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„Orlow“, Psalm und Blacher-Kantate

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Bruno Granich staedtens Operette „Der Orlow“ feierte in der Volksoper fröhliche Auferstehung, mit sehr viel Drum und Dran, was ihr eigentlich nicht liegt, denn im Grunde ist sie eher eine Kammeroperette. Dies hätte man als ihren Vorzug betonen müssen. Leider hat man ihn durch eine revueartige Inszenierung an die Wand gespielt. Die tanzenden Stenotypistinnen und selbst die an sich sehr gute „Flimmerkiste“ paßten recht wenig zu dem intimen Air des Ganzen, wie es sich im Zigarettenlied und einigen anderen Nummern zu präsentieren versucht, von der pausenlosen Bewegung jedoch (die andererseits ein paar recht hübsche Einfälle bringt) überrundet wurde. Nicht überundet wurde Eberhard Wächter als kronprinzlicher Maschinist. Er trägt das Stück und tut dies in charmantester Weise in Stimme, Spiel und Erscheinung. Irene S a 1 e m k a (Nadja) entspricht stimmlich, besonders in der Höhe, recht gut, doch fehlt die Wärme. Spiel und Erscheinung sind eher soubrettenhaft. Erich K u c h a r (Jefferson) und Guggi Löwin-g e r (Dolly), Komiker und Soubrette, machen ihre Sache ausgezeichnet. Fritz Widhalm-Windegg als Polizeidolmetsch in einer kleinen Rolle, weiß zu fesseln und Hans Moser als Billeteur erregte lachenden Beifall, eh er den Mund aufmachte. Die Bühnenbilder sind — in der nun einmal schon großen Aufmachung — geschickt und, vom 3. Akt abgesehen, fast stets rotierend (Walter Hoesslin), die Kostüme reich und geschmackvoll (Hill Reihs-Gromes) und die Choreographie Dia Lucas der Einfälle und Abwechslungen nicht ermangelnd. Anton P a u 1 i k hält Orchester und Sänger fest in Zucht, es wird exakt und mit festlichem Schwung musiziert.

Im Theater an der Wien fand aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestandes der Mozart-Gemeinde ein Mozart-Konzert statt, ausgeführt von >den Wiener Phil-bar mont k er« - unter Paul K1 e c k i, und den Solisten Irmgard S e e f r i e d und Wolfgang Schneider h an, unter Mitwirkung des Wiener Kammerchores. Nach der Bundeshymne und dem Violinkonzert in A, KV 219, sprachen Joseph Marx, Bürgermeister Jonas und Unterrichtsminister Drimmel zum festlichen Anlaß. Es folgten, von Irmgard Seefried gesungen, die Arien „Non temer, amato“ und „Laudate Dominum“ mit Schlußchor, abschließend die Es-Dur-Sym-phonie. Oskar Werner sprach als Prolog Weinhebers „Mozart“. Bundespräsident Schärf und Kardinal König wohnten der Veranstaltung bei.

Im Zyklus „Das Volkslied“ sang der Wiener Kammerchor unter Hans Gillesberger Volksliedsätze von J. N. David, Bobuslav Martinu und Bela Bartök. Es waren durchaus Bearbeitungen, die sich von der Simplizität des Volksliedes ziemlich weit entfernten, so ansprechend sie als Kompositionen wirkten. Am ehesten verstand Martinu den Volksliedcharakter festzuhalten. Dagegen wirkte Gyula F o k y. der auf seiner Hirtenflöte ungarische Volksmelodien suiten- und variationenartig aneinanderfügte, wesentlich „volksliedhafter“.

Das Orchester der Tonkünstler spielte unter Leitung von Christoph v. D o h n ä n y i die 2. Pariser Symphonie (g-MoIl) von H a y d n, das Klavierkonzert in A, KV 488 von Mozart (mit Walter Klien als Solisten) und Gustav M a h 1 e r s 1. Symphonie D-Dur. War bei Mozart die exakte und einfühlende Begleitung des Orchesters sehr anerkennenswert (Klien spielte mit ebensolcher Leichtigkeit als Brillanz), so legitimierten sich Orchester und Dirigent in der Mahler-Symphonie als ebenso musikalische wie musische Interpreten. Von den letzten Aufführungen dieses Werkes, es waren mehrere in relativ kürzeren Zeitabständen, schien uns diese die interessanteste, unmittelbarst eindrucksvolle, die nur der Länge des letzten Satzes nicht ganz gewachsen war (die sich mit äußerer Steigung allein nicht bewältigen läßt.) Franz Krieg

Im Großen Sendesaal des österreichischen Rundfunks dirigierte Hans Swarowsky ein öffentliches Konzert mit Werken von Gottfried von Einem, Alexander von Zemlinsky und Boris Blacher. Die drei Zwischenspiele aus der Oper „D a n t o n s Tod“ erinnerten uns lebhaft an die sensationelle Premiere von E i n e m s Opernerstling bei den Salzburger Festspielen 1947, dessen Bekanntschaft wir bei den heurigen Wiener Festwochen werden erneuern können. Die geistige Verwandtschaft zwischen Einem und seinem langjährigen Lehrer und Freund Boris Blacher (zu dessen 60. Geburtstag das vom Chor und Orchester des Rundfunks ausgeführte Konzert stattfand) sind manifest. B 1 a c h e r s Kantate „Träume vom Tod und vom Leben“ aus dem Jahr 1955, nach einer Dichtung von Hans A r p s, ist sehr charakteristisch für den „Aussparungsstil“ des Komponisten, die äußerste Ökonomie der eingesetzten Mittel (Chor und Solostimmen, Streichquintett, einfach besetzte Holzbläser, Klavier und Harfe), seine hohe Geistigkeit und seinen spröden Lyrismus, der dem — trotz aller Bilderfülle — zeichnerischen Charakter Arps in hohem Maße entspricht. — Zemlinskys um die Jahrhundertwende entstandener 2 3. Psalm kommt aus einer anderen Welt: der farbig-füllige Orchestersatz und der volleingesetzte gemischte Chor, sowie der „naive“ Ausdruck, fern jeder wie immer gearteter Stilisierung, bedingen eine Tonsprache, die jedermann auch beim ersten Hören verständlich und zugänglich ist. Nicht die unwichtigste Qualität des liebenswürdigen Werkes liegt in seiner Kürze (etwa zehn Minuten), und unsere Chöre sollten sich zu festlichem Anlaß gelegentlich seiner annehmen.

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