„Deutsch ist immer noch ein paar Meere von mir entfernt.“ Der Umzug von Irland, wo sie als Tochter eines deutsch-irischen Ehepaares aufgewachsen ist, in das trostlose Heimatdorf der Mutter trifft Ich-Erzählerin Emma zwar nicht so hart wie ihre kleine Schwester Aoife, die gänzlich zu sprechen aufhört, aber wohl fühlt sie sich nicht. Als von außen kommend, erlebt Emma die Trostlosigkeit und Verlassenheit dieser Gegend mitten in dem am dünnsten besiedelten deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern besonders drastisch.
In einer Buchproduktion, in der aus Anlass von 30 Jahren Mauerfall sehr viele Bücher zum Thema DDR und Wende erschienen sind, gestaltet Susan Kreller, selbst in der DDR geboren, einen angenehm unaufgeregten und ganz der Perspektive ihrer jugendlichen Hauptfigur geschuldeten Blick auf den Alltag in einem „neuen Bundesland“. Ihr Klassenkollege Levin bringt es trocken auf den Punkt: „Ihr habt da übrigens irgendwas falsch verstanden. Man zieht nicht in diese Gegend, niemand macht das. Wenn überhaupt, zieht man hier weg.“
Sprache stiftet Identität
Emma hat eigentlich immer geglaubt, gut Deutsch zu sprechen, stößt aber nun auf zahlreiche Worte und Redensarten, die sie nicht einzuordnen weiß – so rutschen ihr immer wieder irische Wendungen heraus, die sie dann mühsam zu übersetzen versucht. Sprache ist für sie nicht nur ein Werkzeug zur Kommunikation, sondern wesentlich für ihre Identität. Darüber hinaus wird mit genauem Blick geschildert,wie das Gefühl von Zuhause auch über scheinbar banale Alltäglichkeiten entsteht: So kann sich die Schwester unendlich darüber ereifern, warum an deutschenTeebeuteln sinnlose Bändchen hängen. Selbst das Meer kann Emma nicht trösten, denn die Ostsee ist nun mal nicht der Atlantik. Bis ihr Levin, der es selbst nicht leicht hat, Hilfe beim Schmieden eines Planes für eine Rückkehr auf eigene Faust anbietet ...
Die titelgebenden elektrischen Fische können Strom erzeugen und sich auf diesem Wege unter Wasser verständigen, angeblich sogar richtige Gespräche führen. Das wiederum ist den Figuren in diesem wunderbar erzählten Text nur schwer beziehungsweise auf ungewöhnliche Art möglich: Aoife kommuniziert paradoxerweise, indem sie das Sprechen komplett verweigert. Levin und Emma hingegen sprechen zwar nur wenig miteinander, verstehen einander aber trotzdem auf eine sehr innige Art – letztlich sind er es und die Verbindung zu ihm, die das Bleiben für Emma vielleicht doch erträglich machen.
Buchpreis von FURCHE, Stube und Institut für Jugendliteratur