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Mario Vargas Llosa bestellt einen Apfelstrudel

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Mario Vargas Llosa war kürzlich inoffiziell in Salzburg. Mit Klaus Werner plauderte er über ein neues Buchprojekt, über Österreichs Innenpolitik und seine alte Heimat Peru. „Im Pirandelli” wolle er sich mit mir treffen, diesem wunderbaren Cafe in dieser wunderschönen Stadt. Etwas verspätet kam er ins Tomaselli. Er sei noch bei der Auslage einer Buchhandlung hängengeblieben. Bücher sind für den Peruaner, der aus Protest gegen das Begime des Staatspräsidenten Alberto Fujimori seine Staatsbürgerschaft zurückgelegt hat, dieWelt. Er war mit einem liberalen Wirtschaftsprogramm gegen Fujimori angetreten und unterlag in einem populistischen Wahlkampf. Sein Kontrahent konnte mit einem radikalen und opferreichen Schockprogramm den peruanischen Staatshaushalt zum Teil sanieren und riß schließlich durch die fast gänzliche Ausschaltung des Parlaments die Macht im schwer krisengeschüttelten Land an sich.

Der in London lebende Schriftsteller, mittlerweile spanischer Staatsbürger und Mitglied der königlich spanischen Akademie, ist daheim Persona non grata: „Ich gelte dort als Staatsverräter”. Große Teile seiner Privatbibliothek blieben in Lima zurück. Die letzte Perureise galt dem Begräbnis seiner Mutter. Die innige Beziehung zu ihr beschreibt er in seiner Autobiographie „Der Fisch im Wasser”. Der homo politicus beklagt sein Scheitern als Präsidentschaftskandidat nicht wirklich: „Vor allem bin ich ein Intellektueller, der vorübergehend an der Politik angestreift ist. Mehr nicht.”

Allerdings war er schon als junger Student und Journalist für die Wiederzulassung der kommunistischen Partei eingetreten. Der Befürworter Fidel Castros und der kubanischen Bevolution wandte sich gegen Castro, als er sah, wie der „maximo lider” Künstler mundtot machte. Damit zog er sich den Unmut linker Weggefährten wie Günter Grass zu. Dafür soll Llosa den einstigen Freund Gabriel Garcia Märquez im politischen Disput mit einem Faustschlag niedergestreckt haben. Auch er warf Vargas

Llosa den Verrat an früheren Idealen vor.

Llosa trat zeitlebens gegen die Bevormundung des Individuums durch Ideologien ein und sah schließlich im Liberalismus die einzige Lösung für den unter Diktaturen und Scheindemokratien leidenden Kontinent. Mit einer radikalen Liberalisierung im Sinne des Thatcherismus wollte er das Land von Korruption, Terrorismus und Wirtschaftskrise befreien.

Heute meldet er sich regelmäßig in der spanischen Zeitung „El Pais” zu aktuellen Themen zu Wort. Er kommt auf Jörg Haider zu sprechen: „Die Feinde der Intellektuellen sind in der Geschichte immer die Feinde der Freiheit gewesen.” Als junger Journalist habe er in Frankreich über den Algerienkrieg berichtet und die unterlassene Integrationspolitik miterlebt, die den Nährboden für die sozialen Spannungen in den heutigen Hochburgen Le Pens gelegt habe.

Ein neues Buch habe er gerade beendet. Vorgenommen habe er sich, zwei Monate an einem Essay über den peruanischen Schriftsteller Arguedas zu arbeiten. Zwei Jahre und eine Abhandlung über die Erzählkunst der indianischen Andenvölker seien daraus geworden: „Ich glaube, es sind die Themen, die sich einen Schriftsteller aussuchen. Ich habe immer das Gefühl gehabt, daß es Geschichten gibt, die ich schreiben mußte, daß es keinen Weg gab, sie zu vermeiden.”

Nun wolle er wieder einen Boman schreiben: „Ich habe da mehrere Ideen, es geht darum, sie zu ordnen und niederzuschreiben. Eigentlich ist eine Geschichte in meinem Kopf bereits fertig, bevor ich sie aufschreibe.”

Seit einiger Zeit findet Vargas Llosa jährlich für ein paar Wochen in Österreich Buhe zum Schreiben: „Es gibt kaum Menschen, die mich hier erkennen. Ich kann völlig ungestört arbeiten.” Er verbringt die Tage am Fuschlsee und besucht abends mit seiner Frau Salzburg. Voller Bewunderung sei er für dieses Land, die Schönheit seiner Landschaften, die Buhe, die es ausstrahle. Und solche Kaffeehäuser hätte er gerne in London. Mit dieser Feststellung bestellt Mario Vargas Llosa einen Apfelstrudel.

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