Wölfe - © Foto: iStock/Johny87

Paolo Cognetti: "Das Glück des Wolfes" - Auf Steigeisen zum Glück

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Der Mailänder Autor Paolo Cognetti kehrt für ­seinen neuen Roman „Das Glück des Wolfes“ erzählerisch erneut in die raue Bergwelt des Aostatals zurück.

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Der Mailänder Autor Paolo Cognetti kehrt für ­seinen neuen Roman „Das Glück des Wolfes“ erzählerisch erneut in die raue Bergwelt des Aostatals zurück.

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Der Wolf ist neuerdings wieder der Schrecken der Bauern, nicht nur im Gebirge. Dutzende von Schafen reißt er im nächtlichen Blutrausch, aber die Europäische Union hält ihre tierschützende Hand über ihn. Im Roman „Das Glück des Wolfes“ fällt der wölfische Beutegreifer über Kühe auf einer Alm im Hochgebirge des Piemont her. Dort lebt Paolo, der vor einem unbehaglich gewordenen Leben in der Stadt in die Einsamkeit der Berge geflüchtet ist. Abseits der großen Menschenmassen sucht er das schlichte Leben in jener kontemplativen Ruhe, die er als angehender Schriftsteller glaubt, nützen zu können.

In dem von hoch aufragenden Berggipfeln umstellten Ort Fontana Fredda versucht sich der Vierzigjährige zu Beginn des Herbstes als Hüttenbewohner einzurichten. Der Tagesablauf besteht aus Holzhacken, Feuermachen, Kochen ­vorbereiten, Lesen, Schreiben. Und aus ­langen ­Erkundungsgängen, um sich mit dem Gebirge vertraut zu machen. Für den Lebensunterhalt müssen vorerst seine Ersparnisse herhalten. Als sie nicht mehr ausreichen, verdingt er sich als Koch in „Babettes Gastmahl“, einem kleinen Berggasthof, in dem die wenigen Einheimischen einkehren: Waldarbeiter, Holzfäller, ein pensionierter Förster.

Aber es erscheint dort auch eine Studentin namens Silvia, die gleichfalls dem Getriebe der Stadt entflohen ist und sich auf der Durchreise als Kellnerin anstellen lässt. Einen Winter lang wärmen sich Paolo und Silvia als Liebende aneinander, dann gehen sie wieder auseinander. Ganz unsentimental wird das erzählt, durchsichtig im Alltags-Individualismus der Gegenwart und doch voll Warmherzigkeit.

Schon einmal hat sich der Mailänder ­Paolo Cognetti als Erzähler in die Berge des Aostatals begeben. Mit dem Roman „Acht Berge“ hat er in einer kristallklaren Darstellung der alpinen Erlebniswelt einen neuen literarischen Höhenweg beschritten. Prompt wurde das Buch mit dem Premio Strega, dem angesehensten italienischen Literaturpreis, ausgezeichnet und erzielte einen international vielbeachteten Erfolg.

Nun ist der Autor literarisch abermals ins Hochgebirge zurückgekehrt und schildert in berückend großräumigen und prägnanten Bildern die Ablöse der Jahreszeiten im alpinen Gelände. Den Lichtwechsel im Herbst vermag er dem Leser ebenso sinnlich nahezubringen wie den Reiz der Kälte im Winter oder das Rieseln der Bäche im Frühjahr. Auf Skiern mit Steigfellen geht es zwischen Lärchen und Waldkiefern dem verschneiten Gletscher entgegen, wo sich höchstens einmal ein Birkhahn oder Schneehuhn hinter dem nächsten Bergkamm blicken lässt. Und wenn der Schneepflug unten im Dorf am Ende der Straße eine meterhohe Barriere aus Schnee auftürmt, glaubt man, am Ende der Zivilisation angelangt zu sein.

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