Plädoyer für Toleranz und Offenheit
Der Lektorix für März 2020 geht an: Der Katze ist es ganz egal.
Der Lektorix für März 2020 geht an: Der Katze ist es ganz egal.
Zu dick, zu dünn, zu behaart, zu klein, … es gibt viele Gründe, sich im eigenen Körper unwohl zu fühlen. Auch Leo, der Held dieser Geschichte, ist mit seinem Körper nicht glücklich, sein Problem lässt sich jedoch nicht mit einer Diät oder einem Waxing-Termin lösen. „Ich bin ein Mädchen mit einem Penis“, erklärt er. Kein Wunder also, dass Leo eines Morgens aufwacht und einen neuen Namen hat: Jennifer. Jennifer ist Leo ziemlich ähnlich, aber seine Haare, die zu kurz für Zöpfe sind, und die fehlenden bunten Kleider in seinem Kleiderschrank machen sie traurig und wütend. Während Leos Familie mit Jennifer keine große Freude hat, sind seine Freunde und Schulkollegen überraschend offen und einfühlsam.
Zu Hause hingegen versteckt Leo Jennifer, er will niemanden verletzen oder verärgern. Bewegung kommt in die Sache, als Leo/Jennifer eines morgens in der Schule im Mädchenklo auf die rebellische Stella trifft. Mit Stella hat Jennifer genau die richtige Person gefunden, um auszubrechen und sichtbar zu werden. Witzig und rührend Gemeinsam schwänzen sie die Schule und passen Jennifers Äußeres an ihr Inneres an – von Kopf bis Fuß wird sie neu gestylt. Am Ende des gemeinsamen Ausflugs in die Stadt plagt Jennifer allerdings ein schlechtes Gewissen, sie traut sich nicht, ihren Eltern gegenüberzutreten. Dass es dann nicht mehr nötig ist, Jennifers Eltern das komplexe Problem verständlich zu machen, weil die inzwischen selbst weitergedacht haben, ist eine schöne Schlusswendung. Mit „Der Katze ist es ganz egal“ ist der Autorin, die bereits ihr Debüt „In den Wald“ unter dem Pseudonym Franz Orghandel veröffentlichte, nicht nur eine witzige und rührende Geschichte mit charmanten Charakteren gelungen, sondern auch eine wichtige.
Ein unaufgeregtes Plädoyer für Toleranz und Offenheit, das hoffentlich manche Vorurteile ins Wanken bringt. Die lebhaften Zeichnungen der Trickfilmmacherin Theresa Strozyk unterstützen den Humor des Textes. Zwar lassen schon markante Wahrzeichen in der ersten Illustration erkennen, wo diese Geschichte angesiedelt ist, eine Tafel mit folgender Warnung für die Leserschaft macht alles klar: „Achtung, diese Geschichte spielt in Wien!“ Für deutsche Leser sind also Sprachbarrieren zu überwinden. Der Leipziger Klett Verlag hat das Österreichische im Text belassen, das damit verbundene Problem aber geschickt gelöst. Die anschauliche Übersetzung der Dialektwörter ist Teil der Bebilderung. Wie schön, dass am Ende nicht nur die sprachlichen Hindernisse zwischen Autorin und Leserschaft, sondern auch die entstandene Distanz zwischen Jennifer und ihren Eltern überwunden sind.
Buchpreis von FURCHE, Stube und Institut für Jugendliteratur