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Nur erne Banknote

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DIE OSTERREICHISCHE NATIONALBANK und ihre Tatigkeit sind nur seiten Gegenstand der Diskus- sion in der breiten Offentlichkeit. Meist ist es nur dem Fachmann vor- behailten, sie zu loben oder Kritik an ihren MaBnahmen zu iiben; der „Laie“ ereifert sich bestenfalls fiber die stanidige Geldwertverschlechte- rung, doth verbindet er datmit eher den Namen des Finanzministers als den des Prasidenten der Osterreichischen Nationalbank, Obwohl ihm die- ser Name sicher noch gelaufig ist, allerdings als der eines ehemaligen Finanzministers.

Ein Ereignis hat der Nationalbank jedoch in diesen Tagen zu unge- wohnter, aber verdienter Popularitat verh olfen: Sie feiert das 150-Jahr- Jubiilaum ihres Bestehens. Vielfaltige Wandtanigen hat dieses Institut in- zwischen mitgemacht, Wahrungen kommen und gehen gesehen und oft entscheidend in die Gestaltung des osterreichischen Geldwesena einge- griffen. Aber davon wissen die mei- sten nichts oder merfceri es zuimin- dest nicht. Wohl aber tragen sie standig in neicherem oder geringe- rem MaBe jene bunten Papierscheine mit sich herum, die ihnen die be- gehrten Giiter des Lebens vermit- teln: Banknoten der Osterreichischen Nationalbank.

BANKNOTEN SIND WERT- PAPIERE und standig im Umlauf, dariiber hinaus auch noch zu einem betrachtlichen MaB im Ausland. Dar- aus ergeben sich von Anfang an ge- wisse Konfliktsituationen: der Ge- danke, die Banknote moglichst gut gegen Falschung zu schutzen, tritt in Widerstreit zum asthetischen Fak- tor, und der Ausiandsaspekt verlangt die Verwendung von Motiven, die Osterreich am besten im Ausland reprasentieren. Osterreichs Eindruck in der Welt wird nicht zuletzt von Osterreichs Banknoten entscheidend beeinfluBt: Banknoten als Visiten- karte eines Staates.

Und doch ist und bleibt die Banknote zuerst Wertpapier — darum ge- nieBt auch der Schutz der Banknote Vornang vor alien anderen Uber- legungen. Wer erschauert nicht innerlich, wenn er etwas von ge- heimnisvolilen Wasserzeichen hort, dabei zahlt die Verwendung von Wasserzeichenpapier bereits zu den alteren Schutztechniken und wurde schon 1796 eingefuhrt. 1816 kam als weiterer Schutz die sogenannte Guil- loche dazu: das sind jene feinen Linien in Form geometrischer Muster, die durch ihre komplizierte Ausfuhrung dem Falscher sein Hand- werk besonders erschweren sollen. Spater ersetzte dann der Kupfertief- druck den urspriinglich verwendeten Flachdruck und die Einfiihrung meh- rerer Farben vollendete das uns heute bekannte Bild des Kunstwerks Banknote.

Mancher wird den leuchtenden Farben der Banknoten der Ersten Repuiblik nachweinen oder den kunstvollen Ornamenten, die zur Zeit der Knonenwahrung die Banknoten zierten. Ranken und klare Farben muBten dem drohenden Damoklesschwert leichter Falschbar- keit weichen: Mischfarben sind eben schwener zu imitieren, und zu viele Ranken truben das Auge des Emp- fangers der Banknote und verieiten ihn leicht zur Unachtsamkeit. SchlieBlich ist aber auch die Bank- notengestaltung eine Geschmacks- frage — andere Zeiten, andere Vor- bilder; Vorwiirfe von Astheten werden die Banknotengraphiker immer zu igewartigen haben.

Osterreichische Banknoten sollen Osterreichs Namen in die Welt tragen, wenn auch die Herren der Nationalbank neidvoll eingestehen miissen, daB der Schilling keine sehr weitreichende Wahrung ist: Mit Dollars oder Pfunden in seiner Verbrei- tung nicht zu vergleichen, selbst nicht mit den Wahrungsvertretern unseres kleineren, westlichen Nach- barn, der Schweiz — dem Franken. Doch nichts ist so schlecht, daB es nicht auch. sein Gutes hatte: wenig- stens wird der Schilling weniger ge- falscht! Stolz wird versichert, daB in den letzten Jahren kaum Falschun- gen vorgekommen sind — jedenfalls keine in groBerem Umfang, hoch- stens von Zeit zu Zeit Eindrucksfal- schungen, die mit der Unachtsamkeit des Geldempfangers spekulierten.

Man erinnere sich nur der Volks- opposition-Hunderter, die in nicht so geringer Zahl ahnungslose Abneh- mer fanden. Aber groBe Faischungen flnden sich kaum.

WENN DER GENERALRAT die Ausgabe einer neuen Banknote be-

schlieBt, beginnt ein langer und muhevoller Weg der Gestaltung und Ausfertigung. Bis zu zwei Jahren kann es dauern, bis am Ende dieses Weges das erste druckfeuchte Exemplar des neuen Hunderters, Tausen- ders usw., versehen mit den Unter- schriften des Nationalbankprasiden- ten, des Generaldirektors und eines Generalrats, ausgegeben werden kann.

Banknoten werden wie aus heite- rem Himmel in Umlauf gesetzt. Es gibt auch keinen festen Rhythmus fiir die Erneuerung der Banknoten. Eines Taiges sind sie da. Hochmutig- keit der Nationalbank? Nein, psy- chologische Methode, die Bevolke- rung nicht zu beunruhigen. Ein Volk, in dem die alteren Generatio- nen schon zwei- bis dreimal mehr oder weniger rasant „ihr Geld ver- loren haben", ist miBtrauisch gegen- iiber alien Veranderungen auf dem Geldsektor. Darum soil durch An- kundigungen keine unndtige Beun- ruhigung entstehen. Die gleiche Tak- tik wendet die Notenbank iibrigens auch an, wenn neue Werteinheiten geplant sind. So spricht man schon seit langem von hoheren Banknoten als dem derzeit umilaufenden Tau- sendschillingschein. . Eines Tages wird er da sein: der Funftausender oder Zehntausender. Es zeigt sich namlich eindeutig der Trend zur hoheren Banknote in Osterreich. Der Anteil der 1000-Schilling-Scheine am gesamten Banknotenumlauf ist seit dem Jahre 1958 um 60 Prozent ge- stiegen. Je mehr Tausender aber im Umlauf sind, um so groBer sind die Chancen einer hoheren Banknote, nicht nur in den Tresoren der Ban- ken oder in den Safes der Oberen Zehntausend liegen zu bleiben.

Doch zuriick zur Neuausgabe be- reits bestehender Werte. Wer glaubt, die Druckerei der Notenbank trete nur bei der Ausgabe von neuen Typen von Geldscheinen in Aktion, iibersieht, daB die in Umlaut befind- lichen Geldmittel ja einer dauernden Abniitzung unterworfen sind und da her auch standig erneuert werden mussen. Die Druckerpressen der Notenbank sind also dauernd in Bewegung, nicht zuletzt auch des- halib, weil der Zahlungsmittelum- fang standig steigt: allein von 1958

'bis 1965 stieg der Banknotenumlauf von rund 16 Milliarden auf 27 Milliarden Schilling an. Banknoten mussen also standig erneuert werden, neue Banknotentypen veriirsachen daher nur die zusatzlichen Kosten fiir neue Druckplatten. Aber das ware kein ausschlaggebender Grund fiir neue Banknoten — schlieBlich haben die USA seit Jahren dieselben Banknotentypen und denken nicht daran, sie zu andem. Was ist es also, das die Herren der Nationalbank immer wieder zur Neuausgabe von Banknoten veranlaBt: Wieder tritt das entscheidende Wort der Schutztechnik auf den Plan. Die Weiterent- wicklung der Technik verlangt die Beriicksichtigung der neuen Methoden bei neuen Banknoten. Neue Banknoten konnen aber nicht erst ausgegeben werden, wenn die Falscher im technischen Fortschritt be- reits nachgezogen haben, sondern mussen schon ausgabereif in den Tresoren der Bank liegen, um im Ernstfall sofort eingesetzt werden zu konnen. Auch die Graphiker konnen nicht auf Jahre unbeschaftigt gelas- sen werden: Obliegt ihnen einerseits die Aufgabe, eben den technischen Fortschritt weiterzufiihren, so 1st es zum anderen notwendig, das Wissen immer wieder an j tinge re Krafte weiterzugeben.

VOR EINIGEN JAHREN, vor der Ausgabe des neuen Tausenders, der den „Bruckner-Tausender“ ersetzte, trat die Nationallbank mit dem Plan einer „EinheitSbanknote“ an die Geld zahlende und empfangende Offentlichkeit heran. Vorbilder mo- gen die USA und Kanada gewesen sein, jedenfalls hatte dieser Plan einiges fiir sich. Aber unter dem Druck der Bevolkerung muBte die Notenbank diesen Plan wieder auf- geben und zu verschiedenen Bank- notengroBen zuriickkehren. Viele mit der Banknotenherstellung beschaf- tigte Angestellte der Nationalbank hangen diesem Plan heute noch nach, vor allem aber waren sie fiber die vorgebrachten Argumente erbost! Der oft zitierte Blinde muBte auch damals herhalten, obwohl ge- rade Blinde eine Banknote eher nach dem Reliefbild als nach der GroBe beurteilen. Mit dem geringen Farbunterschied zwischen den damals bereits in Umlauf beflndlichen Hundertem und den neuen geplan- ten Tausendern wurde argumentiert, auch nicht stichhaltig nach Meinung der Fachieute, denn je weniger unterschiedlich die Banknoten sind, desto geriauer mussen sie bei der Annahme gepruft werden. „Man soil es sich nicht so leicht machen", und den Falschern auch nicht! Aber der Traum von der Einheitsbanknote wurde begraben; einziger Trost ist die Tatsache, daB auch andere Lander, so zum Beispiel in letzter Zeit Schweden, hier ihre Plane zurtick- stecken muBten.

WAHREND DIE BANKNOTEN im eigenen Haus gedruckt werden und der Notenbank nur Kosten verur- sachen, iibernimmt die Notenbank die Miinzen vom Hauptmunzamt, das dem Finanzministerium untersteht. Das Munzgeschaft ist allerdings fiir den Finanzminister ein Gewinn. Diese Einnahmemoglichkeit wurde aber nicht sogleich erkannt und daher auch nicht gleich ausgeniitzt: denn jedes 25-Schilling-Stuck enthalt nur Silber im Wert eines Drit- tels des aufgedruckten Wertes, der Rest ist Pragegewinn des Finanz-

ministers; Die Silbermunzen, die urspriinglich auch als Umlaufmittel gedacht waren, sind sehr bald in den Sparstrumpfen verschwunden. Der Finanzminister kann also damit rechnen, jede Neuausgabe von Silbermunzen spielend wieder unterzu- bringen und so sein Budgetloch etwas zu stopfen.

Anders verhalt es sich mit Gold- mtinzen. Vor dem zweiten Weltkrieg wurden noch in groBerem Umfang neue Goldmiinzen gepragt. Heute ist das fiir uns unrentabel. Seit Osterreich dem Internationalen Wahrungsfonds angehbrt, darf es voll ausgepragte Miinzen nur in der Paritat des Wahrungsfonds aus- geben. Die Goldparitat des Dollars und damit auch die des Schilling ist allerdings seit Jahren gleich geblie- ben, wahrend der inoffizielle Gold- preis gestiegen ist, wie die Preise aller anderen Waren. Goldmiinzen zum offlziellen Kurs auszugeben wiirde also fiir den osterreichischen Staat ein Veriustgeschaft bedeuten, die Goldmiinzen waren auch sehr bald verschwunden. Die Schweiz, die vor einigen Jahren 25- und 50-Fran- ken-Stiicke in Gold ausgab, nannte als Grund fiir diese MaBnahme die Wei- tengabe der Pragetechnik. Auch England hat sich nach dem Afokommen iiber den Internationalen Wahrungsfonds noch einmal zur Ausgabe von Goldmiinzen verstanden, allerdings sind diese Miinzen sehr bald wieder in den Tresoren der Bank von England untergetaucht. Bei den alten Dukaten, die ja noch neu hergestellt werden, ist Osterreich allerdings nicht zur Pariausgabe verhalten. Hier kann ein Gewinn verbucht werden, zumal die Dukaten sehr ge- fragt sind.

WENN AUCH DIE ZEITEN VOR- BEI SIND, da osterreichische Maria- Theresien-Taler das Zahlungsmittel im Vorderen Orient und Nordafrika waren, Osterreichs Geldwesen ge- nieBt noch immer groBes Ansehen in der Welt. Im Vorjahr fand in Wien die „Printersconference“ staff, die die europaischen Fachieute zu einem alljahrlichen Gedanken- und Erfah- rungsaustausch auf den Gebieten der Druck- und Schutztechnik zusam- menfuhrt. Osterreichs Stimme ist dabei nicht die geringste unter den Fachleuten der Welt. Neben der wertvollen Entwicklungshilfe, die durch die Ausbildung von Fachleuten fiir die Entwicklungslander ge- leistet wird, ist es vor allem die standige Weiterentwicklung der Schutztechnik, die Osterreichs Nationalbank ihren Platz unter den ersten Rangen der Notenibanken sichert.

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