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Buch-Reisen in Geschichte und Gegenwart des Mittelmeeres.

Wasser, Sonne und Meer, Sandstrände und Felsenküsten, laute, bunte Märkte und dabei noch so manches historische Gustostückerl für Geschichts- und Kunstinteressierte - so lockt das Mittelmeer Jahr für Jahr Scharen von Sonnen- und/oder Kulturhungrigen in den Urlaub ...

Nicht um die zahlreichen Angebote von All-inclusive-Hotels und Ferienclubs geht es David Abulafia in seinem Buch über das Mittelmeer, aber durchaus auch um die Expansion der mediterranen Küche in das nördliche Europa, um einen Trend, der nämlich mit diesen Urlaubsaufenthalten zusammenhängt, um Zusammenhänge also, um Beziehungen, um "Wanderungen" heute und vor Jahrhunderten, um die kulturell mehr als spannende Geschichte des Mittelmeers.

Unser Meer

"Großes Meer" nannten es die Rabbis der Antike in der Segensformel, die Juden aufsagten, wenn sie sich auf Meer wagten. Die Römer nannten es auch "mare nostrum", unser Meer - im Grunde war es lange der Mittelpunkt der Welt und die Säulen des Herkules bei Gibraltar galten bekanntlich lange Zeit als Ende derselben.

Das Mittelmeer sei eine Welt in Miniatur, behauptet David Abulafia, Professor für mediterrane Geschichte an der Universität Cambridge, und er kann das allein durch den Verweis auf die geografische Vielfalt plausibel machen. Vor allem erstaunt aber die Buntheit der Völker, Kulturen und Religionen, die aufgrund der geografischen Nähe - ein Zusammentreffen oder -stoßen war aufgrund der vielen Inseln besonders leicht-, einerseits gute Nachbarschaft pflegen, andererseits auch permanent in Konfrontation stehen konnten. Ägypter, Minoer, Mykener, Griechen, Etrusker, Römer ... prägten den Mittelmeerraum; Juden, Christen, Muslims - am Mittelmeer stießen sie aufeinander.

Eroberungen und Handel sorgten nicht nur für einen Austausch von Waren, sondern besonders von Gedanken und Ideen. Die arabischen Eroberer brachten etwa Zitronen, Zucker und Marzipan auf die Iberische Halbinsel, von wo aus sie weiter nach Europa vordrangen. Sie führten Nahrungsmittel aus Persien oder Indien ein, wie Auberginen, Spinat und Reis. Bewässerungstechnik aus dem Jemen ließ schließlich die Orangenhaine rund um Córdoba erblühen.

Philosophien und Religionen wanderten durch den Mittelmeerraum, auch aufgrund von Vertreibungen wie etwa jener der Juden aus Spanien oder - bis in die Gegenwart reicht Abulafias Blick - heute der Migranten aus Afrika.

Das Buch über den Nistplatz der griechischen und römischen Antike und der italienischen Renaissance, den Schauplatz weitreichender politischer Machtkämpfe und bedeutender Wirtschaftsimperien erzählt Geschichte als Geschichte der Wechselbeziehungen. Nach einem sehr differenzierten und auf die unterschiedlichen historischen Theorien eingehenden Vorwort des Herausgebers folgen die Beiträge, die sich chronologisch dem Beziehungsgeflecht Mittelmeerraum annähern, beginnend bei den frühen Handelsreichen über die Schlacht um die Seewege, über Entstehung und Zerfall der mediterranen Welt, das christliche Mittelmeer, den erstarkenden Islam, das Mittelmeer als Schlachtfeld der europäischen Mächte, bis Abulafia schließlich das "globalisierte" Mittelmeer in den Blick nimmt.

Abulafis "Mittelmeer" ist trotz Sachwissen und der Menge an Information ein schön aufbereitetes Buch, mit ausgezeichnetem historischen Bildmaterial und ausführlicher Bibliografie und Bildnachweisen im Anhang.

Odyssee

Dem Mittelmeer auf andere, eher spielerische Art nähern sich die Fotografien von Achill Moser. Kaum eine literarische Gestalt ist wohl dermaßen mit dem Mittelmeer verbunden wie Odysseus. Seit Jahrtausenden beschäftigt die Geschichte, vor allem die konkrete Reiseroute des Odysseus Forscher und Abenteurer, die in diversen Theorien versuchen, die Odyssee geografisch zu verorten. Achill Moser hat, ungeachtet der vielen plausiblen und weniger plausiblen Theorien, seine eigene Odysseus-Route bestimmt und mit seinem Fotoapparat Insel um Insel besucht.

Seine Impressionen sind in seinem Bildband "Auf Odysseus' Spuren" festgehalten: die Fotos, die ins Mittelmeer locken und den besten Klischees entsprechen (weiße Häuser, blaue Dächer, bunte Märkte, untergehende Sonne, Küstenstädte, Hafenanlagen, Tempelsäulen, Sandstrand ...), schmecken viel mehr nach Urlaub als nach Odyssee.

Mittelmeer

Kultur und Geschichte

Texte v. David Abulafia, Oliver Rackham. Marlene Suano u. a.

Hg. v. David Abulafia

Belser Verlag, Stuttgart 2003

320 Seiten m. zahlr. Abb., geb., e 51,30

Auf Odysseus' Spuren

Eine abenteuerliche Entdeckungsreise im Mittelmeer

Von Achill Moser

Bruckmann Verlag, München 2004

141 Seiten, m. Abb., geb., e 32,90

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