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Komödienperlen

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Der Auftakt der Bregenzer Festspiele 1969 war vielleicht schon ihre Krönung. Eine Perle italienischer Opernkunst, Donizettis „Liebestrank“, ging Uber die Szene. Die Inszenierung von Filippo Crivelli und das aus der italienischen Landschaft farbenfroh geschöpfte Bühnenbild versetzten das Premierenpublikum in eine vergangene, aber alle Zeiten entzückende Welt der Schönheit, und als Bruno Amaducci den Taktstock ergriff, war die Gegenwart versunken und für zweieinhalb Stunden zog das Reich der Oper auf, in dem Liebe und Eifersucht die bestimmenden Komponenten sind und sich zum Schluß alles zum besten lösen muß.

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Der Auftakt der Bregenzer Festspiele 1969 war vielleicht schon ihre Krönung. Eine Perle italienischer Opernkunst, Donizettis „Liebestrank“, ging Uber die Szene. Die Inszenierung von Filippo Crivelli und das aus der italienischen Landschaft farbenfroh geschöpfte Bühnenbild versetzten das Premierenpublikum in eine vergangene, aber alle Zeiten entzückende Welt der Schönheit, und als Bruno Amaducci den Taktstock ergriff, war die Gegenwart versunken und für zweieinhalb Stunden zog das Reich der Oper auf, in dem Liebe und Eifersucht die bestimmenden Komponenten sind und sich zum Schluß alles zum besten lösen muß.

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Eine einfache Handlung wird niemals banal, während eine Cascade perlender Töne den Raum füllt. Giuseppe Taddei als Quacksalber und Wunderdoktor bezaubert durch seinen Humor, während Luigi Alva und Walter Alberti als die Nebenbuhler um die Hand der bezaubernden Margherita Rinaldi ringen. Die Trägerin der weiblichen Hauptrolle verfügt über Empfindung und reiche Ausdrucksscaia; neben ihr sei Ful-via Ciano in ihrer Episodenrolle nicht übersehen. Der schwärmerische Liebhaber und der militärischpolternde Sergeant waren Figuren aus einem Guß, jeder voll an seinem Platze. Eine starke Komparserie, der Wiener Staatsopernchor und die Wiener Symphoniker trugen dazu bei, das Werk, auf dem gar kein Staub der Vergangenheit liegt, zu einem unvergeßlichen Erlebnis zu stalten.

Die Anwesenheit dies Bundespräsidenten, höchster Bundes- und Landesfunktionäre sowie des Südtiroler Landeshauptmannes Magnago hinderten nicht, daß bei der Erstaufführung wiederholt stürmischer Beifall losbrach und der Dirigent mehrmals den Taktstock senken mußte. Die Planung der Festspielleitung, die großen Bregenzer Tage mit einer Oper, nicht mit dem Spiel am See, beginnen zu lassen, hat sich neuerlich bewährt.

Das Spiel auf dem See ist eine Huldigung für den letzten Überlebenden der großen Wiener Operette, Robert Stolz. Man gieße die „Himmelblauen Träume“ vom Jahre 1935 um, verlege die Handlung an den Bodensee und bereichere die Partitur um alte und neue Robert-Stolz-Melodien, und die „Hochzeit am Bodensee“ ist fertig... Diesmal kriegen sich zum Schluß fünf Paare zugleich. Die von allen Männern umschwärmte Hotelsekretärin gleitet nach einigen Wirrungen in die Hände des Fernsehstars, die drei Söhne des Hoteliers finden Ersatz an je einer Österreicherin, Bundesdeutschen und Schweizerin — ist's an der Dreiländerecke anders denkbar? — nur der alternde Vater, der selber seine Augen auf die schmucke Maid geworfen hatte, begnügt sich mit Resignation. Sogar die komischen Alten, der Portier und die Köchin, finden zusammen, so daß der Zuschauer gerührt nach Hause gehen darf. Daß auf der Bühne Fernsehaufnahmen gemimt werden, werden diejenigen als besonderen Gag empfinden, welche die „Hochzeit am Bodensee“ in ihrem Stübchen vor dem Flimmerkasten erleben. So tönen über den nächtlichen Bodensee „Ob blond, ob braun“, der „Kaiser meiner Seele“ und natürlich, gesungen von Friedrich Nidetzky, dem verzichtenden Alten, „Auf der Heide blühn die letzten Rosen“. Kurt Huemer, Ernst Schütz und Paul Spant verkörpern die drei Söhne, Frans van Daalen den herzensbrechenden Fernsehstar. An der

Spitze der Damenwelt stehen Lotte Rysanek und Dagmar Koller, die drei „Ländervertreterinnen“ sind Monique Lobasa, Dolly Vellbinger und Elfriede Pfleger. Freundliche Lichtchen setzen das Buffo-Pärchen Fritz Muliar und Cissy Kraner sowie der unverwüstliche Robert Marencke auf.

Wie immer auf der großen Seebühne sind die Massenszenen vorzüglich gestaltet; die Inszenierung von Adolf Rott schafft bezaubernde optische Wirkungen. Das Ballett des Nationaltheaters Prag, das heuer in Bregenz noch viel verspricht, gab die erste Probe seiner . hohen Kunst. Appenzeller Fahnensch winger i .die Uberlinger Schwerttäazer und die Trachtentanagruppe Bregenz sorgten für das erforderliche Lokalkolorit, wobei die Stilwidrigkeit unterlief, daß die helvetische Flagge von Knaben in Mozarbtracht geschwungen wird...

Alles in allem: eine Verneigiung vor dem großen Österreicher Robert Stolz. . “,

„Don Gil von den grünen Hosen“ des spanischen Dichtermönches Tirso de Molina kann offenkundig nur vom Wiener Burgtheater der Gegenwart genießbar gemacht werden; ohne diese Vollendung von Interpretation blieben einige Don Quixote und Sancho Pansa mit uns Heutigen unverständlichen Scherzen übrig. Unsere „Burg“ aber hält mit einer Handlung, die doch aus nichts anderem besteht als aus einer Kette von Verkleidungen, falsch zugestellten Briefen und Verwechslungen, den Zuschauer zwei Stunden lang in Atem und reißt gerade durch ihre Naivität zu Begeisterungsstürmen hin.

Eine Senorita will sich an ihrem ungetreuen Galan rächen und verkleidet sich als Mann. Sie wird Don Gil, von anderen Namensträgern unterscheidet sie sich durch ihre grünen Hosen. Effekt: die eifersüchtigen Caballeros kleiden sich gleichfalls grün, so daß es bald nicht weniger als vier Gil gibt, die in grünen Hosen stecken. Dazu kommen die prächtigen spanischen Dienerfiguren, deren immer elegant bleibender Witz die Situationen nach Bedarf anspannt oder erleichtert. Daß zum Schluß die Richtigen zueinander finden, ist s elb s tverständli eh.

Bereits das Bühnenbild der Neufassung, für das Franz Reichert und Hanna Jordan zeichnen, schafft eine Stimmung, die nicht mehr abreißt. Sonja Sutter, Helma Gautier und Sylvia Lukan brillieren in den weiblichen Rollen ebenso wie Albert Rueprecht, Joachim Bissmeier und Thomas Egg als ihre Partner sowie Fred Liewehr und Philipp Zesfca als die Väter. Dazu die Leporellofiguren der Dienerschaft bis zu Viktor Braun als Polizeibüttel volle Persönlichkeiten bis zur kleinsten Rolle. Wieder hat sich das Wiener Burgtheater an der Westecke Österreichs bewährt.

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