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Kinder und Jugendbücher
DIE TRAUMSCHACHTEL. Von Karl Heinrich W a r r e r 1. 30 Selten. Otto- Müller-Verlar, Salzburg. S 68.—. — DIE FLUSSPIRATEN. Von Hans P. S c h a a d. 30 Seiten. Verlag für Jugend und Volk, Wien. S 68.—. — DAS MÄRCHEN VOM BUBENZIEHEN. Von Alexis Steiner. S 28.—. — PETERL MACHT ORDNUNG. Von Herta Just. S 28.—. Beide je 16 Seiten. Im österreichischen Bundes- Verlag, Wien. — DIE LIEDERFIBEL. Von Heribert und Johannes G r ü g e r. 39 Seiten. Schwann-Verlag, Düsseldorf. DM 9.80.
Bis zu einem gewissen Grade kann die Entscheidung darüber, ob ein Kind später als Erwachsener zu den Illustrierten- oder zu den Bücherlesern zählen wird, schon mit dem frühen Lesestoff fallen. Deswegen ist die Auswahl etwa eines „Bilderbuches“ nicht ganz leicht und sollte keineswegs einer Aushilfsverkäuferin in der Spielwarenabteilung eines Supermarkts überlassen bleiben. Als Faustregel kann man die Frage stellen: Ist das begleitende Wort zu den Bildern nur ein maulfauler Kommentar? Oder ergänzen Wort und Bild einander zur phantasievollen Darstellung einer eigentlich unsichtbaren Geschichte, die der Geist des Kindes erst schöpferisch reproduzieren muß? Fall eins ist abzulehnen. Falls zwei ist zu begrüßen.
Das vorweihnachtliche Angebot der Verlage ist groß. Auch Karl Heinrich Waggerl widmet seine Erzählkunst heuer den Kindern (und auch einigen, die es im Herzen geblieben sind). Merkwürdigerweise Sind es aber in erster Linie die Bilder von Rosí Bednařík, die dem Buch „Die Traumschachtel“ den Rang eines Kunstwerkes verleihen. Waggerl erzählt hausbacken und breit, flicht seine witzigen Schöpfungsmythen ein und reduziert die Weite der Welt wieder einmal auf die Fläche einer salziburgischen Ofenbank.
Eine aufregende Abenteuergeschichte für Buben, mit fast etwas zuviel Aufwand illustriert, ist das Buch „Die Flußpiraten“. Der Text ist knapp geraten. Es gibt bessere Bilderbücher.
Gut ausgewogen in Text und Bild ist das von Alexis Steiner nacherzählte „Märchen vom Rübenziehen“. Die leicht rhythmisierte Sprache, die das in dem Märchen enthaltene Stilmittel der Steigerung geschickt nützt, 1st feine wertvolle Vorbildung für das Kind. Das Buch eignet sich ab der ersten Schulstufe.
Ebenso für diese Altersstufe empfehlenswert ist „Peteri macht Ordnung“. Die Illustrationen von Frizzi Weidner sind mitunter etwas werbegraphisch. Der Text hat gute pädagogische Akzente, aber keinen literarischen Wert.
Ein Sonderfall, auf den mit besonderer Empfehlung aufmerksam gemacht werden soll, ist die Schwann-Neuausgabe der alten — 1927 erstmals erschienenen — Liederflbel. Dem heutigen Standard entsprechend sind die achtzehn Volks- und Kinderlieder vierfarbig illustriert. Der Notation der einfachen Stimme auf der linken Seite steht rechts die Bildfolge gegenüber, in der jeder Tonsilbe eine Figur in verschiedener Höhe entspricht. Spielend erlebt so das Kind eine Einheit von Bild, Wort und Musik. Über den praktischen, pädagogischen und künstlerischen Wert der „Liederflbel“ zu sprechen,
hieße Bauklötze in den Kindergarten tragen. Wer einer jungen Familie mit Kindern, die gerade zu singen beginnen, eine Freude bereiten will, der ist mit der „Liederflbel“ bestens beraten.
WOHIN MIT DEM DACKEL? Von Marlen Haushofer. 158 Selten. S 64.—. — DIE RABENBERGBANDE. Von Rudolf P r i t x. 176 Seiten. S 64.—. Beide im Verlag für Jugend und Volk, Wien. — DIE SCHWARZE GRETE. Von Inge Maria Grimm. 80 Seiten. S 48.— — MEIN ONKEL, DER ZAUBERER. Von Lene Mayer-Skumanz. 110 Selten. S 58.—. — THOMAS SUCHT DEN LIEBEN GOTT. Von Alma Holgersen. 77 Selten. S 48.—. Alle drei Im österreichischen Bundesverlag, Wien. — DIE REINSTEN MUSTERKINDER. Von Fritz Steuben. 256 Selten. Im Herder- Verlag, Wien-Freiburg-Basel.
Gute Autoren, darunter zwei namhafte Schriftstellerinnen, legen im heurigen Herbst neue Prosa für die Jugend vor.
Marlene Haushofer, die im vergangenen Jahr mit ihrer Erzählung für die Jugend „Müssen Tiere draußen bleiben?“ viel Erfolg fand, hat dieselbe Thematik fortgesetzt. Auch das neue Buch „Wohin mit dem Dackel?“ lebt wieder von den Spannungen zwischen tierliebenden Kindern und ahnungslosen Erwachsenen. — Auch in der „Rabenbergbande“ von Rudolf Pritz spielt ein Hund eine wichtige Rolle. Bloß geht es hier etwas härter und „männlicher“ zu. Beide Bücher repräsentieren Öen Typus breit einsetzbaren Jugendlesestoffes ohne überdurchschnittliche Ambition.
Lokomotiven gehören nach wie vor zu den die kindliche Phantasie faszinierenden Fahrzeugen und werden ebenso gerne personifiziert wie Tiere. Diesmal hat sich Inge Maria Grimm des dankbaren Themas angenommen und die Reise der „schwarzen Grete“ mit vielen heiteren Episoden ausgestattet — Heiter ist auch die Mädchengeschichte von dem Onkel, der zaubern konnte. Dieses Thema ist originell und wird von der Autorin in einer sehr lebendigen Prosa abgehandelt. — In die Kategorie einer Dichtung für Kinder und Jugendliche gehört Alma Holgersens Erzählung von einem Bergbauernbuben, der im Advent von zu Hause fortgeht, um den lieben Gott zu suchen. Der Bub findet Gott nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte, und durchlebt neben äußeren Abenteuern jene innere Wandlung, die zur Vorstellung des unsichtbaren, liebenden Gottes führt. Den Lehrgehalt dieser Parabel werden Kinder unbewußt als Grundlage ihrer religiösen Entwicklung aufnehmen. Um falsche Vorstellungen zu vermeiden, erfordert das Buch so wie die anderen religiösen Kindergeschichten der Alma Holgersen jedoch das begleitende und ergänzende Gespräch der Erzieher und Eltern.
Fritz Steubens Jugendroman „Die reinsten Musterkinder“ reicht an die Erzähltechnik Erich Kästners heran und präsentiert den bunten Realismus kleinbürgerlichen Kinderalltagis. österreichische Leser wird die bundesdeutsche Idiomatik manchmal stören. An Handlungsdichte läßt das Buch nichts zu wünschen übrig.
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