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Georg M. Oswalds Roman "Im Himmel" ist infiziert von der Oberflächlichkeit, die er beschreibt.

Man kennt die Seitenblicke-Gesellschaft aus dem Fernsehen und aus den Hochglanzmagazinen. Was den Großmüttern des 20. Jahrhunderts die Prinzessinnen und Fürsten waren, sind im 21. Jahrhundert Popstars und/oder die Geldaristokratie. Geburten und Scheidungen, Seitensprünge und Kopfschmerzen werden in der Öffentlichkeit ausgetragen. Wir leben mit, auch wenn wir ein eigenes Leben haben. Nicht nur mit Georg M. Oswalds Roman "Im Himmel" kommen die Reichen und Schönen zu literarischen Ehren. Der qualitative Unterschied zu den täglichen Medienberichten über die Prominenten ist jedoch gering, denn der Autor bleibt an der Oberfläche.

Der zwanzigjährige Marcel hat die Matura immer noch nicht geschafft. Um diesen Makel zu beheben tritt er am Ende des Sommers in ein Internat ein. Da die Schule erst in einer Woche beginnt, hat er Zeit, die letzten Wochen Revue passieren zu lassen und eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Der Vater: Anwalt und Golfer, die Mutter arbeitet bei einer amerikanischen Firma, die Schwester: Kunsthistorikerin. Der Ort des Geschehens: der Starnberger See, die Nachbarn sind reich, wenn nicht noch reicher. Einkaufen, Partys, Joints, Langeweile, Geldverdienen. Marcel will kein Verständnis, sondern seine Ruhe, ihm fehlt ein klarer Standpunkt und er weiß nur, was er falsch findet, aber auch diesbezüglich weiß er nicht so genau warum.

Es geht auch um das Verhältnis zwischen Vätern und Söhnen und zufällig findet Marcel in der Bibliothek der Nachbarn Kafkas "Brief an den Vater". "Ich muss ihn nicht lesen, wir haben mehr Kafka in der Familie als irgendein vernünftiger Mensch auf Dauer aushalten könnte."

Dass der einzige vernünftige Mensch in diesem Sammelsurium aus Cabrio-Fahrern, alten Kapitalisten, Neureichen, Event-Managern und Mauritius-Urlaubern der amerikanische Chef der Mutter ist, der Marcel als Menschen wahrnimmt, T. S. Eliot kennt und einige kluge Sätze absondert, ist schön für ihn und vielleicht wird es Marcel im Leben auch helfen, dem Buch hilft es nicht. "Die Herausforderung eurer Generation ist es, der großartigen Mittelmäßigkeit zu entkommen. Genauer, die Prüfung besteht darin, die Erkenntnis auszuhalten, dass dies unmöglich ist."

Der Sommer verfliegt schnell, es gibt sogar einen Toten und alles liest sich flockig leicht. "Es ändert sich ja nie etwas, egal, was passiert." Das ist der letzte Satz. Eine uninteressante Gesellschaft, aber auch ein uninteressantes Buch ohne viel sprachliche Ambition.

Im Himmel

Roman von Georg M. Oswald

Rowohlt Verlag, Hamburg 2003

185 Seiten, geb., e 17,40

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