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René Freunds Roman "Wechselwirkungen".

Es gibt Tage, an denen geschieht so viel, dass die Ereignisse für eine Woche ausreichen würden", sinniert die Arztgattin Conny im Frühabendlicht, den Blick auf die Berge Liguriens gerichtet, mit einer Bänderzerrung im Fuß, Manuel an der Seite, der ihr Sohn sein könnte, aber in Wirklichkeit der der Alkoholikerin und Nachbarin ist. Den Abendimbiss serviert ein journalistischer Adabei und krankhafter Spieler, danach führt er beide im Jaguar zurück in eine österreichische Kleinstadt. Connys Mann, der sie mit einer Pharmareferentin betrogen hat und sich von einem Pharmakonzern bestechen ließ, liegt nach einem Nervenzusammenbruch nackt in der Wiese, hört Barockopern und grinst wie Jimmy Courier im Finale gegen Pete Sampras im Australian Open. Das Ende einer Flucht und eine Heimkehr, die in der Idylle versandet.

Es gibt Romane, die übernehmen so viele Klischee volley, dass es einem Wimbeldon Finale ebenso zur Ehre gereichen würde wie einer Rosamunde Pilcher. Doch halt: René Freunds Bälle sind sauber angeschnitten, was literarisch so viel heißt, dass ohne Ironie nichts geht. Das Tempo ist beachtlich, die Beinarbeit detto, sprich erfrischende Sidesteps gibt es genug.

René Freund hat gut trainiert sich in Kleinstädten umgesehen und -gehört. Das Lokalkolorit kleinbürgerlicher Konventionen als Aufbaugetränk beginnt er in einer lockeren Stimmung, als hätte er nie anderes getan, und er lässt in seiner Spielfreude wirklich nichts aus. Ärzte-Ehe, Alkohol, Seitensprung und Midlife-Krise, Italien und Kultur. Ein abwechslungsreiches Spiel, bei dem am Ende wie nach mancher Sportübertragung mit dem Schlusspfiff das große Wundern einsetzt. Ganze 90 Minuten zugesehen, oder 120 und mehr, aber was bleibt? Bei einer guten Performance stellt sich diese Frage nie während des Spiels und das ist zumindest schon etwas. Also gute Unterhaltung. Freund verdirbt nicht die Lust am Leben, er zuckert die Klischees, damit ihre Konturen erkennbar werden.

Wechselwirkungen

Roman von René Freund

Picus Verlag Wien 2004

267 Seiten, geb.,e 19,90

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