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Josef Hoffmann und seine Sezession

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Die letzte Ausstellungswoche stand ganz und gar im Zeichen Josef Hoffmanns, des Präsidenten und Mitbegründers der Sezession, der dieser Tage seinen 80. Geburtstag feierte. Gleich zwei Ausstellungen sollen ihn ehren: eine von ihnen findet in den Schauräumen der Staatsdruckerei (Wollzeile), die andere im Rahmen der jetzigen Sezessionsausstellung statt. Beide zeigen Photos, Entwürfe und Handzeichnungen des Meisters, ohne freilich von dem ungeheuren Lebenswerk dieses Mannes auch nur einen kleinen Ausschnitt bieten zu können. Die geniale Vielseitigkeit Josef Hoffmanns, der Wien im Jahrzehnt vor dem ersten Weltkrieg zur europäischen Stilmetropole machte und die Weltarchitektur eines halben Jahrhunderts maßgeblich beeinflußte, wird in diesen allzu kleinen Ausstellungen leider nicht offensichtlich: sie geben Andeutungen, wo man langen Ausführungen lauschen möchte, improvisieren, wo man glücklich wäre, über ein ungemein wichtiges Kapitel neuerer österreichischer Kunstgeschichte eingehend unterrichtet zu werden. Von der frühlingshaften Frische, die das Werk dieses großen Künstlers unvermindert auch im hohen Alter auszeichnet, seiner Phantasie, die unaufhörlich zwischen den Dingen dieser Welt ihre graziösen Spiele spielt, seiner mühelosen Vornehmheit und absoluten Stilsicherheit — „absolut“ in dem Sinne, in dem man von einem absoluten Gehör spricht — erhält man gerade noch einige Eindrücke. Alles in allem: Der Anlaß, auf den wir noch zurückkommen werden, hätte größere Anstrengungen wünschens- und lohnenswert gemacht.

Gleichzeitig mit dem Jubiläum ihres Präsidenten feiert die Sezession den Wiederaufbau ihres Gebäudes durch einen Rückblick auf das erste Halbjahrhundert ihres Bestehens; sie hat den Josef-Hoffmann-Saal mit den Bildern ihrer großen Toten gefüllt: Schieies „Familie“, Klimts Mädi Primavesi“, Egger-Lienz' „Tischgebet“ und ein bewunderungswürdig gemaltes, wenn auch thematisch recht unleidliches Segantini-Bild hängen neben dem berühmten Familienbild Wiegeies und einem schönen Hanak-Torso: Erinnerungen an die heroische Periode der Sezession ...

Welchen Namen soll man der Periode geben, in der die Sezession jetzt steckt? Es ist eine solche des Ubergangs, der Ungewißheit, wohin man sich wenden soll — zur Hyper-, zur gemäßigten, zur allseits anerkannten oder gar zur ganz radikalen Moderne? Es ist von allem etwas da: Sergius Paus er hat neben Porträts im bekannten Stil eine farbig hervorragende Landschaft aus der Türkei mitgebracht, Franz E 1 s n e r ein entzückendes Blumenstück, Fritz W o t r u b a ist mit einem interessanten und gar nicht sehr gewalttätigen Reiterdenkmalentwurf, Herbert B o e c k 1 hingegen leider nur durch eine an sich hübsche Landschaft von Rolf Volle vertreten. Hans Robert P i p p a 1 erweist Venedig — oder besser: Tizian, Guardi und Chirico — eine immerhin geistreiche Reverenz. Keines von ihnen überraschend, aber immer wieder einnehmend: die fünf Bilder Franz Zülows. Eine „Landschaft 1950“ von Springer sei hervorgehoben; Otto Schepelmanns „Gemeindebauten“ rufen weniger durch ihre Form als durch ihre bemerkenswerte Thematik Assoziationen an einen heiteren Kafka hervor. Ernst H u b e r s „Salzburger Landschaft“ und die Bilder Bürgers wirken, jeweils in ihrer Art, durch Können und Einfachheit des Gefühls. Ein wenig schwächer ist im allgemeinen der graphische Teil dieser Exposition, doch glauben wir die Schabschnitte Stefferls und zwei Pastelle

Liselotte Bachorners mindestens erwähnen zu müssen.

Mit Nachdruck ist auf eine ganz ausgezeichnete Weihnachtsschau in der Galerie W ü r t h 1 e hinzuweisen, die an Qualität einige andere gegenwärtige Verkaufsexhibi-tionen turmhoch überragt. Die ganze Garde bekannter Wiener Künstler von Boeckl bis Zülow hat hier Aquarelle und Graphiken hängen; wir müssen uns damit begnügen, für diesmal auf die Arbeiten einiger, dem breiteren Publikum noch wenig Bekannter zu verweisen: auf Gerhard Swoboda und dessen zwei teils liebenswärdige, teils abstrakte Aquarelle, die überraschend eigenwilligen Tier- und Landschattsblätter Gustav Hessings und feine, ein wenig extravagante Zeichnungen Oskar S c h m a 1 s.

Das Beste in einer „Atelierschau Reny Lohner' (Weihburggasse 10) waren einige sehr atmosphärische Aquarelle von einem Aufenthalt in Frankreich sowie ein malerisch bemerkenswertes Stilleben; einige Porträts wirkten dagegen ein wenig oberflächlich.

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