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Mit den Stimmen der Völker

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FLÄMISCHE LYRIK. Gemeinsam mit Heinz Graef herausgegeben von J. L. De Beider und Jan Vercammen. — AFRIKAANS LYRIK. Übertrage n von Helmut Erbe. Max-Hueber-Verlag, München. 172 und 272 Seiten. Pr eise: 7.80 und 5.80 DM

Die letzte Anthologie, welche flämische Dichtung von Gezelle bis zur Gegenwart vorstellte, stammt aus dem Jahre 1943 (von W. Cordan); vorher ist eine Sammlung unter dem Titel „Niederland“ erschienen (1930), in der sich auch flämische Dichter finden. Wenn man sich nur auf die Lyrik bezieht, muß man fast 50 Jahre zurückgehen. Die vorliegende Anthologie, die dem flämischen Wortlaut die deutsche Übersetzung gegenüberstellt, gilt rund 50 lebenden Dichtern, beginnt aber mit Guido Gezelle aus Brügge, der 1830 geboren wurde und 1899 starb, und fügt noch von Toten Woestijne (1878 bis 1929) und Ostaijen (1896 bis 1928) an. Die Bedeutung dieser drei Männer liegt klar vor uns: Gezelle ist der Naturlyriker, den eigentlich erst die von der Zeitschrift „Van Nu en Straks“ ausgehende Bewegung um die Jahrhundertwende bekanntmachte; Woestijne aus Gent zeichnet seine Sprachlauterkeit aus; Ostaijen leistete Bahnbrechendes für den flämischen Expressionismus. Vom Symbolismus an über den Expressionismus zur experimentellen Lyrik der Jüngsten sind alle Richtungen in gut gewählten Proben vertreten.

Der in der Kapprovinz lebende Helmut Erbe bietet in seinem doppelsprachigen Band 80 Gedichte von 19 kapholländischen Dichtern und umfaßt damit eine Zeit vom Anfang unseres Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Die Anfänge des Afrikaans gehen zwar bis ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts zurück, den entscheidenden Antrieb empfing die afrikaanse Schriftsprache vom Burenkrieg. Die Anthologie erscheint in einem entscheidenden Zeitpunkt. Der Leser, durch die Zeitungsnachrichten und die Politik einseitig unterrichtet, bemerkt im Antlitz des Afrikaanders als Dichter andere Züge: dieser hat viel mehr Bindungen zu den Farbigen.

GLORIE DES MITTAGS. Von Eugenio M o n-t a 1 e. Verlag R. Piper & Co., München. 176 Seiten. Preis 13.50 DM.

Auch hier wird, wie in den vorhin genannten Bänden, die Möglichkeit gegeben, zwischen dem Original und der deutschen Übertragung (von Herbert F r e n z e 1, der zudem ein Nachwort schrieb) zu vergleichen. Montale, 1896 in Genua geboren, studierte klassische Sprachen und Literatur, gehörte 1921 zu den Begründern der Zeitschrift „Primo Tempo“. Seinen ersten Gedichtband hat er 1925 veröffentlicht. Seit 1948 ist er Redakteur beim „Corriere della Sera“ in Mailand. Dort, bei Mon-dadori, sind die italienischen Einzelausgaben herausgekommen, zuletzt „La bufera“ („Der Sturmwind“) 1957. Der Dichter, der auch in Österreich weilte, steht gleichab von Traditionalismus und äußerlich konstruierter Avantgarde, obschon formale Glätte und symbolische Werte, von der Leuchtkraft mariner Ferne umflossen, an große Vergangenheit (Vergil) und Valery erinnern. Die Übertragung liest sich vortrefflich.

ZU LANDE, ZU WASSER. Von Rafael A1 b e r t i. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main. 157 Seiten. Preis 4.80 DM.

Die von Erwin Walter Palm dem spanischen Original gegenübergestellten Verse zeigen ein ungewöhnliches Vermögen der Angleichung. Er hat nicht schematisch an einer Versfolge festgehalten, wo die Folge der Gedanken dies — abgesehen von nicht spiegelbaren Wortfarben — unmöglich gemacht hätte, ohne zuweit in eine bloße Nachdichtung zu verfallen. Rafael Alberti, am 16. Dezember 1903 in Puerto de Santa Maria (Cädiz) geboren, war zuerst Maler, wurde von Jim£nez bei den Arbeiten über anonyme Volkspoesie gefördert und hat sich als erster namhafter spanischer Dichter zum Kommunismus bekannt (er lebt im Exil in Argentinien).

GESCHICHTEN AUS DEM SCHAHNAMEH. Von

F i r d a u s i. Ausgewählt und übertragen von Uta von W i t z 1 e b e n. Eugen-Diederichs-Verlag, Düsseldorf. 283 Seiten. Preis 13.80 DM.

Seit der Übertragung der 60.000 Doppelverse des „Königsbuches“ durch Mohl (Paris 1838 bis 1878) hat dieses Epos, welches die Geschichte des iranischen Reiches von den mythischen Anfängen bis ins 7. Jahrhundert erzählt, immer wieder die deutschen Übersetzer gelockt — man denkt gleich an Rückert, aber auch an Schacks metrische Übertragung. Diese Prosafassung in den handlichen Diederichs-Taschen-ausgaben stellt die Partien von Rostam und Sohrab sowie die Geschichte von Siawosch in den Mittelpunkt; flüssig erzählt, sich der direkten Rede oft und richtig bedienend, geschickt in der Wahl der Zeitworte.

FRÜHDIALOGE. Von Piaton. Übertragen von Rudolf Rufen er. Artemis-Verlag, Zürich. 393 Sei-Preis 18.50 sfr.

In der Gesamtausgabe der Werke Piatons, zehn Bände umfassend, nehmen die Frühdialoge (Laches, Charmides, Lysis, die beiden Hippias, Protagoras, Euthydemos, Ion und Menexenos) schon allein wegen der Klarheit des Denkens und der sprachlichen Gewandung eine Sonderstellung ein. Obschon manche der hier eingefügten Dialoge hinsichtlich ihrer Echtheit bezweifelt werden, haben sie in der einheitlichen, zuchtvollen Formulierung Rufeners, der die ganze Ausgabe betreute. Recht auf Beachtung und genaues Studium. Die 105 Seiten der Einleitung von Olof Gigon sind ein ausgezeichneter Essay.

GROSSE GRIECHEN UND RÖMER. Von

Plutarch. Eingeleitet und übersetzt von Konrad Z i e g 1 e r. Artemis-Verlag, Zürich. 420 Seiten, ten. Preis 18.50 sfr.

In der Reihe „Die Bibliothek der Alten Welt“ sind die vergleichenden Lebensbeschreibungen in sechs Bänden mit vorbildlicher Genauigkeit und trefflich erläutert erschienen. Der uns vorliegende fünfte Band (die Biographie Casars hat Walter Wuhrmann übertragen) bringt die Gegenüberstellungen: Alexander und Cäsar; Sertorius und Eumenesi Demetrios und Antonius.

GESCHICHTE DES PELOPONNESISCHEN KRIEGES. Von Thukydides. Eingeleitet und übertragen von Georg Peter Landmann. Artemis-Verlag, Zürich. 730 Seiten. Preis 28.50 sfr.

Nach einem Dutzend Jahren des Bestehens schätzt man die oben schon genannte Bibliothek der Alten Welt — nicht nur bei den Studenten jüngerer und älterer Semester. Diese Reihe in dem handlichen Format ist ein treuer Begleiter jener heute so karg gewordenen Mußestunden, in denen alle, die Geschichte als Phänomen erleben und nicht bloß dialektisch zergliedern möchten, darnach greifen. Es ist immer wieder — auch hier spielt die Einleitung darauf an — darauf hingewiesen worden, wie sehr Thukydides das Zufällige zurücktreten, das Typische emporwachsen, das Besondere ins Allgemeine (in den Zusammenstoß von ewigen Gegensätzen) untergliedert. Die Übersetzung der Gesamtausgabe ist beispielhaft in der dramatisch ausgewogenen Satzgliederung.

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