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Märchen, Schwank, Salonstück

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Entweder war die Inszenierung (Edwin Zbonek) auf der Miniaturbühne im Kleinen Theater der Josefstadt im Konzerthaus des Märchens „Himmelwärts von ödön von Horvath unzulänglich oder es handelt sich um ein schwächeres Stück des Autors der unvergessenen (leider viel zu selten gespielten) „Geschichten aus dem Wienerwald, von „Kasimir und Karoline und „Der Jüngste Tag. Anscheinend trifft beides zu. Horvaths Stimme, geformt aus Pessimismus, sarkastischem Idealismus und dem Glauben an eine bessere Zukunft, verdient gehört zu werden. Sie verkündete Menschlichkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit, was zwischen 1933 und 1938 durchaus nicht gern gehört wurde. Das Märchenspiel zwischen Himmel, Erde und Hölle, in dem eine junge Sängerin um des Ruhmes willen einen Pakt mit dem Teufel schließt, während sich ihre brave Mutter im Himmel um sie sorgt und der versoffene Vater im Fegefeuer schmort, verlangt die Simultanbühne mit dien drei übereinander-oder zumindest nebeneinainderlie-genden Schauplätzen. Im Konzerthauskeller zerstückelt die lächerlich winzige Drehbühne immer wieder die volkstümliche Märchenpoesie, gewoben aus Humor, Ironie, Mitleid und Bitterkeit. Der Teufel (Fritz Muliar), Erich Nikowitz (Petrus), Lotte Lang als rührselige Mutter und die Rand- und Nebenfiguren halten sich mehr an das Kabarettistische in dieser leichthin skizzierten Bilderfolge, und die Heurigenmusik unterstreicht das allzu Gemütliche. Nur Luzie Neudecker als Sängerin Luise und Alfred Böhm als leicht verkommener Hilfsregisseur und Aushilfskellner spielen das österreichische, das Wienerische in seiner unsentimentalen Abart — und damit im Horvathschen Sinne. Es gab kräftigen Beifall am Schluß.

Der spanische Dramatiker Alfonso Paso verkehrte das Thema „Romeo und Julia, läßt die Jugend streng und sachlich zueinander stehen, die Eltern dagegen Hals über Kopf ineinander verlieben. Das ergab „Schöne Geschichten mit Papa und Mama, ein an sich ganz origineller Grundeinfall, der ganz gut eine Komödie getragen hätte, vom Autor jedoch ins Schwankhafte versetzt wurde. Regisseur Hans Hollmann tat in den Kammerspielen überdies des Guten zuviel, so daß der Schwank szenenlang zur übertriebenen Posse gerät. Aber da gibt es den ersten Akt, in dem Erich Frey und Vilma Degischer zwei hypochondrische „Zwiderwurzen im Wartezimmer eines Arztes spielen und mit ihrer entfesselten unwiderstehlichen Komödiantik wahre Lachstürme hervorrufen. Um ihretwillen sind Stück und Aufführung (trotz mancher Einwände) sehenswert. Das gutgelaunte Publikum applaudierte heftig.

Lassen sich die Stücke des Thesendramatikers Georg Kaiser heute noch spielen? Ist seine so eigentümliche, abgehackte und dynamische Sprache, die dem Schauspieler manchmal Pein bereitet, für uns noch erträglich? Die Inszenierung seiner Salonkomödie „Hellseherei durch Oskar Willner für Aufführungen des Volkstheaters in den Außenbezirken gibt keine schlüssige Antwort auf obige Fragen. Die Geschichte von dem Hellseher, der einen verlorenen Ring — Symbol der Liebe und Treue — wiederfindet und dadurch fast das Glück eines Ehepaares gefährdet, wirkt doch zu konstruiert, als daß sie ein Publikum von heute fesseln könnte. Gudrun Erfurth als Gattin und Fritz Widhalm-Windegg als unerbittlicher Hellseher mühten sich mit mehr, Christine Buchegger und Rudolf Strobl mit minderem Erfolg um ihre Rollen. Nicht sehr überzeugender Applaus.

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