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Metropole des guten Essens

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Ein Viertel aller Brüsseler sind Ausländer. Georg Karabaczek, stellvertretender österreichischer Handelsdelegierter in Belgien, gehört dazu.

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Ein Viertel aller Brüsseler sind Ausländer. Georg Karabaczek, stellvertretender österreichischer Handelsdelegierter in Belgien, gehört dazu.

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dieFurche: Sie sind jetzt seit zwei Jakren in Brüssel, wie lebt es sich hier am Brennpunkt Europas?

Georg Karabaczek: Auf den ersten Blick hat Brüssel kein einheitlich schönes Stadtbild wie zum Beispiel Wien oder Antwerpen. Es gibt auch praktisch kein geschlossenes Innenstadtzentrum mit Einkaufstraßen und Fußgängerzonen, wo man am Abend bummeln gehen kann. Das ist sicher ein großer Gegensatz zu Wien. Brüssel muß man entdecken. Es gibt wahnsinnig viele schöne Plätze, Häuser, Straßenzüge, Details. Die werden einem aber nur zugänglich, wenn man sich darauf einläßt.

Brüssel ist eine besonders kosmopolitische, offene, multikulturelle Stadt, die aber auch nicht zu groß ist, das heißt sie hat eine durchaus noch ideale Größe. Einerseits bietet Brüssel sehr viele Möglichkeiten für gesellschaftliche und kulturelle Veranstaltungen, andererseits ist man aber auch sehr schnell im Grünen. Der Freizeitwert ist also sehr hoch. Ein vor allem für Familien mit Kindern wirklich sehr angenehmer Punkt ist, daß Brüssel eine sehr kinderfreundliche Stadt ist, sowohl von der Bevölkerung als auch von den vielen Parks und Kinderspielplätzen gesehen. Ich habe selbst zwei Kinder im Vorschulalter und so machen wir von diesen Möglichkeiten regen Gebrauch. Das ist ein großer Pluspunkt.

Gleichzeitig ist Brüssel auch geographisch sehr zentral gelegen, sodaß man in kürzester Zeit wichtige europäische Zentren erreichen kann, wie Paris, Amsterdam, London, Rotterdam, Köln oder Luxemburg. Das alles befindet sich innerhalb kürzester Distanz, sodaß man auch übers Wochenende schnell einmal hinfahren kann. Brüssel hat den enormen Vorteil, daß es sehr zentral liegt.

dieFurche: Wie ist die allgemeine Lebensqualität in Brüssel?

Karabaczek: Angenehm zu erwähnen sind die längeren Öffnungszeiten. Im Gegensatz zu Wien kann man hier zu jeder Tages- und Nachtzeit einkaufen, was natürlich speziell wenn man Kinder hat, sehr angenehm ist, weil der ganze Einkaufsstreß wegfällt. Der Vorteil ist, daß man jederzeit frische Sachen kaufen kann. Brüssel hat den Ruf, die Metropole des guten Essens zu sein. Das stimmt sicher. Aber gutes Essen ist auch hier nicht gerade billig. Es gibt zwar eine große Auswahl an guten Restaurants mit gutem Essen, aber das hat eben auch seinen Preis. Von der Lebensqualität ist Brüssel jedenfalls mit Wien durchaus vergleichbar. Beide Städte haben ihren Reiz, beide haben ihre schönen Seiten. Brüssel ist sicher kosmopolitischer und offener, schon dadurch bedingt, daß rund 25 Prozent der Brüsseler Ausländer sind und von daher ist die Gesellschaft eine viel multikulturellere.

dieFurche: Gibt es auch Dinge, die Sie weniger schätzen in Brüssel ?

Karabaczek: Eher nicht so angenehm ist sicherlich das Wetter, das auch über längere Zeiten sehr trüb und regnerisch sein kann. Es ist im Winter zwar nicht so kalt wie in Wien, aber dafür wesentlich feuchter. Und das macht die Sache keineswegs angenehmer. Im Winter gibt's auch keinen Schnee, der das Herz erfreuen könnte. Und das merkt man dann auch bei den meisten Leuten, daß das Wetter die Stimmung drückt.

dieFurche: Glauben Sie, daß das schlechte Wetter Einfluß hat auf die Entscheidungsträger in der EU?

Karabaczek: Das glaube ich nicht, es sind ja nicht alle Menschen so wetterabhängig.

dieFurche: Ich habe Brüssel als Stau-Stadt kennengelernt, wie sind Ihre Erfahrungen bezüglich des Verkehrs?

Karabaczek: Das stimmt schon. Denn obwohl Brüssel eine für den Autoverkehr sehr gut ausgebaute Stadt ist, wird es doch immer problematischer, weil immer mehr Leute außerhalb Brüssels wohnen und mit dem Auto dann zur Arbeit pendeln.

Das nimmt ziemliche Dimensionen an und das wird in der nahen Zukunft sicherlich Probleme geben. Dazu kommt, daß der öffentliche Verkehr sicherlich nicht so gut ausgebaut ist wie in Wien. Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel wird einem hier nicht leicht gemacht.

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