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Ein Stück wichtige Kulturgeschichte ans Licht gehoben:die Innsbrucker Jugendkulturwochen.

Lange hat man auf diese Untersuchung warten müssen, vielleicht allzu lange. Denn viele Jüngere werden nicht mehr wissen, wovon die Rede ist. Dabei waren die Österreichischen Jugendkulturwochen in Innsbruck in den fünfziger und sechziger Jahren, in einem ansonsten weithin konservativen kulturpolitischen Klima, vermutlich die wichtigste Veranstaltungsreihe für die Gegenwartskunst aller Sparten, für Literatur, Theater, Hörspiel, Musik, Bildende Kunst und Architektur in Österreich. Und dies bis zu ihrem Ende im Jahre1969.

Als jemand, der das Glück hatte, die letzten Jahre noch persönlich miterlebt zu haben, kann ich sagen, dass da nichts an sein natürliches Ende gekommen und langsam entschlafen war. Im Gegenteil: die schöpferischen Kräfte waren so stark, die künstlerischen Potenziale so vielfältig, dass es einfach zeitbedingt, als Spätzündung der 68er-Bewegung, zu einer Explosion gekommen war: "Opfer eines Zeitgeistes, der in vieler Hinsicht richtig und wichtig war, aber leider eben auch die Jugendkulturwochen umbrachte, deren Verschwinden wir bis heute zutiefst bedauern müssen", wie es einer der damals Mitverantwortlichen heute kommentiert.

Dass es sich bei dieser Einschätzung keineswegs nur um eine nostalgische Verklärung handelt, belegen allein die Namen der über die Jahre geladenen Künstler, zugleich ein "Who is Who" der österreichischen Avantgarde der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Stellvertretend aus dem Bereich der Literatur seien etwa genannt: I. Aichinger, H. C. Artmann, I. Bachmann, Th. Bernhard, B. Frischmuth, E. Gerstl, E. Jandl, E. Jelinek, G. Jonke, F. Mayröcker, A. Okopenko oder J. Zoderer.

Daran mit der vorliegenden Publikation nicht nur zu erinnern, sondern die Fülle der überwiegend im Innsbrucker "Brenner-Archiv" verwahrten Materialien - Programme, Korrespondenzen, Manuskripte, Fotos - zum ersten Mal gesichtet und aufbereitet, dazu zahllose Gespräche und Interviews geführt zu haben, mit ehemaligen Teilnehmern ebenso wie mit den noch lebenden organisatorisch und politisch Verantwortlichen, dies ist das große Verdienst der drei Autorinnen Christine Riccabona (für Literatur und Bildende Kunst), Erika Wimmer (für Theater und Hörspiel) und Milena Meller (für Musik). Eine zukünftige Kulturgeschichtsschreibung der österreichischen Nachkriegszeit ist ohne Bezugnahme auf diese Publikation nicht mehr möglich.

Ton Zeichen: Zeilen Sprünge Die Österreichischen Jugendkulturwochen 1950-1969 in Innsbruck

Von Christine Riccabona, Erika Wimmer, Milena Meller. StudienVerlag: Innsbruck, 2006. 360 S., brosch., e 29,90

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