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Ein Buchtipp von STUBE, Institut für Jugendliteratur und DIE FURCHE

Stummes Erzählen

Der Titel "Die erste Stimme" weckt Assoziationen an Themen rund um Musik und Gesang. Doch ist das Schweigen das zentrale Kompositionselement dieses Jugendromans. Es ist kein Ich-Erzähler, sondern ein Ich-Schreiber, der diese Geschichte erzählt - denn der Bub, dessen Namen die Leser/innen nicht erfahren, kann nicht sprechen. Seine Familie hält ihn für zurückgeblieben, möglicherweise autistisch, auf jeden Fall aber intellektuell sehr eingeschränkt. In Wirklichkeit aber bekommt er sehr viel mehr von seiner Umwelt mit, als diese vermutet, und ist in der Lage, sich eigenständig Informationen und Wissen zu besorgen. So weiß niemand, dass er schreiben und lesen kann. Als ihm sein großer Bruder Kobi erlaubt, auf seinem Computer zu spielen, ahnt er nicht, dass der scheinbar zurückgebliebene kleine Bruder seine Mails lesen kann und bald auch herausbekommt, auf welchen Internet-Seiten sich Kobi bewegt. Als Kobi plötzlich beginnt, sich sehr intensiv mit der jüdischen Religion zu beschäftigen und für seine Familie immer unzugänglicher wird, ist der Ich-Erzähler der einzige, der weiß, dass Kobi sich mit einer ultraorthodoxen Sekte eingelassen hat: Was ihn wiederum vor die schwierige Entscheidung stellt, wie er mit diesem Geheimnis umgehen soll, ohne wiederum sein eigenes Geheimnis zu verraten.

Avram Kantor ist als Verleger, Übersetzer und Autor für Kinder und Erwachsene tätig. Obwohl er in Konstanz Deutsch studiert hat, ist dies sein erstes auf Deutsch übersetztes Buch - für die Übersetzung verantwortlich ist Mirjam Pressler, selbst Autorin und ausgewiesene Kennerin der israelischen Literatur. Neben der faszinierenden Konstruktion des stummen Erzählers sind es auch der Handlungsort Israel und die Bedeutung der jüdischen Religion für die Israelis, die dieses Jugendbuch so ungewöhnlich und lesenswert machen.

www.stube.at

Die erste Stimme

Ich und mein Bruder - mein Bruder und ich

Von Avram Kantor

Aus dem Hebr. von Mirjam Pressler Hanser Verlag, München 2008

208 Seiten, geb., € 15,40

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