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Meg Mullins schrieb mit "Der Teppichhändler" ein wunderbar mögliches Märchen.

Als 2002, in einer Sammlung der besten amerikanischen Erzählungen des Jahres, die Kurzgeschichte, "The Rug" ("Der Teppich") erschien, war die Autorin Meg Mullins nur Insidern ein Begriff, als eine Meisterin der Kleinen Form. Die Welt rund um orientalische Wohnkultur und iranischtürkisches Leben ließ sie jedoch nicht mehr los. 2006 erscheint ihr erster Roman "Der Teppichhändler", ein Debüt, das Kritiker und Publikum begeistert und rasch übersetzt wird, eine überwältigend erzählte Liebesgeschichte, die Sehnsüchte, Hoffnung, leise Trauer und Neugier auf Fremdes weckt.

Überwältigend erzählt

Uschman kommt aus Täbris, Sohn eines Teppichfabrikanten, der eine seiner Teppichknüpferinnen, Farak, geheiratet hat. Nach einem verheerenden Erdbeben lässt er sich von seiner Frau überreden, nach Amerika zu gehen. Er gewinnt die begehrte Green Card - und sein Weg in die Fremde beginnt. Farak schickt edle Ware, aber sie selbst will nicht kommen. Langsam dämmert dem sehnsüchtigen Uschman, dass seine Ehe zu Ende ist, dass er keinen Platz in der Zukunft Faraks hat.

New York präsentiert sich wie ein Theater voller distanzierter Akteure. Uschman versteht nicht jede Szene, aber er versucht, seiner trostlosen Einsamkeit etwas abzugewinnen. Über den Teppichverkauf kommt er in Kontakt mit betuchten New Yorkern. Eine Klientin, Mrs. Roberts, scheint ihn als ebensolchen Exoten zu betrachten wie er die Bewohner seiner neuen Heimat. Eine sehr vorsichtige Annäherung beginnt, indem jeder die klischeereichen Vorurteile des anderen zunächst bedient.

Noch ist Uschman voller Hoffnung, Farak zurückzugewinnen. Die Sehnsucht lässt sich für ihn nur ertragen, indem er die Wochenenden am Flughafen verbringt, die Halle ist Bühnenbild für seine Tagträume. In dieser schmerzenden Trauer lernt Uschman eine amerikanische Studentin, Stella, kennen. Nichts haben sie gemeinsam, zwei fremde Kulturen, zwei Generationen prallen aufeinander.

Stella, naiv und weltoffen, will endlich ihre Jungfräulichkeit loswerden. Uschman, der altersmäßig fast ihr Vater sein könnte, kommt aus einer Welt der arrangierten Ehen, streng geregelten Umgangs mit Frauen. Nichts scheint zu passen. Und doch entsteht Hinwendung und Begehren aus diesem zufälligen Treffen, aus der Bereitschaft, dem anderen zuzuhören. Dass die Liebe schließlich anders gelebt wird und der Schluss eine unerwartete Variante bereithält, steigert die Qualität der Geschichte.

Ohne Kitsch

Meg Mullins gelingt das Kunststück, beide Kulturen gleichwertig zu präsentieren und allen Figuren gerecht zu werden. Sie greift nur wenige Personen aus Uschmans Umfeld heraus und baut mit ihnen diesen berührenden Roman, der ganz ohne Pathos, ohne Kitsch auskommt. Die Autorin erzählt, dass ein Miteinander nur möglich ist, wenn Empathie auf beiden Seiten vorhanden ist, es weniger um Dokumente und abrufbares Wissen als um den Willen geht, einander tröstende Nachbarn sein zu wollen.

In einer klaren, sehr zurückgenommenen Sprache werden sowohl amerikanisches als auch orientalisches Denken dargestellt, die Komik mancher Gegensätzlichkeiten verstärkt überzeugend irrationale Szenen der gefühlten Isolation. Die Übersetzerin Christiane Buchner hat recht erfolgreich versucht, eng beim Original zu bleiben, die Farbigkeit trotz der schlichten Dichte aus dem Amerikanischen ins Deutsche hinüber zu retten.

Der Teppichhändler

Roman von Meg Mullins

Aus dem Amerikan. von Christiane Buchner

Berlin Verlag, Berlin 2006

255 Seiten, geb., e 18,50

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