6575812-1950_43_06.jpg
Digital In Arbeit

Musik der österreichischen Landschaft

Werbung
Werbung
Werbung

An die 180. Wiederkehr des Geburtsjahres von Beethoven und an die 150. des Tages, da bei einem ersten, großen Konzert im Burgtheater des Meisters 1. Symphonie aufgeführt wurde, erinnert eine Feierstunde und eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Beethoven in Heiligenstadt, wo — wie es in der schönen, altertümelnden Sprache der Anzeige heißt, „durch die Nachbarschaft vieler Beethoven-Gedenkstätten die Weihe des Ortes und durch das historische Verdienst,

Herberge des ersten Beethoven-Museums in Wien gewesen zu sein, eine hohe Tradition als Würde und Auftrag empfunden wird“. Im großen Saal des Pfarrhofes von Heiligenstadt sind die Ölgemälde und Aquarelle Viktor Pipals von Beethoven-Stätten ausgestellt. Das Völkert-Quartett spielte, und Dr. E. Rieger sprach über Beethoven und sein Heiligenstädter Testament. Die Ausstellung ist täglich von 9—19 Uhr geöffnet, und am Samstag, den 21. und 28. Oktober, finden abends in diesem

Raum Kammermusikkonzerte statt, deren Ertrag „im Erinnern an die immer bereite Hilfe, die Beethoven mit seinem Werk und Wirken den Armen und Hilfsbedürftigen zeitlebens zuwandte“, den Armen und Hilfsbedürftigen des Heiligenstadt von heute zukommen soll.

Eine Huldigung an den genius loci war auch das erste Konzert des Schneiderhan-Quartetts, an dessen Violapult wir — an Stelle des ausgeschiedenen Prof. Moravec — zum erstenmal Rudolf Streng sahen und hörten. Die stilistische Reinheit, klangliche Homogenität und Sauberkeit, mit der diese Vereinigung Mozart (D-dur) und Brahms (a-moll) spielte, suchen ihresgleichen. Gerade weil keiner der Spieler den Zug zum Genialischen hat und Wolfgang Schneiderhan am ersten Pult das Ensemble genau um soviel überragt, wie es bei einem Quartett wünschenswert ist, kommt die ideale Wirkung zustande. — Auch Debussys zartes und sentimentales g-moll-Quartett ließ sich ohne Sträuben eine Ober-tragung ins Wienerische gefallen ,..

über die Musik seines verehrten Freundes Franz Schmidt schrieb einmal Oswald Kabasta, sie sei „einfach der komponierte Wienerwald“. In den „Variationen über ein Husarenlied“, welche das ambitionierte Tonkünstlerorchester an die Spitze seines ersten Sonntagnachmittagskonzerts gestellt hatte, hört man heraus, das der Wienerwald nach Ungarn hinüberblickt und daß in ihm Zigeuner hausen. Kaum je vorher hat das Orchester unter seinem Dirigenten Kurt Wöß so schön musiziert wie bei der Wiedergabe dieses farbenprächtigen und beifallssicheren Werkes. Beatrice Reichert spielte mit der Routine der Orchestermusikerin, übrigens auch mit einer Technik, der man wohl das Prädikat „podiumreif“ zuerkennen kann, das Cellokonzert von Eugen d'Albert. Man muß kein Snob sein, um dieses Werk — bei fast uneingeschränkter Bewunderung für „Tiefland“ — als virtuosen Edelkitsch zu disqualifizieren. Freilich schreibt d'Albert eine Kantilene, der kein Virtuose widerstehen wird — er sei denn zunächst und vor allen Dingen Musiker. Den zweiten Teil des Tonkünstlerkonzerts bildete Dvoräks 5. Symphonie.

Bester musikalischer Feuilletonismus, lyrisch-beschaulich, ironisch-witzig, zuweilen auch ein wenig didaktisch und ?ich selbst bespiegelnd: das ist Ernst Kreneks „Reisebuch aus den österreichischen Alpen“, dessen einzelne Stücke — leider sind es fast immer dieselben, die gesungen werden — man von Mal zu Mal lieber gewinnt. Wie angenehm, einer Musik zu begegnen, deren „Humor“ nicht traurig stimmt — wie der der OpeTetten etwa, aber auch der manches klassischen Meisterwerks. Einer stillschweigenden Konvention folgend, pflegt sich der erwachsene und sonst anspruchsvolle Besucher „komischer“ Opern oder, ähnlicher Werke drei Stunden lang dumm zu stellen und läßt sich auf eine oft unvorstellbar billige Art abspeisen. Beim Anhören von Kreneks Text und Musik kommt jeder auf seine Rechnung. Den Stil seiner Sprache mag man als „neue Sachlichkeit“ kennzeichnen, für seine Musik, die ihre Wirkungen von überallher holt, ist eine Definition noch nicht gefunden. Und doch ist alles überzeugend und aus einem Guß, wenn auch — von Stück zu Stück — nicht immer gleichstark. Julius P a t z a k ist der ideale Interpret der Krenek-Miniaturen. Diese Feststellung gilt für den Künstler und Menschen nicht minder als für den ausgezeichneten Sänger. Und hat es je in der Vokalkomposition ein unpathetischeres — und daher sympathischeres — Bekenntnis zum Vaterland gegeben als am Ende der .Heimkehr'? — Doch vergessen wir über der Freude an diesem viel zu selten gesungenen Werk nicht die schönen, fast ebenso selten zu hörenden Schubertlieder die Patzak ausgewählt hatte, und nicht den vorzüglichen, in allen Sätteln gerechten Begleiter am Klavier, Heinrich Schmidt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung