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Neues Musical und neue Konzertmusik

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„Annie, getyourgun .’” ist, nach „Kiss me, Kate” und „Wonderful Town” das dritte an der Volksoper aufgeführte Musical. Dieses grellbunt kolorierte und fast kindertümlich-näive „Bilderbuch aus alten Tagen” von Fields und Berlin wurde 1946 am Broadway zum erstenmal, gezeigt und war dort en suite fast vier Jahre lang zu sehen. Der auch für Amerika ungewöhnliche Erfolg ist, neben der gefälligen Konfektionsmusik Irving Berlins, dem Sujet, vor allem aber den in den US überaus populären und beliebten Figuren des Spiels zuzuschreiben. Herbert imd’ Döröthy Fields dä auf’ die Bühne bringen, hat wirklich gelebt: ‘Annie Oakley, die”F mfcfštoChter Geschwistern, die unübertreffliche Scharfschützin, die 1875 den’ berühmten Frank Butler besiegte und von diesem im Jahr darauf geheiratet wurde, die bis 1902 in „Buffalo Bills Großer Wildwest Show” reiste und 1926 starb: Sitting Bull, 1834 bis 1890 Häuptling der Sioux, angeblich ein Weißer, aber ein scharfer Gegner der Bleichgesichter und während eines Indianeraufstandes in Kanada erschossen; schließlich Buffalo Bill, mit seinem bürgerlichen Namen William F. Cody, Cowboy, Depeschenreiter und berühmter Büffeljäger, von 1883 bis 1916 mit seiner Wildwestschau in Europa unterwegs, alten Wienern noch in Erinnerung von seinem Gastspiel auf dem Rotunden- gelände im Jahr 1906. Dies also sind die Hauptfiguren der Aktion, bei der es darum geht, daß Annie, die Meisterschützin, sich auf Anraten ihres väterlichen Freundes, des weisen Häuptlings, von dem geliebten Frank, ihrem Konkurrenten, besiegen lassen muß, um ihn als Partner und später als Mann zu bekommen. Dazu schrieb Irving Berlin, der in Sibirien geborene New-Yorker, der 50 Jahre Weltgeschehen mit über 1000 kleinen Liedern begleitet hat, eine Musik, die alles zusammenmixt, was gefällt und im Ohr bleibt: vom Walzer bis zum Jazz. Chansons mit Refrain und Melodie, Tänze der Stars und der Clowns, der Indianer und der Ponys. Verglichen mit ändern Musicals, etwa mit „Wonderful Town”, ist dieses „Bilderbuch aus alter Zeit” epischer angelegt (mit „nur” neun Szenen), im Tempo ruhiger. Dem entsprachen auch dye diskrete Regie Heinz R o s e n i, die Bühnenbilder Walter Hoeislins, die Kostüme Herbert Schills, die Choreographie Dia Lucas und die musikalische Leitung Anton P a u 1 i k s. „Diskret und ruhig” ist natürlich cum grano lalis zu verstehen. Es gab Leben und Abwechslung genug auf der Bühne; dafür sorgte schon der Produktionsleiter und Autor der deutschen Fassung, Marcel Prawy. Hinreißend als Schau- ipielerin, unerschöpflich in kleinen reizenden Gags und Nuancen: Brenda Lewis. In einigem Ab- itand gut und so komisch, wie Staatsopernsänger das eben lein können: Max Lorenz. Eberhard Wächter und Karl Dönch. Glänzend die Besetzung der vielen Nebenrollen mit Hedy Faßler, Hilde Längauer, Klaus Löwitsch, Wolfgang Zimmer und den Ballettsolisten, allen voran Willy Dirtl und Gerda Neubauer. Viele Vorhänge.

Als einziges Werk stand Mahlers IX. Symphonie auf dem Programm des 6. Philharmonischen Abonnementkonzerts unter Rafael Kubelik. Dieses „Instrumentallied vom Tod”, dessen Titel lauten sollte „Was mir der Tod erzählt hat”, ist Mahlers letztes vollendetes Werk und wurde ein Jahr nach des Komponisten Tod durch Bruno Walter im Juni 1912 uraufgeführt. Von den vier Monumentalsätzen der etwa 80 Minuten dauernden Symphonie ergreifen vor allem der erste und der letzte durch ihre persönliche, verinnerlichte Tonsprache. Die Ablösung der Al-Fresco-Wirkung der Achten durch die intime, der gewaltig getürmten Klangmassen durch das feine Spiel der Einzelstimmen ist evident und für Mahlers Entwicklung sehr bezeichnend. Was im zweiten Satz steht, dem „Ländler, in dem Gebeine klappern”, hat Mahler bereits in anderen.,,, entsprechende Sätzen.,,.- ,ųnį. .vielleicht, prägnanter — gesagt. Wie seht auch das burleske Rondo (dritter Safž) Tn diie Zukunft Schostakowitschs V. Symphonie kennt. Unter Rafael Kubelik, in dem wir mit Freude einen Nachfolger der großen Mahler-Dirigenten begrüßen können, spielten die Philharmoniker das ungewöhnlich schwierige und anspruchsvolle Werk mit edlem Ausdruck und vollendeter Klangkultur.

Das Canisiuswerk zur Heranbildung katholischer Priester war der Veranstalter zweier Aufführungen des Oratoriums „Dai Buch mit sieben Siegeln” von Franz Schmidt. Was an der Wiedergabe auffiel, war die wohltätige Entfernung von falsch verstandener Romantik, die Transparenz des Orchesterklanges und die vorzügliche Leistung des Wiener Staatsopernchors. (Der mit dem Werk wohlvertraute Dirigent war Anton Heiller; die Soli sangen Patricia Brinton, Annemarie Ludwig, Julius Patzak, Frederick Guthrie, Erich Majkut, Karl Kamann, an der Orgel saß Franz Schütz, es spielten die Wiener Symphoniker.)

Im fünften Konzert des Kreises „Oesterreichisches Musikschaffen der Gegenwart” hörten wir das kapriziös geformte, rhythmisch und musikalisch interessante Tripelkonzert für Trompete, Klarinette, Fagott, Streicher, Pauken und Schlagwerk von Sophie Carmen Eckhardt- Gramallė. Formal am geschlossensten wirkte der erste Satz. Die „Kuckucksymphonie” von Armin Kaufmann, die erste des Komponisten, ist ein flott geschriebenes Werk. Den rauschenden Beifall, den sie erzielte, kann man auf die geschickte Verbindung von lebhafter Bewegung und melodischer Linienführung zurückführen. Die „Sarabande” des Salzburger Komponisten Georg Pirckmayer stellt einen konzertanten Ausschnitt aus dem gleichnamigen Ballett dar. Wenn auch die ergänzende optische Wirkung entbehrt werden mußte und jeder Ausschnitt irgendwie fragmentarisch anmutet, blieb doch Hörenswertes genug. Den rauschenden Aui- klang — gewissermaßen ei.ie Vorfeier zum 75. Geburtstag — bildete die klangprächtige „Nord- land-Rhapsodie” von Joseph Marx (Es spielten die Wiener Symphoniker, lnstrumentalsolisten waren die Herren Schönhofer, Cermak und Holler; Franz Litschauer dirigierte.)

Die „Symphonische Suite” für Bläser, Schlagwerk und Orgel des Wieners Fritz Racek erzielte beim Abonnementkonzert für die „Musikalische Jugend” einen schönen Erfolg dank eines gut disponierten Bläserchors, der den dramatischen Gehalt dieser Programmusik wirksam herausarbeitete. Dai Klavierkonzert Nr. 4 von Norbert Sprongl, 1952 entstanden, ist ein ernstes, fast düsteres, thematisch ergiebiges Werk. (Es spielte das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester, geleitet von Gustav Koslik, den schwierigen Solopart am Klavier meisterte Hans Weber.)

KammermusikaWhe Könnerschaft und fleißige Einstudierung.bewies die „Wiener Bankvereinigung” (die Damen Hitzger und Zatschek, die Herren Schelz, Hecht!-. Zatschek und Kräutler) in einem Programm mit Werken von Vivaldi, Locatelli, Händel, Boccherini und Michael Haydn.

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