Leben und Sterben aus dem Glauben

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Er war der erste Österreicher, der in einem deutschen Konzentrationslager nach dem Anschluss sein Leben verlor. Trotzdem ist Hans Karl Zeßner-Spitzenberg so gut wie unbekannt. Warum das so ist, bleibt eine spannende Frage.

Die Antwort müsste im Grunde genommen wohl so lauten: Zeßner-Spitzenberg erfüllt nicht das "Anforderungsprofil", das ein Opfer des Nationalsozialismus in unserer Gesellschaft erfüllen muss. Er setzte sich nach 1918 für Kaiser Karl ein und machte aus seiner monarchistischen Gesinnung kein Hehl. Er war ein Exponent des autoritären Ständestaates. Er war ein konservativer und katholischer Adeliger.

Wer diese Biografie liest, die sein Sohn Pius Zeßner-Spitzenberg verfasste, wird vielleicht den Eindruck haben, es handle sich um einen Text aus einer anderen Epoche oder Kultur: im Mittelpunkt steht der christliche Glaube, sowohl beim Vater als auch beim Sohn (einem Diakon in Wien). Dieser Glaube durchdringt Leben und Werk der beiden. So formulierte Zeßner-Spitzenberg in seinem Abschiedsbrief an die Familie: "Deutlich spüre ich Eurer aller nimmermüdes Gebet, das mir so eine Wohltat ist. Und die Gnadenfülle Eurer Kommunionen kommt täglich über mich. Unsere liebe große Schutzpatronin ist mit ihrer Hilfe immer bei mir. [...] Gottes Wege sind unerforschlich. Wir müssen trachten, Seinen Willen in allem zu erkennen und vollkommst [sic] zu befolgen."

Pius Zeßner-Spitzenberg schrieb eine sehr persönliche Biografie seines Vaters und drückt immer wieder seine Bewunderung und Ehrfurcht für ihn aus. Der Band enthält auch (religiöse) Gedichte und Gebete des Vaters. Aufgrund der mangelnden Distanz zu seinem "Untersuchungsgegenstand" (eine wissenschaftliche Biografie ist offenbar nicht geplant gewesen) bleiben interessante historische Fragen offen: was genau dachte Zeßner-Spitzenberg über den Ständestaat, von dem er "nicht restlos überzeugt" gewesen sein soll? Wie bewertete er die Ausschaltung des Nationalrats durch Dollfuß im März 1933, wie den Bürgerkrieg im Februar 1934?

Hans Karl Freiherr Zeßner von Spitzenberg kam als Sudentendeutscher auf die Welt, studierte im Prag, wurde von Karl Renner in den Verfassungsdienst der Staatskanzlei berufen, erhielt eine Professur an der Hochschule für Bodenkultur und wurde 1937 von Schuschnigg mit der Errichtung eines so genannten Traditionsreferates beauftragt (das wenig erfolgreich war und den österreichischen Patriotismus propagandistisch fördern sollte). Nach dem 12. März 1938 wurde er als prominenter Repräsentant des Ständestaates und bekannter Gegner des Nationalsozialismus von der Gestapo verhaftet und starb im August an den Folgen von Unterernährung, Folter, schwerer körperlicher Arbeit und einer Lungenentzündung.

Hans Karl ZeSSner-Spitzenberg -

Ein Leben aus dem Glauben

Von Pius Zeßner Spitzenberg

Klampfer Druck, Weiz 2003

Erh. beim Autor, Klosterneuburg.

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