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Schritte durch Möglichkeiten, Sehnsüchte und Tränen, Glück und Verletzung. Dass Gefühlskonzentrate und das reflexive Einsinken in das Phänomen der Zeit inhaltlich seit jeher auch eine besondere Sache der Lyrik sind, lässt sich nicht leugnen. Wenn Robert Streibel in seinem ersten Gedichtband gerne an Schnittstellen emotionaler Tangenten verweilt und das Räderwerk der Zeit in seine Texte legt, so folgt er gewissermaßen einer Tradition. Streibel schweift viel in Seelengegenden umher, verrührt das Herz tränenfein zu "Sonnenglanzbegräbnis" und heller "Tautropfenmusik". Dabei bleiben allzu Gefühliges und Dramatisches, wie das "große Gefängnis Leben", nicht ausgespart, selbst wenn wahr sein kann, dass "Orangenblütenduft" die Liebe legiert oder das raue Gestein "im Morgengrauen heiße Tränen der Rührung weint". Das lyrische Ich stolpert durch emotionale Ruinen und Halden und hinterlässt eine kratzende Ahnung von den Bränden einer Seele. Neben melancholischen Beobachtungen, in denen sich das Gefühl des Ausgeliefertseins einschleicht, gibt es aber auch erkenntnishellende Augenblicke. In einer Teeszene bleibt die "Erbschuld" eines Halbariers unauslöschbar "als Bodensatz" zurück, andernorts mutieren "Steine der Vergangenheit" zum "Wellenbrecher für die Windstille verschluckter Tränen". Am authentischsten schreibt Streibel dann, wenn er die Geschichte tangiert und den Blick zurückwirft in schlecht vernarbte Schichten des historischen Gedächtnisses. Hier ist die Bewältigung Reflexion, wie im Gedicht "Arbeit", wo es heißt: "Ich gehe zum Strand, / als würde ich zur Arbeit laufen. / Ich schwimme und suche / Steine mit Löchern. / Pünktlich bin ich zurück / für die Reise nach Auschwitz, / oder nur bereit für einen Waggon / mit unbestimmtem Ziel. / Die schlechten Träume / brauchen keinen Fahrplan, / sie tropfen pünktlich mit dem Jasmin." Der Diskurs mit dem Durchlöcherten und Angetauten erzwingt, dass sie weitertropfen.

Sieben Schritte in den Raum

Gedichte von Robert Streibel. ed. selene, Wien 2003. 76 Seiten, geb., e 15,40

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