Alltag zwischen Kindheit und Jugend

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An dem einen Nachmittag ist alles wie es sein soll und immer war: Pauline und Natascha, beste Freundinnen, lernen, quatschen und lachen zusammen. Doch schon am nächsten Morgen vor der Schule ist etwas anders. Dort, wo Pauline immer auf Natascha wartet, steht nun auch Leonie. Zwei Pausen später ist klar: Natascha „ist voll und ganz in Tristan verliebt“. Und weil Leonie in Oskar verliebt ist und also weiß, wie das ist, tuscheln und kichern die beiden zusammen. Und in Pauline, die nicht versteht, warum alle Mädchen plötzlich nur über Jungen reden, „tut irgendwas Kleines weh“. Als sie dann noch erfährt, dass auch ihre Mutter verliebt ist, fragt sich das Mädchen, was das alles soll.

Warum hat das Wort mit L von heute auf morgen eine so große Bedeutung in ihrem Leben, sorgt für Verwirrungen und Missverständnisse, die wiederum zu Streit führen? Nur wenige Szenen braucht Tamara Bach, um ihrer Protagonistin und dem Leser zu zeigen, wie schnell sich in der Lebensphase zwischen Kindheit und Jugend etwas verändern kann: Der eigene Körper, die Wahrnehmung der anderen, die Beziehung zur besten Freundin oder zu den Eltern …

Leerstellen als strahlendes Zentrum

Die für ihre Bücher vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin Tamara Bach hat bislang ausschließlich über Jugendliche geschrieben, formal exzeptionell und komplex. Auf den ersten Blick könnte man vermuten, „Wörter mit L“ sei – der jüngeren Zielgruppe angemessen – ungewöhnlich einfach, wird doch über die zehn Tage in Paulines Alltag kontinuierlich und ungebrochen aus der Perspektive der sympathischen und wortverliebten Heldin erzählt. Schnell wird aber klar, dass auch dieses Buch außerordentlich ist: Präzise in der Darstellung aller Figuren, auch der Erwachsenen, dabei immer nah am Denken und Empfinden der Heldin, perfekt im Umgang mit Tempo und Dynamik, die kleinen Szenen in Schule und Familie sind hervorragend getaktet. Und auch hier im Kinderbuch macht die Autorin, was sie so gut kann: bei Weitem nicht alles zu erzählen. Die Leerstellen sind strahlendes Zentrum dieser Prosa. Am Ende haben sich die verschobenen Teile in Paulines Leben wieder halbwegs zusammengefügt, aber anders als zuvor und also nicht fugenlos. Und auf die Frage „Und jetzt?“ meint Pauline: „Keine Ahnung. Mama hat keine Ahnung, ich hab keine Ahnung, alle haben keine Ahnung.“ Klar ist aber auch, dass es weitergeht. Und was eine jugendliche Heldin aus einem frühen Buch der Autorin formuliert hat, gilt wohl auch hier: „Wir stehen auf. Und gehen los. Und irgendwann wird unser Gehen auch eine Richtung bekommen.“

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