6650365-1958_49_15.jpg
Digital In Arbeit

Lustspiele wie im Sommer

Werbung
Werbung
Werbung

Glückliche Zeiten“ von Samuel Taylor, nach einer Prosaerzählung von Robert Fontaine, in der J o s e f s t a d t, gehört in das Genre jener Stücke, die meist für die Hochsommertage von den privaten Bühnen gewählt werden, um eben zu übersommern. Die staatlichen Bühnen haben es da besser: sie schließen einfach. Nun macht uns ein gewiegter Theaterfachmann darauf aufmerksam, daß solche Sommerspiele auch für die Weihnachtszeit passen, kommerziell, da zu den „Feiertagen“ eben vielerlei Publikum mit Anverwandten von nah und fern, der Unterhaltung halber, das Theater besuche. Das uns hier vorgespielte Stück ist uns in seinem Humor unzugänglich; es bezieht diesen aus dem hier als komisch aufgefaßten Gegensatz zwischen den französischen und englischen Kanadiern. Sein Versuch, in ernste Probleme auszugleiten, wirkt manchmal kindisch, manchmal geschmacklos, da das gewählte Thema, die Pubertät, sich in dieser Form gewiß nicht für das Lustspiel eignet, wenn überhaupt . . Der „Inhalt“ darf in Kürze notiert werden: Eine Familie von französischen Kanadiern, deren vier Männer, drei Brüder und der Papa, sich sehr viel auf ihren Charme und ihre Frauenfreundlichkeit zugute tun, kracht freundlich und anstößig mit ihrer etwas puritanischen englisch-kanadischen Umwelt zusammen. Wobei als stete Versöhnung Frau Vilma Degischer als schottische Gattin des mittleren Bruders (Leopold Rudolf) sich zur Verfügung stellt. Neben Frau Degischer verdienen vor allem die Männerrollen Beachtung: Anton Edthofer, Guido Wieland, Heribert Aichinger, Wolfgang Hebenstreit und, ein Kabinettstück, Otto Schenk. Eine Schlüsselfigur des Spiels fällt dem Knaben Ossy Wanka zu, dessen „Frühlingserwachen“ fast das Hauptthema des Stückes ist. Dieser junge Mann spielt vorzüglich, er wirkt nur einfach, erscheinungsmäßig, als viel zu jung für diese heikle Rolle. Franz Reichert führt Regie. Sanfter Beifall.

Friedrich Heer

Wer — sei es deshalb, weil er unter dem Niveau der Bürgersteige Ambition vermutet oder sei es darum, weil zu erwarten wäre, daß die Theaterleute im Souterrain zumindest aus Vernunftgründen die Bescheidenheit ihrer Darbietungen mit einem interessanten Spielplan wettzumachen trachten — an den Kellerbühnen jene Art von Stücken sucht, die ihm anderswo nicht geboten werden, der hat am Theater am Parkring keine allzu große Freude: das dfeiaktige Lustspiel „B u m e r a n g“

(von Karin Jacobson) gehört nicht nur zu den durchschnittlichsten, banalsten Unterhaltungsstücken, es ist auch langweilig und ideenarm. Tino Schubert, Beatrice Ferolli, Helen Eckhart, Carl Heinz Friese und Helen Arcon tun mit wechselvollem Erfolg ihr Bestes, um zweieinhalb, kaum zu bewältigende Stunden alter und ältester und seichtester Theaterwitze mit nicht um vieles jüngeren Gags zu retuschieren, sie tun aber weder sich noch den anderen etwas Gutes. Dieses Lustspiel um die Nöte und Wehwehchen eines aufgeklärten Ehepaares, das sich auf dem laufenden Band Fehltritte verzeiht, um mit Ach und Krach das langersehnte Happy-End herbeizuführen, ist und bleibt ein „Bumerang“, der ganz entschieden auf die Veranstalter zurückschlägt, Aber das Publikum ist der Leidtragende.

Einen besseren, doch auch nicht viel nachhaltigeren -Eindruck hinterläßt ein Theaterabend im „Experiment“, im Kleinen Theater am Lichten-werd: Hier ist jugendlicher (und auch nicht mehr ganz jugendlicher) Enthusiasmus am Werke, hier versucht man ehrlich und mit erfreulichem Bemühen Neues, Sehenswertes zu bieten — das sich aber dann, wenn man Erinnerungen wachruft, als bereits Gesehenes, vor zwölf Jahren am Burgtheater Dargebotenes entpuppt. Freilich braucht man wohl auch eine Weile, um diese zarte, behutsam romantische, poetische „U n d i n e“ von Jean Giraudoux zu erkennen. Der Regisseur Fred Schaffer verbirgt den so überaus reizvollen Zauber des Stückes mit viel Geschick. Hedwig Trottmann, Karl Mittner, Peter Assen, Raimund Kucher und andere helfen ihm dabei.

Fern vom Keller, fern von enttäuschten literarischen Erwartungen, zu ebener Erd' des Nachmittags-tkeaters für die Jugend sehen wir auf der Renaissance-Bühne ein wohlgeratenes „Experiment“ — oder sagen wir: den geglückten Versuch eines Experiments mit Ferdinand Raimunds „Bauer als M i 11 i o n ä r“. In der Inszenierung von Otto A m b r o s sind Oskar Wegrostek, Karl Böhm, Robert Werner, Wolfgang Gasser, Marianne Schönauer, Christi Erber, Gertrud Helmer, Carl Heinz Friese, Ernst Nadherny, Herbert Kersten und viele andere freundliche Figuren eines schlichten, von allem später Hinzugefügten gesäuberten, ursprünglichnatürlichen romantischen Zaubermärchens. So ungefähr, auf solche naiv-bunte volkstümliche Art, dürfte man den „Bauer als Millionär“ zu Raimunds Zeiten, zu Biedermeiers Zeiten, wohl gespielt haben: in der Vorstadt, an der Wiege des wienerischen Theaters.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung