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Indische Tanzerin russische Solisten

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Zu den von einem Lautsprecher originalgetreu wiedergegebenen Klängen von Xylophonen und Gamelangs, siebensaitigen Lauten, näselnden Holzbläsern und vielerlei Schlaginstrumenten tanzte im Mozart-Saal die indische Tänzerin Alia Rukmini eine Reihe von Hindulegenden mit dem gemeinsamen Titel und Thema .iKrishna im Herzen der Gopis“. Die Gopis sind — nach dem poetischen Text des Programms und den gesprochenen Kommentaren — „demütige Anbeterinnen Krishnas, hübsche Kuhmägde von Gokul, Hüterinnen der geistigen Erleuchtung, lebende Blumen, deren Herz beim Ruf der göttlichen Flöte erzittert“. Die schöne Alia Rukmini, die durch mehrere Meisterschulen Indiens gegangen ist, tanzt in prächtigen zartfarbigen Gewändern mit vollendeter Anmut und einem so unmittelbaren Ausdruck, daß für zwef kurze Stunden die ferne Welt, aus der sie kommt, zum unmittelbaren und bereichernden Erlebnis wird. Dafür sind wir ihr dankbar. Nur sollte man diese Freude nicht durch tendenziöse und taktlose Kommentare, die gegen andere, spirituellere Religionen gerichtet waren, trüben. Das erbitten wir uns als Gegengabe fijr unsere vorbehaltlose Aufgeschlossenheit fremden Kunstmanifestationen gegenüber.

Die russische Pianistin Tatjana Nikolajewa, Trägerin nationaler und internationaler Preise, die auch während der Mozart-Festwochen in Salzburg mitwirken wird, gab im Brahms-Säal einen eigenen Abend. Im 1. Teil des Programms gelang ihr die „Chromatische Phantasie und Fuge“ von J. S. Bach am besten, während die M o z a r t-Sonate C-dur etwas zu konzertant und Schumanns überdimensionierte C-dur-Phantasie zu grob und verschwommen geriet. Die drei Preludes und das „Poeme tragique“ von Skrjabin, diesem hochoriginellen, zu Unrecht vernachlässigten Meister, enttäuschten als Kompositionen (es gibt wesentlich bessere Klavierwerke von Skrjabin), drei Präludien und Fugen von S c h o-stakowitsch erweckten den lebhaften Wunsch, einmal den ganzen 24teiligen Zyklus kennenzulernen. Mit Prokofieffs Toccata, einem motorischdonnernden Bravourstück, erreichte das Konzert der überaus kräftigen Virtuosin seinen Höhepunkt und Sein beifallumrauschtes Ende.

Der junge, schlanke und elegante Herr, der, von Rudolf M o r a 11 und den Symphonikern vorzüglich begleitet. Tschaikowskys larmoyantes Violinkonzert spielt, ist Igor O i s t r a c h, geboren in Odessa, Sohn und Schüler des berühmten Geigers David Oistrach. — Seine Virtuosität ist ebenso vollkommen wie seine Ruhe, die Gepflegtheit und Sensibilität seines Tones sind des kostbaren Meisterinstrumentes würdig. Igor Oistrach ist heute bereits ein perfekter Geiger, vielleicht wird er eines Tages ein großer Künstler. — Der „Italienischen Serenade“ von Hugo Wolf fehlte die vorletzte Feile. In der Instrumentierung Max Regers ist sie ein überaus heikles Stück. Schade, daß Ravel sie nicht instrumentiert hat. mit dessen „Bolero“ (etwas zu schnell begonnen und gegen Ende leicht beschleunigt, was der Komponist ausdrücklich verboten hat) das Konzert effektvoll beschlossen wurde. — Franz Schmidts „Variationen über ein Husar e n 1 i e d“ sind ungleich. Sehr Subtiles steht neben Handfest-Gröberem. Das Schönste ist die Einleitung.

Im Großen Konzerthaussaal dirigierte Carlo Z e c c h i die Wiener Symphoniker. Zwischen Beethovens IV. Symphonie und einer mit großer Akuratesse und echt romantischem Schwung musizierten S c h u m a n n-Symphonie (der Vierten, die ursprünglich „Sinfonische Phantasie für großes Orchester“ hieß) spielte Edith F a r n a d i das Klavierkonzert in Es-dur mit soviel Temperament und Farbigkeit, daß man auf weite Strecken vergessen konnte, wie effektvoll Liszt in diesem Werk instrumentiert hat, was alles ihm an echten Themen und Melodien nicht eingefallen ist.

Vom Konzert des Kammerorchesters unter Julius Patzak konnte der Referent nur den ersten Teil hören. Nach dem „Ricercare“ aus dem Musikalischen Opfer von J. S. Bach folgte die Erstaufführung eines „Con certo da einen“ für Solovioline, Klavier, Schlagwerk und Streichorchester von Bo-huslav M a r t i n u. — Wir kennen aus früheren Werken den Stil, die Form und den Ton In diesem Stück ist alles konzentrierter, ernster und anspruchsvoller: der 1. Satz im Stil eines Concerto grosso, das sich mächtig steigernde Adagio (dessen Dissonanzen in der Partitur freilich nicht ganz so hart sein dürften, wie in der Interpretation des Kammerorchesters!) und ein Allegro-Finale, das mit etwas billigem tschechischem Folklorismus verbrämt ist und nicht die Höhe der vorausgegangenen Teile hält. Edith B e 11 s c h i n-g e r und Fritz E g g e r waren die Solisten, die ihre sehr verschiedenen Soloparts mit Brillanz und Musikalität meisterten.

Gibt es in der Musik Witz, Satire und Ironie? Das „Konzert für zwei-Klaviere“ von Francis P o u 1 e n c, das die Symphoniker im Großen Sendesaal des Oesterreichischen Rundfunks unter Robert Heger spielten, ist ein Schulbeispiel dafür. Hier ist sozusagen kein Wort, keine Note ernst zu nehmen. Nacheinander werden der Stil des Klassischen Konzerts, die Geste der Großen Oper und die französischen Impressionisten persifliert. Im langsamen Satz huldigt Poulenc dem Genius Mozarts, freilich auf seine Weise. — Karl Höllers „Passa-caglia und Fuge über ein Thema von Frescobaldi“ hatte daneben einen schweren Stand; ein typisches Beispiel für „gutes Handwerk“: solid, uninteressant — und viel zu lang.

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