7113274-1996_05_22.jpg
Digital In Arbeit

Lust auf Abenteuer

Werbung
Werbung
Werbung

Heuer werden zwei Millionen Österreicher sicher einen Urlaub machen.Weitere 1,3 Millionen sind noch unschlüssig. Das ergab eine Umfrage des Fessel + GfK Instituts, im Auftrag des Wirtschaftsministeriums, im Dezember des Vorjahres. Somit planen alles in allem über drei Millionen Österreicher für „die schönste Zeit des Jahres". Das große Interesse auf der Internationalen Touristikmesse „Ferien '96" am vergangenen Wochenende in Wien war daher so gut wie sicher.

Die Hauptattraktion der Touristikmesse war die Erlebnishalle. Dort konnten Wagemutige gleich selbst aktiv werden, etwa beim Acro-Bungee, bei dem man fast sieben Meter hoch springt. Oder beim Bezwingen der senkrechten Kletterwand.

Im Trend, so die Veranstalter, liege der Wunsch nach außergewöhnlichen Urlaubserlebnissen. Ob mit dem Fahrrad durch China, Trekking mit Yaks zum Mount Everest, Kanuwandern in Kanada, Safari-Tours durch die Mongolei, Piranha-Fischen am Amazonas oder Bafting, Paragleiten und Bungee-Jumping in heimischen Gefielden, das Abenteuer lockt. Warum?

Werner Brosch, Oberarzt an der Niederösterreichischen Landesner-venklinik Gugging, erklärt den Trend zum Nervenkitzel so: „Die Sehnsucht nach dem Abenteuer als Wagnis und wunderbares Erlebnis liegt in der Spannung zwischen zwei prinzipiellen menschlichen Bestrebungen: einerseits dem Wunsch nach Sicherheit und Unversehrtheit und andererseits dem Bedürfnis nach Neuem, Unbekanntem, Riskantem. Dazu kommt die Un-zukömmlichkeit der Umwelt in zweifacher Hinsicht: sie kann entweder über- oder unterfordern, zu feindlich, aber auch zu freundlich sein". Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet ein „Abenteuer"-Ur-laub. Er kommt der Sehnsucht nach Gefahr entgegen, ohne daß tatsächlich sehr viel riskiert werden müßte. Die Reiseleitung spannt ein „Sicherheitsnetz" mit fachgerechter Ausrüstung und den erforderlichen Kenntnissen. Das Entscheidende an der Sache jedoch ist für den Psychiater und Neurologen die geringere Selbstentfremdung in der Tätigkeit. „In dem einfachen, archaischen Tun gelingt es selbst dem modernen Menschen Taten zu setzen und Werte zu erleben, die sein Eingebetttetsein in die Natur demonstrieren und spürbar werden lassen" . Im Gruppenerlebnis, in der Notwendigkeit sich aufeinander zu verlassen, kann zudem die moderne Vereinsamung überwunden werden.

Eine Gefahr zu bewältigen bewirkt aber auch körperlich und seelisch spürbare Veränderungen: Die Aufmerksamkeit ist größer, die Spannkraft gesteigert, die Pupillen geweitet, das Herz schlägt schneller, die Muskulatur wird besser durchblutet, der Körper wird wärmer, schwitzt und der Adrenalinspiegel steigt. All das kann ein rauschhaftes Erlebnis von Leichtigkeit und Grenzenlosigkeit auslösen. Es ist der „Kick", wonach man süchtig werden kann!

„Vor dem Hintergrund zivilisationsbedingter Über- und Unterforderung kann ein Abenteuerurlaub daher zu einer individuell angemessenen, lustvollen, energetisierenden und damit entspannenden Herausforderung werden", erklärt Werner Brosch die Lust aufs Abenteuer.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung