Kontrastprogramm Demut

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Was ist christlichsoziales Denken heute? Ein Sammelband begibt sich auf Spurensuche.

Wer heute ein Christlichsozialer sein will, muss bescheiden sein: Gegenüber dem wieder stark in Mode kommenden Umverteilungssozialismus erscheint christlichsoziales Denken als zu harmlose Beruhigungspille gegen die vermeintlichen oder wirklichen Übel des Ökonomischen; mit der zwingenden Logik und dem durchschlagenden Erfolg des Markliberalismus in der Praxis kann es argumentativ kaum mithalten; und mit der ihm verwandten Katholischen Soziallehre teilt es das Schicksal, keine wirklichen Vertreter mehr zu haben, die imstande wären, die überkommene Idee originell zu bedenken und neu zu begründen.

Balance & Orientierung

Diesen Mängeln abzuhelfen hat sich eine beherzte Initiative vorgenommen: In einer Sammlung von zwanzig Beiträgen werden eine Reihe von Ideen entwickelt, wie das "Hohe C" in der Politik wieder schön, oder zumindest hörbar erklingen könne. Nicht jedenfalls in einer Annäherung von Kirche und einer Partei, darin sind sich Herausgeber und Autoren einig. Nicht auch, indem sich eine bestimmte Politik als einzig christliche ausgibt, obwohl es eingestandenermaßen schon um das "Profil einer modernen, konservativen Volkspartei" geht, sonst wäre nicht Erwin Pröll einer der Autoren. Sehr wohl aber beharren die Autoren darauf, dass es Politik in christlicher Verantwortung geben könne und sie als solche erkennbar sein müsste.

Dass die Herausgeber sich Gedanken gemacht haben, zeigen schon die originellen Überschriften der Kapitel des Buches an. Zugleich bezeichnen sie Defizite momentaner Politik in Österreich: Inspiration. (Deren Fehlen wird man nicht besonders nachweisen müssen.) Orientierung. (Wer hat selber eine und kann sie anderen vorgeben?) Balancehalten für sozialen Frieden. (Ist Politik als systematisches Bedienen eigener Klientelen nicht stabilitätsgefährdend?) Demut als Kontrastprogramm. (Muss das ein frommer Wunsch bleiben?)

Schwerpunkt Familie

Die Familie nimmt einen Schwerpunkt in der Sammlung ein, ihr sind mehrere Beiträge (Günther Danel, Stephan Baier und Gudrun Kugler) gewidmet. Der Unternehmer und Kunstsammler Karlheinz Essl hält christliche Ethik in Politik und Wirtschaft nicht für eine bloße Utopie. Caritas-Direktor Michael Landau plädiert für "klare Regeln für die Zuwanderung" und nennt gleich eine: "Wer Asyl beantragt, aber Einwanderung meint, wird zurecht mit seinem Begehr nicht durchdringen". Im Fall Zogaj hörte man es anders. Furche-Chefredakteur Rudolf Mitlöhner sieht den Kern des Christlich-Sozialen in der Frage: "Wie denkst Du vom Menschen?"

Alles in allem eine anregende Lektüre, was man nicht über alle derartigen Sammelbände sagen kann.

Brücken bauen

Christliche Inspiration in der Politik - Das "hohe C" in Österreich

Christlichsoziale Initiative (Hg.)

Residenz Verlag, St. Pölten 2007

183 Seiten, brosch., € 19,90

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