6610887-1954_50_45.jpg
Digital In Arbeit

Österreich in der Welt der Werbung

Werbung
Werbung
Werbung

Werbung als zentraler und elementarer Ausdruck vitalen Geschehens und Strebens ist untrennbar mit dem Wissen des menschlichen Verhaltens zur Umwelt verbunden. Werbung als optimaler Ausdruck der schöpferischen, unternehmerischen Persönlichkeit zwingt geradezu zur Auffassung, daß ein Begriff wie Oesterreich nur dann zu pulsieren beginnt, wenn wir das Wesen seiner Menschen erfassen, das diesem Land das Eigentümliche vermittelt.

Der Oesterreicher jedenfalls ist in seinem Wesen hilfsbereit, musischen Dingen gegenüber aufgeschlossen, er liebt die Kunst, aber auch das kultivierte Vergnügen, er ist schaulustig und mitteilsam, ein aufgeschlossener Typ jedenfalls, der es noch in jeder Situation verstanden hat, Freunde zu gewinnen.

Das, was heute den Oesterreicher überall in der Welt bekannt macht, ist — allem Anschein nach — der Niederschlag einer geschichtlich gewachsenen Lebensweisheit, die nicht zuletzt auch in den österreichischen Klassikern, ja auch im philosophisch gehaltenen Volkslied, ihren spezifischen Ausdruck gefunden hat. Der Oesterreicher — in einer begnadeten Landschaft aufgewachsen, mit einem souveränen geschichtlichen Gefühl von altersher ausgestattet — reift inmitten großer Traditionsträger heran. Aus der barocken Zeit bezieht er offenbar seinen Sinn für den großen Raum, die farbenfrohe Fläche, die Freude an den schönen Künsten. Die Aufzählung aller jener Genien, die schließlich allein in den letzten Jahrhunderten Oesterreich zur kulturellen und geistigen Großmacht geschaffen haben, würde erfreulicherweise mehr Zeit in Anspruch nehmen, als hier Raum zur Verfügung steht.

Von Haydn über Beethoven, Mozart bis Bruckner, von Maulpertsch bis Waldmüller und Klimt, von Walther von der Vogel weide über Grillparzer bis Nestroy und Stifter, von den Begründern der Wiener medizinischen Schule bis zu den international anerkannten Leistungen der österreichischen Wirtschaftswissenschaften spannt sich im großen Bogen das Firmament des geistigschöpferischen Lebens, das den Begriff „Oesterreich" in der ganzen Welt bekannt gemacht hat.

Jedenfalls waren es vor allem geistig-schöpferische Leistungen, die den Namen „Oesterreich“ zum werbenden Begriff gemacht haben. Denken wir nur daran, welche außerordentliche Resonanz und Werbung (ur Oesterreich die Weltreise unserer Kunstschätze ausgelöst hat, denken wir daran, was es überall in der Welt bedeutet, wenn die Wiener Philharmoniker ihre geniale Kunst bieten. Stellt schließlich nicht auch ein klassischer Walzer von Johann Strauß höchste Werbekraft für Oesterreich dar?

Ja, wir erkennen, daß Oesterreich mit seinen Begabungen, Talenten und Genies in der Welt manches Wesentliche auszusagen hat. Freilich sind es nicht die materiellen Werte, die Besitztümer dieser Welt, mit denen wir auch nur vergleichsweise Schritt zu halten vermögen, aber wir wissen auch, daß es vor allem die geiStig- seelischen Werte sind, die — im Grunde genommen — tiefen, langanhaltenden Eindruck auszulösen vermögen. Und darum geht es schließlich überall auch in der Welt der Werbung, im Dienste einer reellen Leistung, einer ethisch vertretbaren Idee, ob sie nun im Profanbereich der Wirtschaft oder im kulturellen Bereich in Erscheinung tritt, tiefwirksame Einzigartigkeit in der Mannigfaltigkeit zu sein.

Die Anerkennung der Werbelehre als akademische Disziplin, die Errichtung eines eigenen Hochschulinstitutes für Werbewissenschaft an der Hochschule für Welthandel, legen schließlich beredtes Zeugnis dafür ab, daß auch für Forschung und Lehre der Werbung in Oesterreich grundlegend vorgesorgt worden ist.

Prüfen wir aber auch die anderen Fundamente werblichen Geschehens, der Technik und Kunst nämlich, so erkennen wir, daß Oesterreich auch auf diesem Gebiet manches beitragen konnte, ob es sich nun um die für die Nachrichtentechnik umwälzende Entwicklung der Elektronenverstärkerröhre durch Robert von Lieben oder um nachweisbare Fortschritte der Reproduktions-

technik und aller übrigen Gebiete handelte, die von der Technik her der Werbung eine entsprechende Breitenwirkung zu sichern vermochten. Nicht zuletzt war es auch Oesterreich, das der Welt der Werbung große Talente auf dem Gebiet der angewandten Kunst und der Gebrauchsgraphik geboten hat. Klassisch gewordene Namen von hervorragenden Künstlern haben dem Werbebild der österreichischen Wirtschaft Stil und Rang gesichert, immer wieder von dem Streben beseelt, der unternehmerischen Initiative durch die Ausdrucksformen der angewandten Kunst Emotion, erregendes Erlebnis zu vermitteln.

Oesterreich hat aber auch das Glück, Unternehmungen mit großer Werbetradition zu besitzen, die im einträchtigen Bemühen mit Wissenschaft, Kunst und Technik die höchstmögliche Reifestufe der Werbung erreicht haben, nämlich zum stilhaften Ausdruck unserer Zeit geworden zu sein.

Diesen Untersuchungen der werbungtreibenden Wirtschaft ist dafür, meiner Meinung nach, nicht oft genug zu danken. Sind sie es doch oft und schließlich, die mit ihrem Mut, finanziellen Einsatz und ihrer Würde grundlegend unter Beweis stellen, daß auch das Mäzenatentum der österreichischen Wirtschaft noch immer lebt und weiter befruchtend wirkt.

Oesterreich steht einer gigantisch groß gewordenen Welt materieller Wucht und substantieller Größe gegenüber. Oesterreich — durch schwere Schicksalsschläge klein und scheinbar unbedeutend geworden — ringt um seine Existenz und Anerkennung. Jeder einzelne von uns, jeder, der im tätigen Leben bemüht ist, seinen Existenzanteil zu sichern, jedes Unternehmen, ja ganze Wirtschaftsgruppen und Verbände, ja schließlich die gesamte österreichische Volkswirtschaft, sind unaufhörlich bemüht, den Platz an der Sonne zu erhalten und zu behalten. Mangel an materiellen Gütern und Einfluß müssen durch Fleiß, Produktivitätssteigerung, höchstmögliche Qualität, ja nicht zuletzt durch sinngemäße Werbung wettgemacht werden.

Worauf kommt es dabei im wesentlichen immer wieder an? Die Welt der Werbung sieht natürlich mit dem gleichen Interesse, mit dem wir uns in ihr bemerkbar machen wollen, auf alles das, was bei uns geschieht. Vergessen wir also nicht, daß alles das, was Werbung bedeutet, Gewinnung des öffentlichen Vertrauens heißt, daß alles, was Werbung bedeutet, spontan und umfassend öffentliches Interesse darstellt. Das legt wohl jedem, der im Bereich der Werbung aktiv in Erscheinung tritt, besondere Verpflichtung auf. Die Zeit, in der einer geglaubt hat, mit Strohfeuereffekten und tönenden Paukenschlägen allein Reklame machen zu können, ist endgültig vorbei. In der ganzen Welt der Werbung hat man längst erkannt, gerade durch die wissenschaftliche Einsicht in das Kräftefeld der Werbung, daß sie um so intensiver zur Wirkung kommt, je tiefgründiger und überzeugender sie sich entfaltet. Werbung bedeutet demnach nicht nur Bekanntmachung unternehmerischer Absichten — gleich, welcher Art —, ob es sich um die Zeitungsanzeige, um das Plakat, eine graphische Darstellung, oder eine Werbeschau handelt, Werbung, richtig angewandt und angereichert, bedeutet schließlich unsichtbares Kapital.

Was will schließlich die Werbung in der Wirtschaft unserer Zeit? Sie will vor allem mit ihrem Wissen und Können, mit ihren Erkenntnissen und Techniken grundlegend dazu beitragen, die Bestwirkung unternehmerischen Geschehens zu sichern. Sie will und kann vor allem dazu beitragen, einem neuen Leistungsbegriff erfolgreichen Wirtschaftens Dienste anzubieten, nämlich die Krisenfestigkeit zu erlangen. Begriffe wie „tote Saison“ und „Krise“ gehören im allgemeinen zu den Fremdwörtern der Werbesprache. Immer wieder geht es schließlich darum, tatkräftig durch Wissen und Können mitzuhelfen, Konjunkturabläufen das ausgleichende Gegengewicht zu bieten. Wie heißt es so schön: „Krisen sind dazu da, um überwunden zu werden.“ Der bewußte und unaufhörliche Kontakt zum Letztverbraucher, die entscheidende Macht am Markt, ist eines jener Mittel im spannungsgeladenen Kräftefeld der Wirtschaft, um stabiles Gleichgewicht zu sichern. Feststeht jedenfalls eines: und das lehrt die Geschichte immer wieder, daß zwischen Konjunktur und Krise es gerade die Werbung ist, die Ausgleich und Impuls zugleich bedeutet.

Was kann nun schließlich dieses Oesterreich der großen Welt der Werbung bieten?

Es ist — glaube ich — keine Ueberheblichkeit oder gar ein Dünkel, darauf mit Bestimmtheit zu sagen:

Wir haben in jahrhundertelanger Ueberliefe- rung von unseren Vätern gelernt, mit aller Welt gut auszukommen, wir haben also in vielen Generationen vorgelebt bekommen, wie man Freunde gewinnt, wie man Freunde behält, wie man mit sogenannten „österreichischen Provisorien“ ganz brauchbare und dauerhafte Definitiva schaffen kann, sozusagen Werbung als Ausdruck reger Verständigungsbereitschaft. Wir haben sicher in dieser Art werben gelernt, sozusagen aus der geschichtlichen Praxis heraus. Und ich_ glaube sagen zu dürfen — wer heute Oesterreich unbefangen betrachtet —, wird bestätigen müssen, daß gerade die Gegenwart dieser Auffassung recht gibt. Oesterreich kann deshalb in aller Bescheidenheit der großen Welt der Werbung Erkenntnisse anbieten, die da heißen Humanismus in der Wirtschaft, Werbestil als repräsentativer Ausdruck des Lebens- und Wirtschaftsstils, und nicht zuletzt tiefe menschliche Einsicht in die Welt der Umworbenen. Werbung mit Herz und Gemüt, das immerwährende Werbemedium Seele.

Ob es sich in der Sprache der Kunst oder Menschenkenntnis ausdrückt, einerlei, das österreichische Element in der Welt der Werbung erscheint berufen — wahrscheinlich mehr noch als bisher —, sich um die Reaktivierung des Gefühls in der Welt der Werbung verantwortlich zu bekümmern. Sozusagen als Treuhänder des Gemüts einer großen Welt der Technik und des Radios gegenüber. Das ist es, was nottut, und Anerkennung und Ansehen allen jenen gegenüber, die sich vorbehaltlos in den Dienst dieser verpflichtenden Aufgabe stellen. Nur aus tiefliegenden, ethisch begründeten Einsichten wird schließlich auch im Profanbereich des tätigen Lebens, in der Wirtschaft, der Begriff und das Ansehen der Werbung — ihre umfassende und strahlende Renaissance in der jetzigen Epoche erleben!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung