Wir-muessen-zur-Arbeit - © Illustration: Pija Lindenbaum / Klett Kinderbuch

Pija Lindenbaum: Über das freie, selbstvergessene Spielen

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"Wir müssen zur Arbeit" ist ein geniales, witziges Bilderbuch und damit ein Lesehighlight nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene.

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"Wir müssen zur Arbeit" ist ein geniales, witziges Bilderbuch und damit ein Lesehighlight nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene.

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Im kindlichen Spiel ist vieles, wenn nicht sogar alles möglich! Man kann in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfen, sich vom Kinderzimmer ins Krankenhaus und kurz später in den Wald zu einer bösen Hexe fantasieren. Wie schnell Kinder dabei von einer Spielszene in die nächste wechseln können, zeigt Pija Lindenbaum ganz wunderbar in ihrem neuesten Bilderbuch „Wir müssen zur Arbeit“.

Während die drei wohl noch nicht ganz schulreifen Freunde Micky, Elin und die Ich-Erzählerin Jina auf der ersten Doppelseite noch in der Elternrolle ein Stofftier zu Bett bringen, verlassen sie auf der nächsten Seite in ihrer Fantasie und auf der Bildebene den familiären Schonraum und steigen in ein Auto, um in die Arbeit zu fahren. Auf dieser Fahrt gilt nur eine Straßenverkehrsordnung: Alle müssen Platz machen.

Im Krankenhaus angekommen, schlüpfen Elin und Jina in die Rolle von Ärztinnen und Micky sitzt am Empfang. Die Patientinnen, allesamt Tiere oder Kinder, sitzen schon bereit, also machen sie sich an die Arbeit, und nach der ersten Operation, bei der der Patient kübelweise Blut verloren hat, wird dieses den Wölfen im sogenannten Blutraum verfüttert. Dann ist der Arbeitstag auch bald schon wieder vorbei, und es geht weiter.

Bergtouren und Hexenwälder

Wohin jetzt? Waren zuvor im Kinderzimmer noch Spielzeuggleise zu entdecken, sieht man die drei nun in einem Bahnabteil sitzen. Ein clever vorbereiteter Schauplatzwechsel! Beim genauen Betrachten findet man außerdem Hinweise auf tagesaktuelle Geschehnisse wie die derzeitige Covid-19-Pandemie. Zum Beispiel dann, wenn sich im Supermarkt hinter der Kassa die Klopapierrollen stapeln. Ein netter Seitenhieb auf die Hamstereinkäuferinnen.

Nach einem aufregenden Ausflug in den Wald inklusive Zugfahrt und Rollertour über Berg und Tal kehren die drei, zumindest auf der Bildebene, langsam wieder zurück in das Kinderzimmer. Was nun? Wieder zurück in die Arbeit? Aber nein, dafür sind sie nach diesem langen Spieltag viel zu erschöpft. Und so liegen sie am Ende ausnahmsweise mal regungslos auf dem Boden – eigentlich genau wie die Hexe, die sie eine Seite zuvor noch im Wald besiegt haben. Man kann ja morgen weitermachen ...

Pija Lindenbaum ist mit diesem Buch über das kindliche freie und selbstvergessene Spielen sowohl auf der Text- als auch auf der Bildebene ein geniales und witziges Werk geglückt. Schnelle Szenenwechsel, raffinierte Dialoge und Illustrationen voll witziger Details und amüsanter Querverweise machen das Buch nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene zu einem Lesehighlight.

HINWEIS: Die FURCHE-Ausgabe, in der dieser Beitrag erschienen ist, war dem Thema „Frau sein“ gewidmet. Als Einladung zum Perspektivenwechsel wurde bei im Text erwähnten Personengruppen grundsätzlich die weibliche Form verwendet.

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