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DÄMONEN UND NACHTGESICHTE. Von Alfred K u b i n. Eine Autobiographie. Mit 24 Bildern. Piper-Verlag, München 1959. 67 Seiten. Preis 20 S.

Kubin erzählt von sich selbst. Offen und ehrlich, bescheiden und kritisch — 60 gut man es kann, wenn man sich selbst für sich selbst beschreibt. Denn man hat das Gefühl, daß Kubin für sich selbst schreibt, wobei man mitlesen darf, was er sich über sich schreibt. Die ganze Qual und Wonne der Phantasie wurde nie eindringlicher dargestellt: Jugenderleb-nisse pflanzen sich fort und wuchern über jede Reflexion und halten sich selbst wider den verstehenden Verstand des Meisters. Aber Meister bleibt Kubin — nur weiß man nicht, ob stärker im Wort oder stärker im Bild. „Der Mann aus dem Untergrund“, den Dostojewskij beschrieb, ist wiedererstanden in Bild und Wort.

FRITZ HOCHWÄLDER: DRAMEN. I. Band. Lan-gen-Müller-Verlag, München 1959. 292 Seiten. Preis 14.80 DM.

Zum ersten Band der Dramen Hoohwälders hat Hans Weigel ein Vorwort geschrieben: über den Dramatiker, der nur dies sein will und jede Abschweifung von diesem Beruf und jede Publizität scheut; über den Sonderfall Hochwälder: ein einziger nach 1900 geborener Dramatiker, der gesammelte Dramen herausgeben kann, weil außer ihm es keiner könnte; über den Wiener und Österreicher Hochwälder. — Im vorliegenden Band sind drei Dramen enthalten: „Das heilige Experiment“, „Die Herberge“ und „Donnerstag“.

DIE TOTEN VON SPOON RIVER. Von Edgar Lee Masters. Deutsch von Wolfgang Martin Schede. Einführung von Fritz Güttinger. Artemis-Verlag, Zürich 1959. 262 Seiten. Preis 16 sfr.

1915 kam diese „Spoon River Anthology“ zum erstenmal in Amerika heraus und enthielt 246 Gedichte; teilweise waren sie aus Publikationen in Zeitschriften bekannt, teilweise neu. Es war eine Sensation und — ein neuer Stil war entdeckt.

Es sind Gedichte; aber sie sind miteinander eine ganze Geschichte: die einer amerikanischen Kleinstadt im Mittelwesten. Die Überschriften sind Vor-und Familiennamen. Unter jedem dieser Namen steht die Geschichte dieses Menschen: jeder erzählt seine Geschichte selbst. Aber er erzählt sie vom Friedhof aus, vom Grabe her, aus dem Jenseits. So wie es in einer Kleinstadt geht, vennischen sich Namen und Schicksale und werden ganze Geschichten mehrerer Menschen, und zum Schluß ist es die Geschichte .jfdjesjgjinzen Stadt. Masters hat viel Selbsterlebtes und Gehörtes diese Toten erzählen lassen. Aber „Spoon River“ ist überall und die mit den 200 verschiedenen Namen gehen neben uns auf den Straßen und haben bald deutsche, bald französische, bald nordisch klingende Namen: jeder Name steht Für jeden, diese Stadt steht für jede. Darum ist dieses Buch eine Dichtung. Bittere Schicksale, heitere Lebenskunst, sanftes Leben, harte verbrecherische Blitztaten, alles ist vorhanden und — war Leben. Da die geständigen Toten von jenseits der Grenze her sich selbst beschreiben, sind sie ohne falsche Scheu, ohne fälschende, verschönende Schnörkel wahrhaftige Zeugen ihres gelebten Lebens. — Könnte man doch sich selbst und Zeitgenossen vom Ende, vom Tode her schon jetzt verstehen — wir gingen behutsamer, demütiger, gütiger und gekonnter miteinander um... !

DIE WALDSCHLACHT. Eine Saga. Von Werner Helwig. Jakob-Hegner-Verlag, Köln 1959. 127 Seiten. Preis 7.80 DM.

Diese Saga ist eine „gefälschte“ — so wie sie hier steht, ist sie niemals vorher aufgezeichnet worden; aber sie ist dem großen Schatz irischer Überlieferungen entnommen. „Berauschende Übertriebenheit ist das wahre Element der irischen Sage“, schreibt der Verfasser in seinem Vorwort. Berauschend ist auch diese neue Komposition: die Sprache, die neuen Sprachschöpfungen, die Gestalten, die Gespräche, die eigentliche „Waldschlacht“ und — „Fiona“, das Waisenmädchen. Es quirlt und dampft und reißt und reibt in dieser Erzählung; Unmögliches verbindet sich mit dem Natürlichsten; das Matriarchalische (ein Akzent auch unserer Gegenwart) präsentiert sich als verwirrende und zugleich entwirrende Macht. — Nach dieser Kostprobe wünscht man sich, daß der Erzähler weitererzählt und daß man vielleicht einmal auch die großen, alten Originale zu lesen bekommt.

DIE FASTNACHTSBEICHTE. Eine Erzählung. Von Carl Zuckmayer. S.-Fischer-Verlag, Frankfurt 1959. 220 Seiten. Preis 87.50 S.

„Am Fastnachtssamstag des Jahres 1913“ beginnt die dramatische Erzählung „Die Fastnachtsbeichte“ von Carl Zuckmayer; sie endet am Morgen des Aschermittwoch. Mainzer Fastnachtstrubel und ein Mord spielen ineinander und führen dazu, daß die Schicksale einer Familie (durch Bürgerlichkeit und lange Zeit gut verdeckt) entdeckt werden. — Anfang und Ende der Erzählung sind zwei Beichten im gleichen Beichtstuhl: was der erste Beichtende nicht mehr sagen konnte, hat die letzte Beichte enthüllt (wobei leider das Motiv zur ersten im Verlauf der Geschichte nicht deutlich wird). Das Buch verkündet in seiner wunderbaren, meisterlichen Sprache die beiden Gründe aller Schuld auf Erden: verpaßte Entscheidungen im Leben führen zu Folgen, die wir auf uns nehmen müssen und als Buße zu tragen haben, denn wir dürfen nicht „aus der Rolle fallen“; und der andere Grund: unsere ungezügelten Gedanken sind die Wurzeln für eigene, aber auch für fremde Schuld. — Zum ersten Male habe ich eine Erzählung über das Beichten und das Bußsakrament gelesen, in der geistiger Inhalt und dichterisches Können höchste Maßstäbe zulassen. Diego Hanns Coetz OP.

DER GEHORSAME REBELL. Von Wilhelm Hünermann. Tyrolia-Verlag, Innsbruck. 430 Seiten, Preis S 88.—.

Von dem bekannten Verfasser, dem wir die Darstellungen über Clemens Maria Hofbauer („Der Bäckerjunge von Znaim“) und Damian de Veuster („Priester der Verdammten“) verdanken, hat in dem vorliegenden, gut ausgestatteten und ffchön gedruckten Buch das Leben und das Werk des Abtes Franz Pfanner (1825 bis 1909) geschildert. Der in Langen bei Bregenz Geborene ist nach seelsorgerischer Tätigkeit, zuletzt in Agram, 1863 ins Trappi-stenkloster Mariawald (Eifel) eingetreten, wurde später für die Mission gewonnen, reiste nach Südafrika und schuf mit 31 Ordensgenossen zuerst die Kolonie Dunbrody, später Mariannhill. Sehr eindrucksvoll sind die Studienjahre und trefflich kontrastiert dazu der in der Schilderung gelungene Sprung nach Afrika. Was die Mission im allgemeinen und im besonderen — dies gerade heute bei der Lage in Afrika — Bedeutet, welchen segensreichen, kaum abzuschätzenden Einfluß sie dank der Aufopferung solcher Männer, wie Pfanner einer war, ausgeübt hat, verdient immer wieder in die Erinnerung aller Gegenwärtigen zurückgerufen zu werden. Der Jugend nicht zuletzt wird in solchen Büchern ein Ideal vorgestellt, dem man nachleben soll.

HEMMA VON GURK. Roman. Von Dolores V i e s e r. Ehrenwirth-Verlag, München. 422 Seiten. Preis 14.80 DM.

Die aus Hüttenherg in Kärnten stammende, aus der katholischen Erlebniswelt schöpfende Erzählerin ist mit diesem zweimal früher schon aufgelegten Roman (1939 und 1941) ebenso bekannt und geschätzt worden wie mit dem „Singerlein“. Der „Mutter Kärntens“, der Landesheiligen, der in den zwei Sprachen Kärntens gehuldigt wird, gilt diese feinempfundene Einsicht und Fernenschau.

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