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Musiker und Musik

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Überblickt man die während der letzten Monate in Wiener Verlagen erschienenen Musik- büdier, so stellt man zunächst fest, daß die Neuauflagen einiger älterer Werke — sowohl nach Umfang als Gewidit — die Neuerscheinungen im engeren Sinne in den Schatten stellen. Das Meisterwerk von Karl Kob aid: „Alt- Wiener Musikstätten“ (Amalthea-Ver- lag, Wien) braucht nicht empfohlen zu werden. Es sei darauf verwiesen, wie sehr dieses Budi gewachsen ist und vervollkommnet wurde, die Ausgabe von 1919, ein nachkriegsmäßig ausgestattetes Bändchen von knapp 200 Seiten, präsentiert sich in der letzten Auflage als ein stattlicher Band von 400 Seiten mit über 100 Abbildungen in durchaus friedensmäßiger Aufmachung. — Ebenso bekannt ist das im gleichen Verlag erschienene Werk Max Auers: „Anton Bruckner. Sein Leben und Werk“. Ja, „Stifter-Luft weht daraus“, wie Hermann Bahr einmal schrieb, und immer noch ist Auers Buch die maßgebende Bruckner-Biographie. Besonders einprägsam ist die Geschichte der Kinder- und Jugendjahre Bruckners erzählt, der die entscheidenden Eindrücke für sein späteres Schaffen aus der Natur, von der großen Orgel von St. Florian und in den Katakomben des Stiftes empfing. Hier machen die Bilder einen wesentlichen Bestandteil des Buches aus. Die in einem Extrabändchen zusammengestellten Notenbeispiele erleichtern das Studium beträchtlich. — „Johann Strauß" von Ernst D e c s e y bat der Paul Neff-Verlag neu aufgelegt und auf den Stand der letzten Strauß-Forschung gebracht, indem die Ergebnisse neuerer Strauß-Monographien seit 1924 ausgewertet und eingebaut wurden. Auf Grund der zahllosen kulturhistorischen Details darf sich Decseys Buch mit Recht im Untertitel als „Ein Wiener Buch" bezeichnen. — Sehr lebendig schildert Alfred Orel auf etwa einem halben Hundert Seiten den menschlichen und künstlerischen Werdegang von „H u g o Wolf. Ein Künsderbildnis“ (Verlag Brüder Hollinek). Im Anhang hat der Verfasser die Hauptdaten des Lebens und Sdiaffens zusammengestellt und das wichtigste Hugo-Wolf-Schrifttum angegeben. — Ant. T auschers Buch „H u g o Wolfs Mörike-Lieder in Dichtung, Musik und Vortrag" (Amandus-Edition, Wien) ist in erster Linie für den Konzertsänger, und zwar den angehenden, bestimmt. Jedes Lied wird gründlich und instruktiv besprochen, an manchen Stellen wird sich der Musikfreund bei diesen Einblicken hinter die Kulissen des künstlerischen Vortrages eines Lächelns nicht erwehren können, denn der Verfasser spricht zu „Sängern in der Sängersprache“.

Die gesammelten Aufsätze, Vorträge und Reden von Joseph Marx hat Oswald Ort- ner unter dem Titel „Betrachtungen eines romantischen Realisten“ her-

ausgegeben (Gerlach und Wiedling). In ihnen spiegelt sich eine langjährige künstlerische und praktische Erfahrung, große Belesenhe.r und eine umfassende Allgemeinbildung des Autors. Zudem

— und das ist das Reizvolle der Marxsdien Auf sätze — haben wir hier ein klassisches Beispiel impressionistischer Kunstbetrachtung: alles ist geistreich, anregend, unterhaltsam und flüchtig vorgetragen, ohne den subjektiven Charakter und die Unverbindlichkeit der allgemeinen Kunsturteile — deren es in diesem Buch sehr zahlreiche gibt — zu verleugnen. — In einer Studie „Von österreichischer Musik“ (Verlag Willy Verkauf) versuchen K. und M. B1 a u k o p f, indem sie sich auf Hegel berufen, neben der Landschaft vor allem den Einfluß der „menschlichen Gesellschaft", wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen auf das Schaffen der Komponisten nachzuweisen. Für einige sehr wichtige und entscheidende Phänomene bleiben uns die Autoren allerdings die Beweise schuldig oder stellen schwer haltbare Behauptungen auf, so zum Beispiel die,, daß für Beethovens Schaffen „Realismus und Volksverbundenheit“ bestimmend gewesen, seien. — Rudolf Franz Brauner bekennt sich in seinem Buch „ö sterr e.ic h s neue Musik“ (Verlag Brüder Hollinek) duijh die Widmung — „Dem Andenken Alban Bergs“

— und im Vorwort offen zur „Neuen Musik“, worunter er die Kompositionen eines besonderen Stilkreises des zeitgenössischen internationalen Tonschaffens etwa seit dem Jahr 1910 versteht. Erscheint die Bedeutung Schönbergs und seines Kfreises — bereits durch den breiten Raum, den Brauner ihnen widmet — überschätzt, so ist die durchaus sachliche Beurteilung auch anderer Kunstrichtungen anzuerkennen. Hier liegj: eine fleißige und instruktive Arbeit vor, die sich in erster Linie an den Musikfreund wendet, der

— indem der Verfasser vor allem das Positive des neuen Tonschaffens aufzeigt — durch einführende und erklärende Worte für das gewonnen werden soll, wogegen sich dias dissonanzenfeindliche Ohr noch maudimai sträubt. — Der bekannte amerikanische Musikschriftsteller und Komponist A. Copland gibt in seinem Buch „M u k von heute" (Humboldt-Verlag) eine gute Übersicht über die Entwicklung der Musik in Europa und Amerika seit Debussy und Mussorgsky. Copland schreibt mit der Kenntnis des Fachmannes, mit dem Verständnis des - gleichstrebenden zeitgenössischen Komponisten und mit der wohltuenden Distanz des Amerikaners, der mit keiner der verschiedenen europäischen Gruppen und „Schulen“ enger verbunden ist. Besonders nützlich ist das V erzeich- : 's der auf Schallplatten aufgenommenen zeitgenössischen Werke. Die sorgfältige äußere Ausstattung des Buches ist besonders anzuerkennen.

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