmischen und Atomzeitalter,

Dr. Roman H e rl e

JOHANN HALLER. Erinnerungen eines Tiroler Teilnehmers an Julius von Payers Nordpolexpedition 1872 1874. Von seinem Sohn Ferdinand Haller. Nr. 189 der Schlern-Schriften. Innsbruck 1959.

Die vom Kriegsarchiv Wien 1949 50 veranstaltete Payer-Weyprecht-Ausstellung zeigte auch die Tagebücher Johann Hallers aus St. Leonhard im Passeier, der mit seinem Landsmann Alexander Klotz als Jäger und Bergsteiger Julius von Payer auf dessen Schlittenreisen begleitete. Die beiden alten Kaiserjäger aus dem Feldzug von 1866, Haller und Klotz, haben wesentlichen Anteil an der ersten Erschließung des 1873 entdeckten Franz-Joseph-Landes, dieser letzten großen Landentdeckung im europäischen Eismeer. Die nun veröffentlichten Tagebücher Hallers umfassen die ganze Expeditionszeit und bringen wertvollste Ergänzungen zu den bisherigen Darstellungen. Man bestaunt mit Recht heutige arktische Forschungsreisen, wenn man aber bedenkt, daß deren Teilnehmer über geheizte Kleidung, Wohnzelte mit allem Komfort, Motorschlitten, vollendetste Instrumente aller Art, über Post- und Funkverbindung und ständige Versorgung durch Flugzeuge verfügen, dann erscheinen die Leistungen der „Nordpolfahrer" aus der Zeit Julius von Payers mit ihren primitivsten Mitteln mehr als märchenhaft. Daß sich unter diesen die beiden Tiroler Haller und Klotz durch einzigartige Hingabe, härteste Opfer und beispiellose Taten ehrenvoll in das goldene Buch der Entdeckungen eingetragen haben, muß alle Oesterreicher mit Stolz erfüllen. Ferdinand Haller, dem Oesterreichi- schen Alpenverein und den Schlern-Schriften gebührt Dank und Anerkennung für die Publikation der

Tagebücher, die in keiner Schule fehlen sollten zur

Erbauung der Jugend an glänzenden Vorbildern und zur Ergänzung des Wissens um persönliche Spitzenleistungen aus der Heimatgeschichte.

Oskar Regele

SIE SIND UNS NAHE. Von Gabriel D’Esqui- 1 i n o. Verlag Fel. Rauch, Innsbruck. 198 Seiten. Preis 108 S.

Den Leser überzeugen zu können, daß die „armen“ Seelen „heilige“ Seelen sind, wird die trostreiche Seite dieses Buches sein über das Purgatorium, den Reinigungsort, den die deutsche Alltagssprache Fegefeuer nennt. Besonders gewinnend wirken die sachliche Klarheit des Kapitels über die Suffragien, die gläubige Wärme des Kapitels über den Ablaß und die vorsichtige Distinktion des Kapitels über die Erscheinungen und Jenseitsberichte. Ob nicht die gesuchte Eigenwilligkeit der Sprache manchem das willige Lesen erschweren wird? Und der hohe Preis das Kaufen? Ob nicht „das über den Rahmen des Buches hinausgreifende Kapitel über die abgetriebenen Kindlein“ den übrigen trösten wollenden Inhalt ein wenig abschwächt? Ist alles dort Gesagte das Einzige und in allem das Sicherste, was sich sagen läßt? Was ist mit den ohne bewußte und gewollte menschliche Schuld „fortgegangenen“ Kindlein? Entspricht es der Größe Gottes, anzunehmen, Er habe keinen Weg der Erlösung gehen können oder gehen wollen, der allen Adamskindern, die sich nicht selbst ausschließen, die Möglichkeit der Erlösung sichert? Es trifft wohl auch in bedenklicher Weise auf anderen Gebieten zu, was der Autor im Kapitel über den Ablaß bei Besprechung der Strafschuld des Sünders und des Verdienstschatzes der Kirche sehr treffend sagt: „Beide Momente sind vielfach im Bewußtsein der heutigen Christen bestenfalls noch als mißverstandene Erinnerung geblieben, der Ablaß gilt besonders der jungen Generation als recht zweifelhafte und historisch verdächtige Einrichtung, deren Nutznießung der unwissende Stolz dem belächelten frommen Alter überläßt.“

Pius Fan k, Can.-reg., Vota

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