Oma Erbse - © Illustration: Jacky Gleich / Hanser

"Oma Erbse": Über den Kreislauf des Lebens

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Lektorix des Monats: Ein Bilderbuch von Micha Friemel und​​​​​ Jacky Gleich über den Tod und das Abschiednehmen von einem geliebten Menschen.

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Lektorix des Monats: Ein Bilderbuch von Micha Friemel und​​​​​ Jacky Gleich über den Tod und das Abschiednehmen von einem geliebten Menschen.

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„So schlimm ist das nicht, wenn du stirbst. Wir ­legen dich auf den Kompost, und sobald die Würmer dich gefressen haben, machen wir ­Erbsen aus dir.“

Dass die organischen Überreste ihrer Oma zu Humus „veredelt“ und anschließend als Bodenverbesserer und Dünger verwendet werden, ist für Leonor ein zufriedenstellender Gedanke. Das etwa dreijährige Mädchen und ihre Familie sind schon aus dem Vorgängerband „Lulu in der Mitte“ des Künstlerinnen-Duos bekannt, in dem die Rolle von Leonors älterer Schwester Lulu als Sandwichkind thematisiert wird.

Nun steht die Beziehung zwischen dem kleinen Mädchen und ihrer Oma im Mittelpunkt. Und wie aus dem Zitat deutlich wird, ist das Thema kein behagliches – es geht um den Tod und das Abschiednehmen von einem geliebten Menschen. Für die beteiligten erwachsenen Figuren kommen diesbezüglich zwei unterschiedliche Möglichkeiten in Frage: Verschweigen oder auf das Unvermeidliche vorbereiten. Welche für die Kinder angemessener oder geeigneter wäre, spielt dann aber keine Rolle. Denn die haben längst ihren eigenen Weg gefunden, um sich mit dem Sterben zu befassen. Und zwar bei der Gartenarbeit mit ihrer Mama.

Der Tod ist in der Bilderbuchlandschaft schon lange kein ­Tabu mehr. Aber es bedarf natürlich viel Feingefühls und Könnens, über dieses schwere Thema kindgerecht und ehrlich zu ­erzählen. ­Micha Friemel und Jacky Gleich ist das gelungen. Die Krankenhausszenen, in denen die besondere Beziehung zwischen Enkelin und Oma ihren Ausdruck findet, sind so berührend wie amüsant. Während Leonor als Piratin durch das Krankenzimmer hüpft und diesem Ort des bevorstehenden Endes Leben einhaucht, versucht ihre Oma ihre Ängste und Schmerzen vor ihr zu verbergen. Am Ende ist es dann Leonor, die ihrer Oma den schönen Gedanken mitgibt, dass es auch noch ein Leben nach dem Tod für sie gibt. Ob als Mahlzeit für die Würmer oder in den Liedern ihrer Enkelin. Und ihr damit ein Stück Angst nimmt.

Niedlich oder „schön“ sind Begriffe, die man den Figuren von Jacky Gleich nicht zuschreiben kann. Mit frechem, energischem Strich und unförmigen Körpern setzt die Illustratorin die Familie in Szene. Aber gerade das macht das Temperament und den Charme der ­Figuren aus, deren Mimik so viel Freundlichkeit ausstrahlt.

Dieses Bilderbuch erzählt anschaulich und feinfühlig vom Kreislauf des Lebens. Von Leonor, noch am Beginn stehend, und ihre Sicht auf den Tod: als Anfang von etwas Neuem. Und von ihrer Oma, die ängstlich in ihre nahe Zukunft blickt. Der Abschied jedoch fällt beiden gleich schwer.

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