6569364-1950_12_15.jpg
Digital In Arbeit

Instrumentalisten

Werbung
Werbung
Werbung

Die Vortragsabende der Orgelklasse Prof. Karl Walters sind durch ebenso kurze als bedeutsame historische und thematische Einführungen des Lehrers zu den von den Schülern gespielten Werken charakterisiert. Das damit erreichte viel verständnisvollere Miterleben der Zuhörer drückt sich in einem gesteigerten Verbundenheitsgefühl aller Anwesenden aus. Daß die Programme im Bach-Festjahr den Werken des Thomaskantors gewidmet sind, bedeutet für Organisten, deren Grundsubstanz aller Programme sie bilden, keine Umstellung. Die Spannung in der Kunst der Vortragenden besteht denn auch weniger in einer Verschiedenheit der inneren Disposition als in einer solchen der technischen Reife. Wähend Herta Niedermayer noch im Schulmäßigen steckt, hat Annemarie Loob sich bereits freigespielt. Ihr eleganter Vortrag gewinnt persönliche Färbung, während Gerhard Zukriege 1 und Leopold Marksteiner mit ruhigen Händen (und Füßen) objektiverer Klarheit des Ausdrucks zustreben.

Die Brasilianerin Sula Jaffe bot ein zivilisiertes, doch der inneren Beziehungen bares Spiel. Weder Bach noch Beethoven vermögen ihr etwas zu sagen; sie spielt alles mit innerer Gleichgültigkeit und äußerer Eleganz. Dadurch vermied sie bei Chopin allerdings den Fehler der Sentimentalität, erwies sich aber erst im Vortrag ihrer heimischen Tänze als zuständig und überzeugend. Ein diesem Umstand gerechter werdendes Programm hätte einen weit günstigeren und wohl auch ihrer Fähigkeit entsprechenderen Eindruck erzielt.

Probleme ganz anderer Art zeigten zwei Violinabende. Vasa Pfihoda, der Hexenmeister von Weltruf, erregte durch seine an Zauberei grenzende Technik berechtigtes Staunen — und ebenso bereditigte Enttäuschung. Das bis an die Grenze ''es überhaupt Möglichen gesteigerte Handwerk bleibt uns nämlich im Grunde das künstlerische Erlebnis schuldig. Dies ist um so trauriger, als gewisse Partien in der Schumann-Sonate op. 121 und in Bachs Fuge aus der a-moll-Sonate die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung und Verinnerlichung bewiesen. Aber diese Fähigkeit wird bedenkenlos dem Paroxis-mus der Virtuosität geopfert, wodurch die grandioseste Leistung den Duft der Manege ausschwitzt. Die Berufung auf Paganini hat freilich Gewicht; doch ist uns die Anekdote erinnerlich, der zufolge Paganini einen enthusiastischen Bewunderer fragte: Wie gefielen Ihnen meine Verbeugungen? —Nahezu gegenpolig wirkte Arthur Grumiaux (Brüssel), dessen Violinabend im gleichen Großen Mu-sikvereinssaaj das Publikum weniger lauten, aber um so wärmeren Beifall zollte. Der große dunkle, überaus satte und warme (gelegentlich, zum Beispiel bei Brahms, fast zu weiche), von jeder Süßlichkeit freie Ton, hinter dem man ein Herz schlagen spürt, die souveräne Stilkenntnis des Künstlers sowie die nie durchbrochene Einheit mit dem Klavierpart (Franz Holetschek) vermochten jedes einzelne Werk zu einem künstlerischen Erlebnis besonderer Art zu gestalten, dem das (nicht fehlende) virtuose Element stets untergeordnet blieb.

Ein Abend des Collegium musicum unter Leitung von Kurt Rapf, dem die lebendige Gestaltung des Programms zu danken ist, zeigte eine Anzahl junger Künstler in sehr beachtenswerten Leistungen; vor allem Alfred Prinz, den besten Klarinettisten der jungen Generation, in der klassisch klaren und knappen Klarinettensonate Hindemiths — und Edith Bertschinger, die bereits bekannte Geigerin, in den „Melodien“ Proko-fieffs, einem der Romantik noch ergebenen Jugendwerk des Komponisten. Mit festem Strich, der dennoch beseelte Wärme austönt, und sorgfältiger Sauberkeit der Tongebung, verbunden mit feinem rhythmischem Instinkt, kommt die junge Künstlerin der von ihr spürbar erstrebten Synthese von persönlicher Aussage und unsentimentaler Klarheit in erfreulichem Grade immer näher. Günther Breitenbach und Alfred Prinz musizierten mit Kurt Rapf das sprühende Kegelstatttrio Mozarts im Handgelenkstil, Kurt Rapf und Hermann Schwertmann abschließend die virtuosen und äußerst schwieri-nen, übrigens etws dickflüssigen Beethoven-Variationen Max Regers auf zwei Klavieren.

Im Solistenkonzert der Wiener Konzerthausgesellschaft unter der Leitung Franz Litschauers fiel Eleonore Auers-p e r g in Hindemiths Trauermüsik für Bratsche und Streichorchester durch ihr ausgewogenes und vergeistigtes Spiel dieses kurzen Werkes auf. Marianne Mebes absolvierte Mozarts Violinkonzert (K. V. 218) für eine Debütantin mit großer Sicherheit, die nicht einmal ein irrtümlicher Orchestereinsatz erschütterte. Ihr Spiel, begreiflicherweise noch ein wenig unfrei, ist dennoch klar und sauber, und ihr persönlicher Schneid verspricht eine künstlerische Entfaltung ins Positive. Herlitt Müller-Ecker (Cellokonzert von Vivaldi) ist im Ton etwas dürftig, im Spiel zuweilen rhythmisch ungleich. Ihre unbestrittene Musikalität hat noch Hindernisse zu überwinden. Erna Heiller endlich (Mozarts Klavierkonzert, K. V. 449), überbot alle vorangegangenen Leistungen durch ihr pianistisches Können und ihre künstlerische Vitalität, die mühelos die Führung an sich, die Ausführenden mit- und die Zuhörer hinriß.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung