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Lizzie Dorons Roman "Ruhige Zeiten"

Trauer rahmt die Geschichte ein. Leale hat als Mädchen versteckt in einem Erdloch in Polen überlebt, kam als Waise in einen Kibbuz nach Palästina und heiratet den Schneider Srulik. Als dieser stirbt, findet sie eine Heimat im Frisiersalon von Sajtschik und ihre ältere Freundin Rosa erschließt ihr die unbekannte Welt der Bildung.

Das ganze Leben passt in einen Frisiersalon, wenn er von Sajtschik geführt wird, der "a Mentsch gewesen sei", ein so besonderer Mensch, dass er gleich zweimal stirbt.

In Spiralen vollzieht die Autorin die Erzählbewegung und die langsame Annäherung an die Geschichte aller Beteiligten. Unter dem Brennglas der Shoa erscheint jede menschliche Regung schärfer und klarer als sonst. Die Verzweiflung ist unerträglicher, die Hoffnung stärker und die Liebe so, als wäre die ganze Welt eine Opernbühne.

Wer kommt in diesen Frisiersalon? Da ist Herr "Resistance", der wie der Arzt Dr. Wohlmut eine heimliche Autorität ist, da ist Frau Ida, die immer sterben will. Sie hat ihre ganze Familie verloren und musste auch als Kind mit ansehen, wie das "jüdische" Pferd erschossen wurde. Immer will sie nur in den Himmel kommen, weil dort das Pferd schon auf sie wartet. Da ist die alte Frau, die alles Erlebte ihrem Hund erzählt. Da ist eine verrückte Opernsängerin und so glauben manche im Viertel eine Oper sei der Auftritt von Verrückten.

Allen wird im Frisiersalon Ehre erwiesen wie auch den spielenden Kindern vor dem Salon. Alle Verrücktheiten und Sonderheiten werden von allen besprochen und der Tratsch der alten Frauen ist fast zu hören, aber gleichzeitig auch das Mitgefühl zu spüren. Verletzte leben in diesem Viertel und sie schaffen sich eigene Gesetze. Als der Milchmann als Kapo eines Konzentrationslagers erkannt wird, beschließen alle, dass er weiterleben, die Milch jedoch nur bis zum Morgengrauen austragen soll, sich aber nie öffentlich zeigen darf. Damit er ein Auskommen hat und lange über das nachdenken kann, was er getan hat, bestellen alle bei ihm die Milch.

Ruhige Zeiten

Roman von Lizzie Doron

Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt2005

176 Seiten, geb., e 16,80

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