Sherlock Holmes – Das letzte Problem“ von Arthur Conan Doyle - © Sherlock Holmes – Das letzte Problem“ von illustriert von Hannes Binder; © 2022 NordSüd Verlag AG, Zürich/ SchweizConan Doyle,

­Sherlock Holmes als Held einer Graphic Novel

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Lektorix des Monats: "Sherlock Holmes: Das letzte Problem" von Hannes ­Binder.

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Lektorix des Monats: "Sherlock Holmes: Das letzte Problem" von Hannes ­Binder.

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„Killed Holmes“ vermerkt der britische Schriftsteller Arthur Conan Doyle im Dezember 1893 in seinem Tagebuch. Denn es war geplant, dass „The Final Problem“ seine erfolgreiche Kurzgeschichten-Serie beschließen sollte.

Als Handlungsort für das Ende des analytisch Hochbegabten wählte Doyle ­einen weit von der Londoner Baker Street 221b entfernten und davon deutlich unterschiedenen Ort: die Reichenbachfälle nahe Meiringen in der Schweiz.

Zum Chronisten des Geschehens wird einmal mehr Dr. Watson. Als Gewährsmann schildert er retrospektiv jene Ereignisse, die sich der „endgültigen Klärung der Fragen widmen“, die zwischen Sherlock Holmes und seiner dunklen Alter-Ego-Figur ­Moriarty stehen. Dessen perfides Spiel hat zu zunehmender Diskreditierung des Ermittler-Stars geführt. Die finale Konfrontation der beiden muss also den tiefen Fall von Sherlock Holmes im Raum zeichenhaft spiegeln und sichtbar in die psychischen Abgründe Moriartys führen: Bei Hannes Binder findet das letzte Problem seine illustratorische Entsprechung im letzten Schrei, der – deckungsgleich zum Schlund der Schlucht –ins Bild gesetzt wird.

Denn nicht der Plot selbst rückt hier in den Fokus, sondern dessen Neu-Inszenierung als illustrierte Erzählung, die mit Bild-Mitteln der Graphic Novel arbeitet. Der Text wird auf ein notwendiges ­Minimum gekürzt und zum Stichwortgeber von Bildseiten und Bild-Panels, die je Doppelseite ganz unterschiedlich im Erzählraum angeordnet werden. Ausschnitthaft und assoziativ rücken die Bilder an die Ereignisse heran und spiegeln die mehrfach ineinandergreifenden Täuschungen, die von Moriarty gleichermaßen wie von Sherlock Holmes selbst ­ausgehen.

Hannes Binder ist einer der renommiertesten Künstler der Schweiz. Er nutzt eine sogenannte Schabetechnik, bei der Farbe auf einen Karton aufgetragen und die eigentliche Bildwelt im Negativeffekt herausgekratzt wird. Die expressive Bildwirkung resultiert dieserart aus dem Hell-Dunkel-­Kontrast der Schraffierungen. Binder führt in eine immer beengendere Bergwelt ­hinein und folgt den Ereignissen durch optische Uneindeutigkeiten und Täuschungen. Er nutzt verwinkelte und verzerrte Räume, kontrastiert Zooms und Vogelperspektive gleichermaßen wie Bildfragmentierungen und Panoramen. Stets wird den Illustrationen damit die Unsicherheit eingeschrieben, wem nun eigentlich die ­Regie der ­Ereignisse obliegt. Dem Erzähler? ­Moriarty? Oder doch zum (vermeintlich) letzten Mal ­Sherlock Holmes?

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