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Neue österreichische Lyrik

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Anna Maria Achenrainer, „Apassionata“, Inn-Verlag, Innsbruck, 109 Seiten; Nelly Lia Bayer, „Vielerlei Klang“, Europäischer Verlag, Wien, 47 Seiten; Othmar Capelimann, „Besiegt den Haß!“, Verlag der Stiftsbuchhandlung St. Florian, 52 Seiten; Hans Friedrich Kühnelt, „Das Traumschiff“, Verlagsbuchhandlung Kuhn & Fonje, Murau, 47 Seiten; Franz Petuelll, „Die seligen Orte“, Verlag Ferd. Kletnmayr, Klagenfurt, 93 Seiten; Ernst Schönwiese, „Ausfahrt und Wiederkehr“, Verlag Erwin Müller, Wien, 45 Selten; Frank Zwillinger, „Wandel und Wiederkehr“, Nest-Verlag, Nürnberg, 76 Seiten.

Unterschiedliches, notwendigerweise. Versuche und Erfüllungen. Unter den oben angeführten Dichtern ragen — zunächst — zwei hervor: Ernst Schönwiese, längst bekannt, bewährter Meister, namentlich in den romanischen Strophenformen. Wortgestalter, Geist und Erde in einem, Anmut und Würde zugleich, Stimme, die tönt, Seele, die leuchtet; und Franz Petuelli, ein neuer Name, aber ein vollreifer Lyriker, dessen herrliche Gedichte allenthalben das Signum der Gnade tragen. Hier gibt es nichts „auszustellen“. Hier geht es einfach darum, herauszustellen.

Der Beurteiler tut gut daran, vor so fertigen Künstlern bescheiden den Hut zu ziehen. Um so mehr aber wird seine Bemühung den Ringenden gehören müssen. Da ist einmal Frank Zwillinger, voll schäumender Schöpferkraft, förmlich überstürzt, überfallen von einem seltenen Reichtum an aparten Bildern und Klängen, grundgescheit und welterfahren und somit einsichtig genug, um es selbst zu wissen: daß sein weiterer Weg aus dem barock überladenen in größere Einfachheit (des Herzens wie der Sprache) zu gehen haben wird. Nelly Lia Bayer gelingen am besten (wie einstens Martin Greif) die ganz kurzen, fast filigranen Gebilde, wie „Einer blühenden Hyazinthe“, „Der Regenbogen“, „Lebenstakt“; wo sie dagegen reflektiert oder didaktisch wird, wird sie leicht zu breit. Audi Othmar Capellmann nimmt manchmal noch die Aussage an sich für zu wichtig. Freilich, immer geht es um edle Nachdenklichkeiten. Gewiß, beide Dichter greifen in würdigster Weise nach den denkbar würdigsten Gegenständen: Gottesliebe, Menschenliebe, Tierliebe, Friedensliebe. Capellmann tut es im Geiste Pestalozzis, Henry Dunants und der heiligen

Therese vom kleinen Weg. Aber die rein künstlerische Erfüllung wird auch Capellmann am sichersten dort, wo er einfach singt, wie in „Frage den Halm im Wind“. Hans Friedrich Kühnelt bescheidet sich von vornherein, indem er zunächst einmal seinen Sinnen vertraut, und so gelingen ihm vortreffliche Eindrucksskizzen und Landsdiaftsbilder im gebändigten, sinnvoll gebundenen Wort, und einmal v/ird seine Künstlergeduld mit einem überragenden Meistersonett belohnt; wir meinen das Gedicht „Die Hände“. Das ist Legitimation, die verpflichtet! Die Tiroler Dichterin Anna Maria Achenrainer endlich ist schon heute als Gesamterscheinung erfreulich über dem Durchschnitt, für die neue österreichische Lyrik ein bedeutender Gewinn. Sie weiß, immer sie selbst, gleichwohl, um das auch sie Bindende der Tradition, und so hört man aus ihren freien Rhythmen von fern Pichler und Oberkofler, aus ihren antiken Strophen gelegentlich Weinheber heraus. Herb, hoch, streng, feierlich ist ihre Kunst. Aber ihr Herz ist wohl — das steht mehr zwischen als in den Zeilen — vom Leben zu sehr verwundet worden. Ihr Ernst, ihre Zu-sammengenommenheit wirken auf die Dauer beklemmend. Wir verkennen nicht den außerordentlichen Rang von Stücken, wie „Jahresabschluß“, „Nur noch Tat“ und vielen anderen. Wir fühlen aber auch: dieser dunkle, leidensbittere Mund wird uns sein Bestes dann zu sagen haben, wenn er wieder mehr lächeln und sich öfter als jetzt zu uns herabneigen wird. Der Schöpfer der „Appassionata“, vergessen wir das nicht, hat auch die „Pastorale“ geschrieben.

Dr. Friedrich Sacher

Der Weg hinab. Novellen von Ernst V a s o-v e c, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn. 254 Seiten.

Novellenbände sind selten geworden, durchaus zu unrecht. Die Novelle, die vein absonderliches Einzelschicksal oder eine große Episode in abgerundeter Darstellung behandelt, ist von der Short story zurückgedrängt worden. Es wäre zu wünschen — und dies gerade vom Standpunkt der österreichischen Literatur, die auf mehr als ein Jahrhundert schönster Novellenkunst verweisen kann daß unsere Verleger wieder diesen Zweig der Epik pflegen. Ernst Vasovec, dessen Novellenband „Der Weg hinab“ in erfreulich guter Ausstattung aus Deutschland zu uns kommt, hat als Lehrer in der Steiermark eine Heimat gefunden. Auch wenn wir nichts davon wüßten, daß er Sudetendeutscher ist, würde er uns an die Dichter und Maler erinnern, die aus dem grünverhangenen Dämmern des Böhmerwaldes ihre lebenssdiweren und zuweilen skurrilen Geschöpfe hervorholen. Vasovec hat nicht die Leichtigkeit der österreichischen Novellisten der Jahrhundertwende. Er ringt bitter um die Schicksale seiner Menschen und kämpft sich mit hartem Atem zum Ziele durch, das in dem Glänze der Gotterkenntnis aufleuchtet.

Daß ihm die volle Zucht und Sparsamkeit höchster Sprach- und Gestaltungskunst noch fehlt, ist nicht ausschlaggebend. Wesentlich erscheint uns vielmehr die mächtig zupackende Begabung, die, wenn sie sich, wie wir hoffen möchten, richtig entwickelt, diesem Dichter viele Erfolge bringen wird. „Das verbrannte Dorf“ beispielsweise zeigt die Hand eines werdenden Meisters.

Das Herz der Königin Hortense. Von

Henry Bordeaux, Amalthea-Verlag, Zürich-Leipzig-Wien. 331 Seiten mit 44 Abbildungen, einer Doppeltafel und einer Vignette.

In Napoleons Staatsystem spielte seine Familie eine wichtige, aber recht unrühmliche Rolle. Nach der Begründung des Empire francais schuf der Kaiser aus einer Mischung von politischer Räson und korsischem Klangefühl heraus die bonapartistischen Dynastien von Holland, Spanien und Westfalen, deren Träger an politischer und militärischer Unfähigkeit wetteiferten und sich dadurch a!s schwere Belastungen für das zentrale französische Kaisertum erwiesen. Tn dem Gewirr von Intrigen, Rangstreitigkeiten und finanziellen Aspirationen, das Napoleon von seilen seiner eigenen Familie umgab, fühlte er sis“i zu seinen Stiefkindern Hortense und Eugene de Beauharnais hingezogen' deren persönliche Anhänglichkeit er erkannt hatte und deren ererbter Takt ihm die Anpassung an die wechselnden politischen Umstände erleichterte. Der Versuch, durch die Vermählung seiner Stieftochter Hortense mit seinem Bruder Louis die eigene Familie mit der seiner ersten Gemahlin zu versöhnen, schlug allerdings fehl. Die Auseinandersetzungen der beiden Ehegatten, bei denen Napoleon stets die Parteij/on Hortense ergriff, haben seine Herrschaft lange überdauert. Hortense besaß als einzige der Familie genug Klugheit und Takt, Marie Luise, der Nachfolgerin ihrer Mutter, mit Loyalität zu begegnen, und ihr Umgang im Arenen-berger Exil mit den berühmtesten Zeitgenossen, wie Dumas, Chateaubriand, Dela-vigne und Madame Recamier, zeigt ihre geistige und kulturelle Überlegenheit über die napoleanischen Eintagskönige.

Als Mutter Napoleons III. bildet Hortense Beauharnais überdies die Brücke zwischen erstem und zweitem Empire. Die Darstellung ihrer persönlichen Schicksale war daher für Henry Bordeaux eine weitgespannte und dankbare Aufgabe. Der große französische Historiker hat sie mit Meisterschaft gelöst und ein Beispiel geliefert, wie sich ein stupendes, eine ganze Epoche erfassendes Wissen mit Geist und Eleganz zur Darstellung bringen laßt. Nie hat man das peinliche Gefühl:, eine durch schwächliche Gedankenbrücken verbundene Komplikation von Einzelheiten durchblättern zu müssen. Die ungemein geschmackvolle Ausstattung, die der Verlag dem Buch angedeihen ließ, verdient ausdrücklich hervorgehoben zu werden. Carl v. Peez

Ur- und frühgeschichtliche Kultur- und Nutzplanzen in den Ostalpen und am Rande des Böhmerwaldes. Von Heinrich L. Wer-neck. Schriftenreihe der Oberösterreichi-schen Landesbaudirektion. Nr. 6.

In dankenswerter Weise hat es die ober-österreichische Landesbaudirektion übernommen eine Arbeit des bekannten Linzer Botanikers und Landbaufachmannes zu veröffentlichen. In einem einleitenden Abschnitt wird die Bedeutung der Kenntnis vorgeschichtlicher Pflanzenfunde für Land- und Forstwirtschaft betont und auf Erhaltungszustand, Aufsammeln und Bestimmen der Reste eingegangen, wobei die Methoden der Zeitbestimmung ausführlicher behandelt werden. Den Hauptteil des Buches (zwei Drittel des Umfanges) nimmt eine detaillierte Beschreibung der Fundorte und Fundbestände in den einzelnen Ländern ein. Den Fundberichten jedes Landes ist ein kurzer Abschnitt über Entwicklungsgeschichte der Wälder, Moorschichtenkunde und Pollenuntersuchungen angefügt. Den Abschluß bildet ein Abschnitt über Ordnung des Stoffes nach Pflanzenkunde und Siedlungsräumen, der die Benützung des Werkes sehr erleichtert. Der Nichtspezialist wird die Abbildungen charakteristischer Pflanzenreste sehr begrüßen. Ein hinsichtlich der lokalen Literatur vollständiges Schriftenverzeichnis beschließt das für alle Arten von angewandter Botanik wertvolle Buch. Abschließend sei ein Appell des Autors an alle, die mit Grabungen beschäftigt sind, besonders aber an die Kulturtechniker, wiederholt, jede Gelegenheit zu nützen, Pflanzen-funde zu bergen und der Bearbeitung durch Spezialisten zuzuführen.

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