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Digital In Arbeit

Park- statt Arbeitsplätze

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Ich liebe diese Stadt. Auch dann, wenn sie - im Gegensatz zu mir - „anders” ist. Wien, das man in seiner Sin-gelhaftigkeit duzen darf („Wien, Wien, nur du allein ...”), ist nicht nur die Stadt meiner Träume (aus welchem Lied habe ich diese Nachterscheinung gestohlen?), sondern auch eine wahre Insel der Seligen, deren Insulaner keine Arbeits-, sondern Parkplätze suchen.

Diese Tatsache wissen - kaum zu glauben - auch die hohen Herren des Magistrates (das hat nichts mit einer Suppenveredelung zu tun, auch dann nicht, wenn wir sie selber auslöffeln müssen) und deshalb verkündeten sie vielversprechend: Sie geben - natürlich aus unseren Taschen - 700 Millionen Schilling für 45.000 neue Park -platze aus.

Wien weiß, was wir uns wünschen. Wir brauchen keine Arbeitsplätze, die einem zur Arbeit verführen könnten (dazu ein abgenutzter Witz: Wie viele Helden gibt es schon am Heldenplatz? - Noch dazu war „damals” niemand freiwillig dabei), sondern Parkplätze.

Das stimmt. Seit vielen Jahren beobachte ich die Wiener: Niemand sucht einen Arbeitsplatz, umso mehr einen Parkplatz. Und außerdem hat unsere „Himmelsstadt-voller-Geigen” einen Biologen als Oberhaupt gebraucht, um eine logische Konsequenz zu entdecken: Immer mehr Parkplätze führen zu immer mehr Autos. Würde man zum Beispiel jahrelang einen Parkplatz suchen, so könnte ein verzweifelter Autofahrer auf die abenteuerliche Idee kommen, statt mit seinem Auto mit der

Straßenbahn zu fahren. Aber das kann doch kein Biologe wirklich wollen ...!

Mich lieben die rast- und ruhelosen Bathaus-Referenten leider nicht: Ich brauche nämlich keine Parkplätze, da ich - im Gegensatz zu den super-mo-dernen Quereinsteigern - ein Längsaussteiger aus der nervenstarken Familie der Autofahrer bin. Vor vielen, vielen Jahren verließ ich nach bloß zwei, nicht sonderlich geglückten, Fahrstunden einen alten VW und mich der Mut, je allein, so ganz ohne Fahrlehrer hinter dem Steuer zu sitzen. (Das Wortpaar „Steuer - sitzen” weckt nicht nur in mir unangenehme Assoziationen).

Wenn ich schon assoziiere: Denke ich an Wien bei Tag (im Gegensatz zu „Deutschland in der Nacht”), so fällt mir zum „Parkplatz” kein häßlicher Abstellplatz für ein bißchen Blech-mit-vier-Rädern, sondern ein gemütliches, schattiges Plätzchen in meinem geliebten Schönbrunn ein. Apropos: Ich bin so vermessen zu behaupten, daß die Fütterung der Schön-brunner Eichkätzchen noch nicht vom Eich- und Vermessungsamt geregelt wird. Da meine geliebte Frau Helga entschieden gegen weiteren Apropos und Assoziationen ist, kehre ich noch ganz schnell zu meinem Thema zurück.

Ein Vorschlag für unseren hochverehrten Bürgermeister, dessen Name allein noch keine Grünassoziationen zuläßt: Wien sollte nur mehr Parkplätze bauen. Dann hätten zwar böse Zungen recht, die frech behaupten, daß Wien nur mehr der Parkplatz von St. Pölten ist, doch es könnten auch neue Arbeitsplätze entstehen: für Parkplatzwächter oder für Auto-abstellplatzentwerfer. Knapp vor diesem großartigen Ziel könnten wir alle triumphieren: In Wien ruht auch der Verkehr: Und die hohen Herren im Wiener Ra(s)thaus kämen dem Slogan beträchtlich näher: Wien ist eben „anders”.

Aber das erwähnte ich bereits.

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