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Keine harmlose Märchentante

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Ist Ihnen der Ort Bullerbü ein Begriff? Werden bei den Namen Pip-pi Langstrumpf oder Kalle Blom-quist Kindheitserinnerungen in Ihnen wach? Oder haben Sie Michel aus Lön-neberga oder Bonja Bäubertochter in Ihr Herz geschlossen?

Wem all das nichts sagt, der hat im Leben wirklich etwas versäumt, nämlich die Begegnung mit einer der beliebtesten Kinderbuchautorinnen aller Zeiten, der Schwedin Astrid Lindgren, die vor 90 Jahren, am 14. November 1907, als Astrid Anna Emilia Eriksson im smäländischen Näs bei Vimmerby zur Welt kam.

Heute lebt sie in Stockholm, über die Zahl ihrer in mindestens 60 Sprachen übersetzten Bücher' existieren verschiedene Angaben. Der Hamburger Oetinger-Verlag soll mehr als 100 Millionen Stück ausgeliefert haben. Vielen sind ihre Werke auch durch Film, Fernsehen, Badio oder Kassetten bekannt geworden. Der Verfasserin haben sie über 50 Preise eingetragen, darunter 1958 die „Hans-Christian-Andersen-Medaille” und 1978 den „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels”. 1994 erhielt sie für ihren Einsatz für das „Becht des Kindes auf I ,iebe und den Bespekt für ihre individuelle Persönlichkeit” den alternativen Nobelpreis.

„Nur wenn jemand ein Erwachsener ist und ein Kind bleibt, wird er ein Mensch.” Dieser Satz von Erich Kästner ist sicher kennzeichnend für Astrid

Lindgren und der Schlüssel zum Geheimnis ihrer Erfolge. Sie selbst hat eine glückliche Kindheit erlebt und schöpft in ihren Werken ständig aus den damaligen Erfahrungen. Sie schildert keineswegs nur brave und angepaßte Kinder, aber ohne großes Moralisieren und ohne jegliche „schwarze Pädagogik” ä la „Struwelpeter” weisen ihre Bücher Wege zum Guten.

Ob in den Detektivgeschichten über Kalle Blomquist oder bei Bonja Bäubertochter, das Böse wird thematisiert und als überwindbar dar gestellt. Wenn Astrid Lindgren in ihren Büchern Kinder zu Helden gegen Gewalt und Verbrechen werden läßt, wenn sie Träume und Visionen von einer Welt, wie sie sein könnte und sein sollte, heraufbeschwört, tut sie das nicht in Unkenntnis der Schlechtigkeit und Not auf diesem Planeten, sondern aus der Überzeugung, daß nur das Gute das Böse verdrängen und überwinden kann.

Daß Astrid Lindgren - die selbst die Schwierigkeiten einer ledigen Mutter erlebte, ehe sie 1931 heiratete - keine harmlose Märchentante ist, daß sie auch regen Anteil am politischen Geschehen nimmt, hat sie nicht zuletzt 1976 bewiesen. Damals trug sie mit ihrem Märchen über die Hexe Pomperipossa, in dem sie die damalige schwedische Steuerpolitik aufs Korn nahm, entscheidend zum Sturz der sozialdemokratischen Be-gierung bei. Auch ihr Engagement für Tierschutz und gegen Atomkraftwerke ist bekannt.

Wer noch mehr über Astrid Lindgren erfahren will, hat dazu jetzt einfach und kostengünstig Gelegenheit. Die Schweizer FURCHE-Mitarbeite-rin Felizitas von Schönborn hat unlängst in der Herder-Spektrum-Reihe ein sehr informatives Buch über Astrid Lindgren veröffentlicht. Es enthält ein langes Interview mit der Jubilarin und sehr viele wissenswerte Details über ihr Leben und Werk.

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