Apokalypse
Ein Szenario, das apokalyptischer nicht sein könnte, und doch nicht bloß vorgestellt, sondern als konkrete Hölle für Millionen Menschen zu erfahren war und von vielen nicht überlebt wurde: Berlin 1944/45 - eine Stadt im Bombenhagel und in Auflösung aller moralischer Kriterien und Ordnungen. In dieser Zeit kommt einer, der aus Buchenwald ausbrechen konnte, zurück in seine Stadt um Frau und Sohn zu suchen, die - wie er feststellen muss - nun auch schon unter den Bombenopfern sind. Sein Hass führt zur Rache an den ehemaligen Hausbewohnern, die ihn - wie er zunächst meint - seinerzeit verraten haben. Der andere Protagonist ist ein ehemaliger Kriminalpolizist, jetzt Gestapo, der einen prekären Mord aufzuklären hat. Nach Verbrechen aus Pflichtbewusstsein im Osten darf er nun "normale" Polizeiarbeit leisten und sich schon einmal überlegen, wie er seine Vergangenheit verbergen soll - später, wenn alles vorbei ist. Spannend und geschickt konstruiert und unglaublich detailreich schildern die beiden Historiker, Experten in Kultur- und Sozialgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts, diesen totalen Zusammenbruch Berlins. Dass ihnen ihr Experiment gelungen ist, beweist der 3. Platz des Deutschen Krimi-Preises. Dieser wird seit 1985 vom Bochumer Krimi-Archiv und einer Jury, bestehend aus namhaften Kritikern, Buchhändlern und Literaturwissenschaftlern, vergeben und würdigt Autoren, die dem Genre literarisch gekonnt und inhaltlich originell neue Impulse geben.
bsh
Wer übrig bleibt, hat recht
Von Richard Birkefeld und Göran
Hackmeister
Eichborn, Frankfurt am Main 2002
450 Seiten, geb., e 22,70
Inszenierung
Mit Klingsor-Paradox, einem Roman, der in Nazideutschland angesiedelt war, wurde der mexikanische Autor auch hierzulande bekannt. Mit seinem neuesten Roman hat der junge Kulturattaché in Paris, Jahrgang 1968, aber nicht viel zu erzählen. Volpi will offensichtlich recht philosophisch sein und spickt diesen Roman von Anfang an mit Reflexionen über die Schuld. Aber was zuviel ist, ist zuviel, und die "Abhandlungen" betten sich nicht wirklich in das literarische Geschehen ein. Angeblich könnte man, so räsoniert eine Schauspielerin, alles spielen, nur Schuld nicht. Eine Behauptung, über die sich trefflich streiten ließe. Dann wird ein Deutscher eingeführt: Carl Gustav Gruber, ein Filmemacher, der nun nach einer langen und erfolgreichen Karriere die Realität inszenieren will, was ihm auch gelingt. Die eingeladenen Schauspieler verwechseln tatsächlich ihre Rolle mit dem Leben und auch ein Mord bleibt nicht aus. Was nach interessanter Idee klingt, ist leider wenig interessant geschrieben. Alles ist leblos und inszeniert - wie schlecht gespielt. Die Handlung wäre wohl eher als Drehbuch passend, für einen Film made in Hollywood mit thrillermäßigem Finale. bsh
Der Würgeengel
Roman von Jorge Volpi. Aus dem Spanischen von Susanne Lange
Verlag Klett Cotta, Stuttgart 2002
304 Seiten, geb., e 19,60
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