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Mozart-Festwoche in Salzburg

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Um es vorweg zu sagen: die Mozart-Festwoche ruhte auf den Säulen ihres Anfanges und Endes. Manches Unerwartete wurde Erfüllung, manches Erwartete blieb ohne sie. — Die Woche begann mit einer vollendeten Matinee in Mozarts Wohnhaus, die Karl Heinz Franke mit seinem Mozarteum-Quartett und mit Hans Andreae am Hammerklavier zu einem Vormittag ursprünglichen, lebensfrischen und zugleich schmerzlich-verhaltenen Mozart formte. Es war ein Auftakt stilistisch sehr reiner Mozart-Kultur.

Das Orchesterkonzert unter Bernhard Paumgartner setzte diesen Mozart-Stil ins Große gesteigert fort. Paumgartner hat sich in seiner Versenkung in Mozart das naive Erlebnis Mozarts auch dort bewahrt, wo er sentimentalisch, doyh nie sentimental deutet. Er läßt immer wieder das kraftvoll bäuerliche Element neben dem höfischen im Schmelzguß Mozartischer Musik durchscheinen, ebenso in der frühen Symphonie in D wie in der großen Es-Dur-Symphonie. Einem technisch perfekten, gesund-kraftvollen Sopran begegnete man dabei in Francoise Garner. — Das Amadeus-Quartett ließ diesen Stil tiefen Lebensgefühls in leuchtender- Klarheit nicht hörbar werden. Hier

wurde der frische Duft allzu spielerisch, und das große Leid allzu gefühlssüß.

Eine musikalische Tat war die konzertante Aufführung der „B e t u 1 i a 1 i b e-r a t a“ des fünfzehnjährigen Mozarts, die Ernst Hinreiner mit dem Mozarteumorchester, dem Rundfunkchor und vielen Solisten wagte. Die klare und schlichte Führung dieses „Oratoriums“ konnte über seine Spannuhgslosigkeit als Ganzes nicht hinweghören lassen, so bewunderungswürdig schön viele Einzelheiten in Arien, Chören und Orchestersätzen sind. Von den Solisten waren Richard van Vrooman und Irmgard Stadler außerordentlich, Kieth Engen und Margaret Nessel ohne Tadel, während Maria Taborsky etwas blaß blieb und Ira Malaniuk in Stil, Stimme und Kenntnis der Partie nicht befriedigte.

So stilsicher Mario R o s s i die W i e-ner Philharmoniker im Neuen Festspielhaus bei Haydns Mirakel-Symphonie leitete, so sehr ließ die Fortsetzung dieses die Tiefen und die Leidenschaft vermeidenden Stils in Mozarts großer g-Moll-Symphonie alle Erwartungen im Stich. Das Klavierkonzert in d-Moll war dagegen meisterhaft begleitet und von Friedrich G u 1 d a mit allen Vorklängen in das 19. Jahrhundert glanzvoll gespielt. Unvergleichlich wieder die Wiener Streicher, aber auch die Hörner.

Das Hammerklavier aus Mozarts Wohnhaus hätte die herbe Auffassung Mozartischer Klaviermusik durch den Schweizer Pianisten Karl Engel besser erschlossen. Dann wäre die Strenge durchsichtig und die männliche Herbheit klare Kraft geworden. Denn Ernst und Gefühlswärme leuchteten unverkennbar durch diesen Stil der Auffassung und des Spielens herein.

Während das Landestheatcr einen musikalisch sehr befriedigenden Beitrag durch „C o s i f a n tutte“ leistete, der einen besonderen Bericht verdiente, gab die Jugend der Akademie mit Gerhard Wimberger als Dirigenten einen Abend typischen Salzburger Mozart-Stils mit dem Höhepunkt der Jupitersymphonie. Flöte, Klavier und Sopran, von jungen Schülern keineswegs schülerhaft als Solisten dargeboten, ließen in die Mozart-Kultur der Zukunft hoffen.

Der Ausklang der Mozart-Festwoche fand mit den Bamberger Symphonikern unter Josef Keilberth wieder zurück zu jener großen Einfachheit der Deutung Mozarts. Wieder erschloß sich das ganze Menschentum Mozartisoher Musik in .seiner reinen Schlichtheit und schmerzlichen Tiefe. Keilberth ließ wieder besonders in der Linrcr Symphonie — das Müemeh'e und-da'Höfische, das Gefühl ohne Süßlichkeit, das Pathos ohne Pathetik, das Beschwingte ohne Hetze aufleuchten. — Es waren Festspiele für eine Woche — nur aus Mozarts Reichtum und Genie geschöpft.

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