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Digital In Arbeit

Und wo ist der Hauptbahnhof?

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Der Laptop-Besitzer fährt im Anflug auf das Zentrum einer fremden Stadt einfach an den Randstein, klappt den Computer auf, schiebt die CD-ROM hinein, schaut auf eine Straßentafel, tippt den Straßennamen ein und läßt sich den besten Weg zu seinem Kunden oder seinem Hotel anzeigen. Und wenn er einen Drucker mithat, auch ausdrucken. Das ist gewiß eine preiswerte Alternative zu den GPS-Navigati-onssystemen, die dem Autofahrer jeden Abbiegevorgang ansagen und ihn per Kunststimme ans Ziel lotsen, aber vorerst sehr viel kosten und nur für wenige Städte zu haben sind.

Allerdings sind die Stadtpläne der Serie „Merian screen” des Verlages Gräfe und Unzer (Preis 389 Schilling) zwar ein interessanter Schritt zu diesem Ziel, aber noch nicht voll ausgereift. Sie sind gut für Leute, die eine Stadt halbwegs kennen. „Frisch-g' fangte” können sie anfangs zur Verzweiflung treiben. Wer sich nicht gründlich in die Bedienung vertieft hat und in Fankfurt den Weg vom Hauptbahnhof zum Messegelände oder in Berlin das Brandenburger Tor sucht (diese zwei CD-ROMs haben wir getestet), kann sich nur wundern. Die Straßenverzeichnisse des Stadtplans kennen keinen dieser Begriffe, auch keinen Bahnhofsplatz und keine Bahnhofstraße in Frankfurt selbst. Man findet sie unter „Vorbereitung/Suchen” oder „Stadtführer/Sehenswertes”, und kann sich daher auch den Weg zu diesen Zielen nur mit aufwendigen Tricks auf dem Plan anzeigen lassen. Beim Wechsel von Detail- zu Übersichtsplänen gehen einem die Ziele leicht verloren. Auch stört, daß die Hilfsfunktion nur jeweils für bestimmte Funktionen (Stadtplan, Planung, Stadtführer, Spezial) zur Verfügung steht. Eine integrierte Einführung und ein leichteres Hin und Her zwischen den Funktionen wären wünschenswert. Ebenso, daß man im Krätzel-Maßstab alle kleinen Straßen einblenden kann, statt daß man auf jede extra hinklicken muß.

Hat man ein, zwei Stunden Zeit und einiges Hirnschmalz investiert (was für ein ausgereiftes Programm einfach zuviel ist), lernt man die Möglichkeiten von Merian screen aber doch schätzen. Etwa, daß man den besten Weg von einem der im Straßenverzeichnis vorhandenen Orte zum anderen auch per Rad oder U- oder S-Bahn ausdrucken kann. Daß auf Wunsch Ban-komaten und Polizeiwachstuben, Taxistandplätze, Postämter, Tankstellen, Sehenswürdigkeiten, ja sogar Restaurants angezeigt werden, ist sehr angenehm. Diashow, Videos, Tourenvorschläge und Firmenwerbung mit Laden- und Hotelbildchen sind aber eher eine Zugabe, die wohl nur einen Teil der Benutzer intereressiert. Wenn die elektronischen Stadtpläne überarbeitet werden, wird es für den Computer-freak ein Vergnügen sein, sich mit Laptop und CD-ROM in fremden Städten zurechtzufinden. Und eines möglicherweise nahen Tages auch für alle anderen.

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